Bibliotheken erinnern an 90 Jahre Bücherverbrennung

11.05.2023  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Deutscher Bibliotheksverband e.V. (dbv).

Am 10. Mai 1933 verbrannten die Nationalsozialisten Tausende von Büchern aus öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken, darunter Werke von Autor*innen wie Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Anna Seghers, Nelly Sachs, Rosa Luxemburg, Erich Maria Remarque und Alfred Kerr. Der Deutsche Bibliotheksverband mahnt 90 Jahre später den Schutz der Informations- und Meinungsfreiheit in und durch Bibliotheken an.

Bereits kurz nach der Machtergreifung im Januar 1933 wurden Bücher aus Bibliotheken entfernt. Rund um den 10. Mai 2023 erinnern nun deutschlandweit Bibliotheken mit Lesungen, Ausstellungen und Kurzvorträgen an die Schriftsteller*innen, deren Werke damals verbrannt wurden, u. a. in Berlin, Hamburg, Köln, Potsdam und Luckenwalde.

  • Die Staatsbibliothek zu Berlin organisierte rund um den 10. Mai 2023 ein mehrteiliges Gedenkprogramm u. a. auf dem heutigen Bebelplatz, dem zentralen Ort der Bücherverbrennungen im Jahr 1933.
  • In Köln werden in Kooperation mit der Stadtbibliothek Köln vom 10. bis 17. Mai 2023 an unterschiedlichen Orten in der Stadt Bücher von Autor*innen vorgestellt, die im damaligen Deutschen Reich verfolgt wurden.
  • Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg organisiert federführend zwischen dem 10. Mai und dem 10. Juni 2023 die Reihe „Hamburg liest verbrannte Bücher“. In mehr als 50 Lesungen, Vorträgen, Ausstellungen und Liederabenden wird an die verfolgten Schriftsteller*innen erinnert. Eine Ausstellung in den Hamburger Bücherhallen wird vom 16. bis 31. Mai 2023 den Weg der Bücher aus den Regalen der Bücherhallen zur Vernichtung durch die Gestapo und die Abgabe an die Hamburger Landesbibliothek nachzeichnen. Zudem wird in der Ausstellung die jüdische Bücherhallenmitarbeiterin Hedda Guradze vorgestellt, für die am 5. Mai 2023 in der Hamburger Innenstadt ein Stolperstein verlegt wurde.
  • In Potsdam werden am 22. Mai Mitarbeitende der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam Texte aus verbrannten und verfehmten Büchern lesen. Daran schließen sich Kurzvorträge zur Situation in Potsdam im Mai 1933 und zur Zensurgeschichte an.
  • In der Stadtbibliothek Luckenwalde wurde bereits am 7. April mit einerLesung an die Bücherverbrennung jüdischer Autor*innen auf dem Luckenwalder Marktplatz am 7. April 1933 erinnert.

Zum Gedenken an die Bücherverbrennungen vor 90 Jahren sagt Volker Heller, Bundesvorsitzender des Deutschen Bibliotheksverbandes e. V. (dbv): „Vor 90 Jahren wurden aus zahlreichen Bibliotheken Bücher entfernt und öffentlich verbannt. Daran waren auch Bibliotheksmitarbeiter*innen beteiligt. Seit vielen Jahren sind wir uns einig: Es ist der gesellschaftliche Auftrag von Bibliotheken, die Informations- und Meinungsfreiheit zu schützen und wachsam zu sein, wenn es um Entwicklungen geht, die politisch oder ideologisch missliebige Werke verbieten möchten, so wie wir es derzeit nicht nur in den USA beobachten. Bibliotheken sind hinsichtlich ihrer Sammlungen pluralistisch. Vor diesem Hintergrund hält es der Deutsche Bibliotheksverband für besonders wichtig, dass schon Ansätzen von Zensur entschieden entgegengetreten wird. Hier sind insbesondere die Träger der Bibliotheken sowie die politisch Verantwortlichen gefordert, Grundbedingungen bibliothekarischer Arbeit zu verteidigen und zu fördern.“

Meinungs- und Informationsfreiheit in Bibliotheken

Die Meinungs- und Informationsfreiheit aus Artikel 5 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland bildet die verfassungsrechtliche Grundlage bibliothekarischer Praxis. Indem sie die informationelle Grundversorgung aller Bürger*innen mit ihrem überparteilichen und qualitätsgeprüften Medien- und Informationsangebot fördern, übernehmen Bibliotheken als besucherstärkste Bildungs- und Kultureinrichtungen eine zentrale demokratische und gesellschaftspolitische Funktion. Sie bieten einen politisch, weltanschaulich und religiös ausgewogenen Bestand an, der ergänzend zu den Medien und sozialen Kommunikationskanälen zur Meinungsbildung beiträgt. Die in und über Bibliotheken verfügbaren Inhalte unterliegen einer professionellen Auswahl auf Basis des Grundgesetzes. Indem sie den freien Zugang zu allgemeinen Informationsquellen eröffnen, leisten Bibliotheken einen unverzichtbaren Beitrag zu einem demokratischen Gemeinwesen sowie zur politischen Willensbildung.

Newsletter:

dasBibliotheks­wissen

Aktuelle News und Informationen zum Bibliothekswesen und zum Bibliotheksmanagement

Aktuelle Ausgabe Jetzt abonnieren
nach oben