07.10.2016 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
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Die vom Gesetzgeber geforderte Beschränkung auf Waren und Dienstleistungen aus der eigenen unternehmerischen Liefer- und Leistungspalette des Arbeitgebers sollen dem Ziel einer gleichmäßigen Behandlung aller Steuerpflichtigen dienen. Daraus resultiert, dass die Rabattfreibetragsregelung nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Waren unmittelbar vom Arbeitgeber hergestellt bzw. vertrieben oder Dienstleistungen unmittelbar vom Arbeitgeber erbracht werden.
Die Rabattfreibetragsregelung nach Maßgabe von § 8 Absatz 3 EStG ist aus Gründen der Steuergerechtigkeit nicht unumstritten. Ursächlich hierfür ist z. B., dass Arbeitgeber, die Konsumgüter herstellen oder Dienstleistungen für Privatpersonen erbringen, ihre Arbeitnehmer mit ganz oder teilweise steuerfreien Rabatten und Preisnachlässen beglücken dürfen – im Gegensatz zu Arbeitgebern, die keine Konsumgüter herstellen bzw. keine für Privatpersonen adäquaten Dienstleistungen erbringen.
Zunehmend werden in der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion die Begriffe Steuern und Gerechtigkeit immer enger miteinander verknüpft. In diesem Zusammenhang ist es daher immer schwerer zu vermitteln, dass Arbeitnehmer bestimmter Branchen, z. B. Arbeitnehmer in der Automobilindustrie, nicht nur in den Genuss vergleichsweise hoher Bezüge und darüber hinaus hoher steuerfreier Nachlässe beim Erwerb von Kraftfahrzeugen kommen. Im Gegensatz dazu stehen Arbeitnehmer, die Unternehmen angehören, die Fabrikanlagen oder Bauteile für industrielle Kunden herstellen.
Arbeitnehmer, die letzterer Branche angehören, werden im Vergleich zu Arbeitnehmern der Branchen, die Waren für Endverbraucher produzieren oder vertreiben bzw. Dienstleistungen für Privatpersonen erbringen, in gewisser Weise steuerlich benachteiligt.
Die gleiche Argumentation kommt bei der Betriebsgröße ins Spiel. So können international operierende Unternehmen im Konzernverbund aufgrund der höheren Finanzkraft ihre Arbeitnehmer mit deutlich höheren Vergünstigungen beglücken als mittelständische oder kleine Unternehmen. Die Arbeitnehmer kleiner und mittelständischer Unternehmen werden im Vergleich zu größeren Arbeitgebern hier benachteiligt.
Insbesondere bei innerbetrieblichen Umstrukturierungen, bei Ausgliederungen und bei Verlagerungen von Betriebsteilen auf andere Unternehmensteile kann es daher vorkommen, dass die Waren nicht mehr unmittelbar vom Arbeitgeber hergestellt oder vertrieben werden bzw. bestimmte Dienstleistungen nicht mehr unmittelbar vom Arbeitgeber, sondern von Unternehmen im Konzernverbund erbracht werden.
Daher sollte bereits im Vorfeld eingehend geprüft werden, ob die wesentlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Rabattfreibetragsregelung vorliegen. In diesem Zusammenhang ist sorgfältig zu prüfen, ob die Waren tatsächlich unmittelbar vom Arbeitgeber hergestellt oder vertrieben, oder wenn es sich um Dienstleistungen handelt, ob diese unmittelbar vom Arbeitgeber erbracht werden. Arbeitgeber ist hierbei stets derjenige, mit dem der Arbeitnehmer seinen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat.
Wenn die Voraussetzung der Unmittelbarkeit nicht zweifelsfrei vorliegt, handelt es sich hinsichtlich des vom Arbeitgeber gewährten Preisnachlasses in voller Höhe um Arbeitslohn, der sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen ist. Das Haftungsrisiko des Arbeitgebers ist daher nicht zu unterschätzen.
Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, im Rahmen der betrieblichen Umstrukturierung eine Anrufungsauskunft beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt einzuholen. In diesem Fall wird das Haftungsrisiko des Arbeitgebers deutlich reduziert. Wesentliche Voraussetzung für die Bindungswirkung der vom Finanzamt erteilten Anrufungsauskunft ist, dass der Lebenssachverhalt inhaltlich mit den Angaben in der Anrufungsauskunft übereinstimmt. Ist dies nicht der Fall, geht die Anrufungsauskunft möglicherweise ins Leere und entfaltet daher keine Bindungswirkung.
Bei betrieblichen Umstrukturierungen sind regelmäßig auch arbeitsrechtliche Begleitumstände zu beachten. Im Rahmen der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer und Besitzstandswahrung haben unter Umständen auch die Arbeitnehmer der ausgegliederten Bereiche Anspruch auf die vor der Umstrukturierung gewährten Vergünstigungen. Auch wenn ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf diese Vergünstigungen besteht, heißt dies nicht zwangsläufig, dass auch ein Anspruch auf den lohnsteuerlichen Rabattfreibetrag besteht. Daher ist separat zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Rabattfreibetrags vorliegen.
Im Falle einer Steuerpflicht der gewährten Vergünstigungen kann das Problem der Steuerpflicht gelöst werden, indem der Arbeitgeber die Lohnsteuern und Sozialabgaben übernimmt. Eine Lohnversteuerung kann im Rahmen des § 37b EStG erfolgen, soweit die im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Pauschalversteuerung mit einem Pauschsteuersatz in Höhe von 30 % ist vergleichsweise günstig, da es sich hierbei um einen Nettosteuersatz handelt.
Soweit im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt wird, dass die vom Arbeitgeber gewährten Vergünstigungen der Lohnsteuerpflicht unterliegen, kann keine nachträgliche Pauschalversteuerung nach § 37b EStG vorgenommen werden. Eine individuelle Lohnversteuerung auf Grundlage der persönlichen Besteuerungsgrundlagen der betroffenen Arbeitnehmer bzw. eine Pauschalversteuerung nach § 40 EStG gehen einher mit deutlich höheren Steuersätzen.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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