01.12.2015 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Ein Arbeitnehmer erhielt von einem Dritten, einem Kunden seines Arbeitgebers, Bestechungsgelder in erheblichem Umfang (über 1,9 Millionen Euro) für eine bevorzugte Auftragsvergabe. Diese Schmiergelder wurden nicht unmittelbar an den Arbeitnehmer ausgezahlt, sondern an dessen Ehefrau. Diese rechnete über ihre eigene Firma mit Scheinrechnungen über vermeintliche sonstige Leistungen ab, die diese gegenüber dem Dritten erbracht haben will.
Nach Aufdeckung der Unregelmäßigkeiten kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich und einigte sich mit dem Arbeitnehmer auf Auskehrung der erhaltenen Schmiergelder in Höhe von 1,2 Millionen Euro.
Danach stritt sich der Arbeitnehmer mit seinem Finanzamt über die steuerliche Behandlung der Auskehrung der Schmiergelder an seinen bisherigen Arbeitgeber.
Hinsichtlich der Auskehrung an den Arbeitgeber machte der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung nachträgliche Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 1,42 Mio. Euro geltend. In diesem Betrag waren die Rückzahlung der erhaltenen Schmiergeldzahlung an den Arbeitgeber, der Verzicht auf eine Abfindungszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes sowie der Verzicht auf die betriebliche Altersversorgung enthalten. Hiermit war das Finanzamt jedoch nicht einverstanden und qualifizierte die Rückzahlung der erhaltenen Schmiergeldzahlung an den Arbeitgeber in Werbungskosten aus sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG um. Den Verzicht auf die Abfindungszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes sowie den Verzicht auf die betriebliche Altersversorgung erkannte das Finanzamt nicht an.
Nach Maßgabe von § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG können Werbungskosten bei sonstigen Einkünften nicht unbeschränkt steuerlich geltend gemacht werden, sondern unterliegen einer Abzugsbegrenzung. Soweit die Werbungskosten die Einnahmen übersteigen, darf der übersteigende Betrag nach dem unmittelbaren Wortlaut des Gesetzes bei der Einkommensermittlung nicht ausgeglichen werden.
Der Bundesfinanzhof bestätigte mit Urteil vom 16.06.15 die Auffassung des Finanzamtes. Danach handelt es sich bei den zugeflossenen Bestechungsgeldern um Einnahmen aus sonstigen Leistungen i. S. vom § 22 Nr. 3 EStG. Sonstige Einkünfte sind Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG noch zu den Einkünften i. S. von § 22 Nr. 1, 1 a, 2 oder 4 EStG gehören, z. B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände. Die Rückzahlung der vom Arbeitnehmer empfangenen Bestechungsgelder ist im Zeitpunkt der Auskehrung an den Arbeitgeber in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Zahlung an den Arbeitgeber ist durch den Empfang der Gelder und damit durch die Tätigkeit des Arbeitnehmers für den die Bestechungsgelder Leistenden veranlasst. Ohne den Erhalt der Bestechungsgelder hätte kein Anspruch des Arbeitgebers auf Auskehrung bestanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat ein Arbeitnehmer angenommene Schmiergelder an den Arbeitgeber herauszugeben.
Soweit der Arbeitnehmer darüber hinaus noch den Verzicht auf seine Abfindung und die Ansprüche auf seine betriebliche Altersversorgung als Werbungskosten berücksichtigt haben will, hat das Finanzgericht zu Recht einen Zusammenhang mit den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG verneint. Der Verzicht auf diese Beträge steht nicht in Zusammenhang mit dem Zufluss der Bestechungsgelder, sondern diente vielmehr der Schadenswiedergutmachung gegenüber dem Arbeitgeber. Darüber hinaus waren diese Beträge nach den Feststellungen des Finanzgerichtes dem Arbeitnehmer auch noch nicht zugeflossen.
Ein Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit besteht nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht, da das Bestechungsgeld ohne Wissen und entgegen den Interessen des Arbeitgebers gezahlt wurde. Das Bestechungsgeld war nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst.
Das Finanzamt hat zu Recht die steuerliche Berücksichtigung der Verluste aus sonstigen Einkünften durch Verrechnung mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten versagt. Definitionsgemäß handelt es sich zutreffend um Werbungskosten und nicht um negative Einkünfte, auf die das Verlustausgleichsverbot keine Anwendung findet. Die Annahme von negativen Einnahmen setzt nämlich voraus, dass die Einnahmen an den zuvor Zahlenden zurückerstattet werden. Das ist hier jedoch nicht der Fall, weil der Arbeitnehmer die erhaltenen Schmiergelder an seinen Arbeitgeber ausgekehrt hat.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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