Neue BFH-Rechtsprechung zum Fahrtenbuch

02.04.2013  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Firmenwagen überlässt, entsteht bekanntlich ein geldwerter Vorteil. Dieser kann entweder pauschal im Rahmen der 1 %-Regelung oder individuell auf Basis der tatsächlichen Nutzungsverhältnisse ermittelt werden. Oder besteht eine andere Alternativlösung?

In zahlreichen Fällen empfinden Arbeitnehmer die pauschale 1 %-Regelung als zu teuer, z.B. weil sie ihren Firmenwagen nicht oder nur in sehr geringem Umfang privat nutzen oder weil sie von ihrem Arbeitgeber keinen Neuwagen, sondern lediglich ein gebrauchtes Fahrzeug zur Verfügung gestellt bekommen. In diesem Fall empfiehlt es sich, auf eine Alternativlösung auszuweichen.

Fahrtenbuch als Alternative zur 1 %-Regelung

Alternativ zur pauschalen 1 %-Regelung kann der Arbeitnehmer auch ein Fahrtenbuch führen. In diesem Fall erfolgt die Bemessung des geldwerten Vorteils nicht pauschal, sondern auf Grundlage der tatsächlichen Nutzungsverhältnisse unter Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Fahrzeugkosten. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eines Fahrtenbuches ist, dass es ordnungsgemäß im Sinne der Lohnsteuerrichtlinien geführt wird.

Nach Maßgabe von R 8.1 Absatz 9 Nr. 2 LStR muss ein Fahrtenbuch folgende Mindestangaben enthalten:

  • Datum und Kilometerstand zu Beginn und am Ende jeder einzelnen Auswärtstätigkeit (Dienstreise Einsatzwechseltätigkeit Fahrtätigkeit)
  • Reiseziel und Reiseroute
  • Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner

Aufzeichnungserleichterungen bei der Führung eines Fahrtenbuches sind nur zulässig, soweit wegen der besonderen Umstände im Einzelfall die berufliche Veranlassung und der Umfang der Privatfahrten ausreichend dargelegt sind und Überprüfungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt werden, z.B. bei Arbeitnehmern, die regelmäßig aus beruflichen Gründen große Strecken mit mehreren unterschiedlichen Reisezielen zurücklegen, z.B. Taxi- und Kurierdienstfahrer, Automatenlieferanten, etc.

Diese Erleichterungen gelten ausschließlich für Vielfahrer. Sie gelten nicht für Ärzte oder andere Freiberufler, auch wenn die Angabe der Namen von Patienten oder Mandanten standesrechtlichen Verschwiegenheitspflichten unterliegt. Diesen Verschwiegenheitspflichten ist durch das Steuergeheimnis, dem alle Angehörigen der Finanzverwaltung unterliegen (vgl. § 30 AO), hinreichend Rechnung getragen. Soweit im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung die Ordnungsmäßigkeit der Fahrtenbuchführung nicht anerkannt wird, wird das Fahrtenbuch verworfen und es kommt zwingend die 1 %-Regelung zum Ansatz.

Obwohl die Anforderungen, die die Finanzverwaltung an ein Fahrtenbuch stellt, vergleichsweise unkompliziert sind und seit vielen Jahren in unveränderter Form bestehen und obwohl sich sowohl die Finanzgerichte als auch der Bundesfinanzhof immer wieder mit dieser Problematik auseinandersetzen mussten, kommt es regelmäßig zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Finanzamt.

BFH-Urteil vom 13.11.12, VI R 3/12

Mit Urteil vom 13.11.12, VI R 3/12 hat der Bundesfinanzhof erneut klar gestellt, welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch gestellt werden.

Im hier streitigen Sachverhalt führte der Arbeitnehmer ein Fahrtenbuch, welches aus handschriftlich geführten Grundaufzeichnungen sowie aus zusätzlich erstellten ergänzenden Erläuterungen bestand. Die handschriftlichen Grundaufzeichnungen enthielten lediglich die grundsätzlichen Angaben zu den einzelnen Fahrten, nämlich Datum, Uhrzeit, Kilometerstände und gefahrene Kilometer. Die zwingend erforderlichen Angaben zu Reiseziel und Reiseroute, zu Reisezweck und zu den aufgesuchten Geschäftspartnern hingegen fehlten. Stattdessen enthielt das Fahrtenbuch bei den beruflich veranlassten Fahrten lediglich den Vermerk "Außendienst". Statt konkreter Angaben zu den aufgesuchten Geschäftspartnern enthielt das Fahrtenbuch den handschriftlichen Vermerk "siehe Anlage".

Weil das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß im Sinne der Lohnsteuerrichtlinien geführt wurde, verwarf das Finanzamt das Fahrtenbuch und setzte den geldwerten Vorteil im Rahmen der pauschalen 1 %-Regelung an. Während das Finanzgericht das Fahrtenbuch in der ersten Instanz zunächst als ordnungsgemäß anerkannte, bestätigte der Bundesfinanzhof die Auffassung der Finanzverwaltung.

Begründung des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof begründete seine Rechtsauffassung wie folgt:

Der geldwerte Vorteil für die private Nutzung eines vom Arbeitgeber auch für diese Zwecke überlassenen Dienstwagens ist nach Maßgabe von § 8 Absatz 2 Sätze 2 bis 4 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG der Höhe nach mit der 1 %-Regelung zu bewerten, sofern das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten nicht durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird. Dabei muss ein solches ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Ergänzungen oder Veränderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Neben Datum und Fahrtzielen sind grundsätzlich auch die jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner aufzuführen, und zwar grundsätzlich jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs. Bei einer einheitlichen beruflichen Reise können diese Abschnitte zwar miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden und der am Ende der gesamten Reise erreichte Gesamtkilometerstand aufgezeichnet werden. Aber auch im Rahmen dieser Erleichterung sind die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufzuführen, in der sie aufgesucht worden sind. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass die erforderlichen Mindestangaben nicht durch anderweitige nicht im Fahrtenbuch selbst enthaltene Auflistungen ersetzt werden können.

Angaben sind unmittelbar im Fahrtenbuch zu machen

Unzureichende Angaben im Fahrtenbuch können nicht auf Grund eigener Tagebuchaufzeichnungen des Arbeitnehmers selbst ergänzt werden. In diesem Zusammenhang ist es zwingend erforderlich, dass diese essenziellen Angaben unmittelbar im Fahrtenbuch zu machen sind und nicht an anderer Stelle in einer weiteren und gegebenenfalls auch nachträglich vom Arbeitnehmer erstellten Auflistung.

Hierbei spielt es keine Rolle, ob diese ergänzenden Angaben vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer gemacht werden. Daher liegt auch kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vor, wenn ein Arbeitnehmer die unzureichenden Angaben im Fahrtenbuch durch vom Arbeitgeber stammende Listen und Ausdrucke des Terminkalenders ergänzt und vervollständigt.

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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