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Doppelte Haushaltsführung

16.03.2010  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Lebensmittelpunkt bei doppelter Haushaltsführung - Ihr Experte Udo Cremer exklusiv für die Fibugate-Leser

Wenn der Steuerpflichtige an einem anderen Ort als dem Beschäftigungsort wohnt, lässt der Gesetzgeber unter bestimmten Bedingungen den Abzug von Mehraufwendungen aufgrund einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) oder Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG) zu. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort übernachtet. Mit dem "Hausstand" ist der Ersthaushalt (Hauptwohnung) umschrieben, an dem sich der Steuerpflichtige regelmäßig aufhält, den er fortwährend nutzt und von dem aus er sein Privatleben führt, also seinen Lebensmittelpunkt hat. Das Vorhalten einer Wohnung außerhalb des Beschäftigungsortes für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist dagegen nicht als Unterhalten eines Hausstandes zu werten.

Mit der Frage, wo sich der Lebensmittelpunkt eines ledigen Steuerpflichtigen befindet, musste sich der BFH in seinem Urteil vom 2.12.2009, VI B 124/08 beschäftigen. Der ledige Steuerpflichtige wohnt seit seiner Geburt im Jahr 1966 in X-Stadt. Seit dem 1.08.1991 geht er in Z-Stadt und Umgebung verschiedenen beruflichen Tätigkeiten nach. Seit 1.08.2001 ist er bei der Stadt Z im gehobenen nichttechnischen Dienst beschäftigt.

In Z-Stadt und Umgebung unterhält der Kläger seit dem 15.03.1992 wechselnde Wohnsitze. Der Steuerpflichtige machte in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 bis 2005 Mehraufwendungen für die am Beschäftigungsort unterhaltene Wohnung sowie Fahrten zwischen Z-Stadt und X-Stadt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt unberücksichtigt ließ, obwohl der Steuerpflichtige für seine Behauptung, dass sich sein Lebensmittelpunkt in X-Stadt befindet, mit Schriftsätzen vom 25.7., 31.8. und 25.10.2006 untermauerte, worin u.a. durch Vernehmung seiner Lebensgefährtin, die mit ihm zusammen in X-Stadt wohnt, der Beweis erbracht werden sollte.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 29.10.2008 2 K 889/06 ab. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Steuerpflichtige eine unzureichende Sachaufklärung und insbesondere eine trotz mehrfachen Beweisantritts unterbliebene Beweiserhebung dazu, dass der Lebensmittelpunkt in X-Stadt gewesen sei. Die Zeugenaussage hätte selbiges bestätigt.

Der BFH entschied, dass die Entscheidung des FG auf einem Verfahrensmangel beruht mit dem Ergebnis, dass das angefochtene finanzgerichtliche Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen wird.

Im Ergebnis hätte das FG den entscheidungserheblichen Sachverhalt vollständig aufklären müssen. Das FG hat den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und die erforderlichen Beweise zu erheben. Dabei hat es den entscheidungserheblichen Sachverhalt so vollständig wie möglich und bis zur Grenze des Zumutbaren, d.h. unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel aufzuklären. Von den Verfahrensbeteiligten angebotene Beweise muss das FG grundsätzlich erheben, wenn es einen Verfahrensmangel vermeiden will.

Nach diesem Rechtsmaßstab hätte das FG den schriftsätzlich mehrfach angebotenen Zeugenbeweis zu der Frage erheben müssen, ob der Steuerpflichtige seinen Lebensmittelpunkt noch in X-Stadt hatte.

Ob die außerhalb des Beschäftigungsortes liegende Wohnung des Steuerpflichtigen als dessen Lebensmittelpunkt anzusehen ist und deshalb seinen Hausstand darstellt, ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Bei unverheirateten Steuerpflichtigen spricht, je länger die Auswärtstätigkeit dauert, immer mehr dafür, dass die eigentliche Haushaltsführung und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort verlegt wurden und die Heimatwohnung nur noch für Besuchszwecke vorgehalten wird. Eine besondere Prüfung, ob der Lebensmittelpunkt gewechselt hat, ist daher angezeigt.

Indizien können sein, wie oft und wie lange sich der Steuerpflichtige in der einen und der anderen Wohnung aufhält, wie beide Wohnungen ausgestattet und wie groß sie sind. Von Bedeutung sind auch die Dauer des Aufenthalts am Beschäftigungsort, die Entfernung beider Wohnungen sowie die Zahl der Heimfahrten. Erhebliches Gewicht hat ferner der Umstand, wo sich Bezugspersonen des Steuerpflichtigen überwiegend aufhalten; dies gilt auch, soweit ein allein stehender Steuerpflichtiger mit einer Lebensgefährtin zusammenlebt.

Der Steuerpflichtige hatte mehrfach schriftsätzlich beantragt, seine Lebensgefährtin unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift darüber zu vernehmen, dass der Kläger in den Streitjahren seinen Lebensmittelpunkt in X-Stadt gehabt habe. Im Ergebnis ist das FG diesem Beweisantrag ohne nähere Begründung nicht nachgekommen. Damit blieb aber gerade die entscheidungserhebliche Frage ungeklärt, ob die Beziehungen und Bindungen zu Bezugspersonen in X-Stadt noch derart qualifiziert waren, dass sie die Würdigung rechtfertigen, der Steuerpflichtige habe seinen Lebensmittelpunkt in X-Stadt beibehalten.
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