Laut Wirtschaftsinformationsdienst D&B Deutschland haben im ersten Halbjahr 2010 erst circa 71.000 Unternehmen und damit weniger als 10 Prozent aller veröffentlichungspflichtigen Unternehmen in Deutschland ihre Jahresabschlüsse für 2009 vorgelegt.
Martina Neumayr, Risikoexpertin bei D&B Deutschland, sieht in der Wirtschaftskrise einen Grund für die derzeitige Zurückhaltung. "Viele Unternehmen werden die Veröffentlichungsfrist für ihre Jahresabschlüsse komplett ausnutzen, denn die Krise hat in den meisten Jahresabschlüssen Spuren hinterlassen, zum Teil sehr deutliche", so Neumayr.
Vor allem Kreditinstitute nutzen die Analyse von Jahresabschlüssen als Teil des Prüfverfahrens zur Kreditwürdigkeit von Geschäftskunden. Durch das Kreditwesengesetz sind sie ab einer bestimmten Kredithöhe sogar dazu verpflichtet (§ 18 KWG: Kredite ab TEUR 750). Bilanzratings dienen den Finanzinstituten weiterhin zur Limitgenerierung und sind durch die Regelungen von Basel II i.d.R. auch Bestandteil der Berechnung ihrer Standardrisikokosten bei der Vergabe bzw. Absicherung von Krediten. Unternehmen befürchten, dass sich nun die krisenbedingt schlechteren Jahresabschlusszahlen von 2009 negativ auf die Einschätzung ihrer Kreditwürdigkeit auswirken. "Es herrscht in Unternehmen häufig noch die Ansicht, mit Zahlen solange wie möglich hinter dem Berg zu halten, sei es gegenüber Kreditinstituten oder auch mit Blick auf den Wettbewerb", erläutert Neumayr. "Der Gedanke der Transparenz und Offenheit als eine Erkenntnis der Finanz- und Wirtschaftskrise muss sich hier noch durchsetzen."
Seit 2007 sind Unternehmen verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse in elektronischer Form über den Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Diese Publizitätspflicht im Internet löste die frühere Pflicht ab, die Bilanz beim Handelsregister (Registergericht) zu hinterlegen. Viele Unternehmen, die jahrelang gar keine Daten veröffentlicht oder nur auf Anfrage reagiert haben, müssen jetzt deutlich detailliertere Geschäftszahlen und Informationen bereitstellen, um so einem Bußgeld vom Bundesamt für Justiz zu entgehen.
Quelle: D&B Deutschland GmbH / Presse Anzeiger