Beginn der Unternehmereigenschaft in der Umsatzsteuer

20.10.2009  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Mit dem Beginn der Unternehmereigenschaft steht dem Unternehmer grundsätzlich das Recht zum Vorsteuerabzug zu, wenn er die in § 15 UStG genannten Voraussetzungen erfüllt.

Die Unternehmereigenschaft beginnt mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen beabsichtigt ist (Verwendungsabsicht) und die Ernsthaftigkeit dieser Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Außer in den Fällen des Betrugs oder Missbrauchs entfällt die Unternehmereigenschaft in diesen Fällen nicht rückwirkend, wenn es später nicht oder nicht nachhaltig zur Ausführung entgeltlicher Leistungen kommt. Vorsteuerbeträge, die den beabsichtigten Umsätzen, bei denen der Vorsteuerabzug, auch auf Grund von Option, nicht ausgeschlossen wäre, zuzurechnen sind, können dann auch auf Grund von Gesetzesänderungen nicht zurückgefordert werden.

Als Nachweis für die Ernsthaftigkeit sind Vorbereitungshandlungen anzusehen, wenn bezogene Gegenstände oder in Anspruch genommene sonstige Leistungen (Eingangsleistungen) ihrer Art nach nur zur unternehmerischen Verwendung oder Nutzung bestimmt sind oder in einem objektiven und zweifelsfrei erkennbaren Zusammenhang mit der beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit stehen. Man spricht in diesem Zusammenhang von so genannten unternehmensbezogenen Vorbereitungshandlungen. Als Vorbereitungshandlungen im vorstehenden Sinne kommen z.B. in Betracht:
  • der Erwerb umfangreichen Inventars, z. B. Maschinen oder Fuhrpark,
  • der Wareneinkauf vor Betriebseröffnung,
  • die Anmietung oder die Errichtung von Büro- oder Lagerräumen,
  • der Erwerb eines Grundstücks,
  • die Anforderung einer Rentabilitätsstudie,
  • die Beauftragung eines Architekten,
  • die Durchführung einer größeren Anzeigenaktion,
  • die Abgabe eines Angebotes für eine Lieferung oder eine sonstige Leistung gegen Entgelt.

Die objektiven Anhaltspunkte (z. B. Mietverträge, Zeitungsinserate, Beauftragung eines Architekten, Schriftwechsel, Vertriebskonzepte, Kalkulationsunterlagen), die die Vorbereitungshandlungen belegen, sind regelmäßig einzelfallbezogen zu betrachten. Dabei ist stets das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall entscheidend. Bloße Behauptungen reichen in der Regel nicht aus. Es sind vielmehr konkrete Nachweise erforderlich, die einem strengen Prüfungsmaßstab unterliegen. Dabei gehen Unklarheiten zu Lasten des Unternehmers.

Besondere Vorsicht geboten ist insbesondere bei Vorbereitungshandlungen, die ihrer Art nach sowohl zur unternehmerischen als auch zur nichtunternehmerischen Verwendung bestimmt sein können (z. B. Erwerb eines Computers oder Kraftfahrzeugs). In derart gelagerten Fällen wird die Finanzverwaltung vor der ersten Steuerfestsetzung prüfen, ob die Verwendungsabsicht durch objektive Anhaltspunkte vom Steuerpflichtigen nachgewiesen ist. Soweit Vorbereitungshandlungen ihrer Art nach typischerweise zur nichtunternehmerischen Verwendung oder Nutzung bestimmt sind (z. B. der Erwerb eines Wohnmobils, Segelschiffs oder sonstigen Freizeitgegenstands), wird seitens der Finanzbehörde bei der Prüfung ein besonders hoher Maßstab angelegt.

Lassen sich die erforderlichen objektiven Anhaltspunkte nicht anhand geeigneter Nachweise in den Räumen des Finanzamtes ermitteln, wird die Finanzverwaltung zunächst grundsätzlich nicht von der Unternehmereigenschaft ausgehen. Zur Vermeidung der Inanspruchnahme erheblicher ungerechtfertigter Steuervorteile oder zur Beschleunigung des Verfahrens muss der Steuerpflichtige grundsätzlich immer mit der Möglichkeit der Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau (§ 27b UStG) seitens der Finanzverwaltung rechnen.

Zuvor gesagtes gilt entsprechend auch bei der Aufnahme einer neuen Tätigkeit im Rahmen eines bereits bestehenden Unternehmens, wenn die Vorbereitungshandlungen nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit stehen. Besteht dagegen ein sachlicher Zusammenhang, sind erfolglose Vorbereitungshandlungen der unternehmerischen Sphäre zuzurechnen.

Zu erwähnen bleibt noch, dass die Unternehmereigenschaft nicht im Erbgang übergehen kann. Der Erbe wird nur dann zum Unternehmer, wenn in seiner Person die Voraussetzungen verwirklicht werden, an die das Umsatzsteuerrecht die Unternehmereigenschaft knüpft.
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