Verbesserungbedarf bei Verständlichkeit und Handhabbarkeit der IFRS // Fair-Value-Bilanzierung auf dem Prüfstand
Die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) anerkennt den
wertvollen Beitrag des International Accounting Standards Board (IASB)
zur weltweiten Harmonisierung der Rechnungslegung durch die
Veröffentlichung von qualitativ hochwertigen Rechnungslegungsstandards
(IFRS) für kapitalmarktorientierte Unternehmen. Die WPK fordert aber eine
Überarbeitung der bestehenden IFRS mit folgenden Zielsetzungen im
Hinblick auf die bessere Prüfbarkeit der Abschlüsse:
- Angemessene Verständlichkeit und Komplexität sowohl der
Regelungen selbst als auch der verwendeten Ausdrucksweise
(sprachliche Formulierung)
- Handhabbarkeit/Praxistauglichkeit der Regelungen und des Umfangs
der Anhangangaben
- Einschränkung der Gestaltungsspielräume, beispielsweise in der
Fair-Value-Bilanzierung
In ihrer Stellungnahme vom 21. November 2011 zur Agenda
Consultation 2011 des IASB benennt die WPK eine Reihe von
Kritikpunkten an den IFRS und an der Arbeitsweise des IASB, darunter
folgende:
- Die hohe Anzahl der bislang veröffentlichten sowie der für die Zukunft
geplanten Verlautbarungen führt dazu, dass sich die IFRS kontinuierlich
im Zustand des Wandels befinden. Es besteht die Gefahr, dass die
Vergleichbarkeit der Abschlüsse und das Verständnis der Standards
bei Bilanzerstellern und -adressaten leiden.
- Verbesserungsbedarf sieht die WPK bei der Verständlichkeit und
Handhabbarkeit der IFRS. Sicher spiegelt sich in der Rechnungslegung
die Komplexität der abzubildenden Umwelt wider. Gefragt sind an
dieser Stelle aber insbesondere praxistaugliche Lösungen und nicht die
Anwendung des jeweils akademisch fundiertesten Abbildungsmodells.
So hat beispielsweise die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung
(DPR) im Rahmen ihres Enforcements der Rechnungslegung
kapitalmarktorientierter Unternehmen für 2010 erneut und wiederholt
den Umfang und die Komplexität der IFRS als eine wesentliche
Hauptursache für Fehler identifiziert.
- Ebenfalls Gegenstand deutlicher WPK-Kritik ist die Vielzahl von
Gestaltungsspielräumen, die sich aufgrund unbestimmter
Begrifflichkeiten in den Standards, expliziter Wahlrechte sowie
insbesondere der Bilanzierung zu Fair Values ergeben. So sind
Marktwerte grundsätzlich nur für einen Teil der zu Fair Values zu
bilanzierenden Vermögenswerte verfügbar. Bei Einsatz von
Bewertungsmodellen sind die zugrunde zu legenden Prognosen
letztlich kaum objektivierbar. Durch die Justierung der „Stellschrauben“
wird nicht der Fair Value, sondern eine Bandbreite an „möglichen
Werten“ berechnet.
Die genannten Kritikpunkte führen aus Sicht der WPK zu erschwerter
Prüfbarkeit der IFRS-Abschlüsse und als Folge zu hohen Fehlerquoten bei
IFRS-Konzernabschlüssen. Prominentes Beispiel für die
Gestaltungsspielräume ist aus Sicht der WPK die unterschiedliche
Abschreibungspraxis auf Griechenland-Anleihen bei europäischen
Finanzinstituten.
Nur die Bereitstellung verlässlicher und relevanter Informationen trägt dazu
bei, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Finanzberichterstattung zu
verbessern und das Funktionieren der Kapitalmärkte zu unterstützen.
Quelle: Wirtschaftsprüferkammer