11.06.2013 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Mit zwei Urteilen vom 26.07.12, VI R 30/09 und VI R 27/11 hat der Bundesfinanzhof sich mit den Fragen auseinandersetzen müssen, wie der ortsübliche Endpreis am Abgabeort zu definieren ist und wie das Zusammenspiel zwischen den unterschiedlichen Bewertungsregeln des § 8 Absatz 2 und Absatz 3 EStG durchzuführen ist. In den hier streitigen Sachverhalten ging es die Bewertung des geldwerten Vorteils bei Jahreswagenrabatten in der Automobilbranche. Das Ergebnis der neuen BFH-Rechtsprechung ist aber auch auf andere Sachverhalte übertragbar.
Nach Maßgabe von § 8 Absatz 2 EStG sind Rabatte mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.
§ 8 Absatz 3 EStG hingegen bestimmt als Ausgangsgröße den um 4% geminderten Endpreis, zu dem der Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.
Als ortsüblicher Endpreis am Abgabeort ist grundsätzlich der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass der „Endpreis“ darüber hinaus auch der am Ende von Verkaufsverhandlungen als letztes Angebot stehende Preis anzusehen ist. Hierbei sind auch allgemeine Rabatte zu berücksichtigen, die der Arbeitgeber üblicherweise auch fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr gewährt.
Im Gegensatz zur Auffassung der Finanzverwaltung hat der Arbeitnehmer nun ein Wahlrecht, ob der geldwerte Vorteil bei einem Arbeitgeber-Rabatt nach der Spezialnorm § 8 Absatz 3 EStG oder nach der allgemeinen Regelung des § 8 Absatz 2 EStG zu bewerten ist. Das Finanzamt hat in diesem Zusammenhang bislang die Auffassung vertreten, § 8 Absatz 3 EStG sei eine vorrangige Spezialvorschrift, die nach dem Willen des Gesetzgebers das Besteuerungsverfahren typisieren und vereinfachen soll. Dies gelte auch dann, wenn im Einzelfall eine Bewertung nach § 8 Absatz 2 EStG günstiger sei.
Mit BMF-Schreiben vom 16.05.13 teilt das Bundesfinanzministerium mit, dass die BFH-Urteile vom 26.07.12 allgemein anzuwenden sind. Ebenfalls bestätigt wurde das BFH-Urteil vom 05.09.06, VI R 41/02, wonach ein geldwerter Vorteil wahlweise
bewertet werden kann.
Laut BMF-Schreiben hat der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren ein Wahlrecht, den geldwerten Vorteil mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort oder mit dem günstigsten Preis am Markt anzusetzen.
Der Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, den jeweils günstigsten Preis am Markt im Lohnsteuerabzugsverfahren zu ermitteln. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, den geldwerten Vorteil im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung mit dem günstigsten Preis am Markt bewerten zu lassen. Hierbei sollte der Arbeitgeber beachten, dass bei der Einkommensteuerveranlagung lediglich eine Steuerkorrektur, nicht jedoch eine Korrektur der Sozialabgaben durchgeführt werden kann; wegen der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung ist eine möglichst günstige Bewertung des geldwerten Vorteils nicht nur im Interesse des Arbeitnehmers, sondern auch im Interesse des Arbeitgebers.
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.