Verrechnungspreise weltweit im Visier der Behörden

15.02.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ernst und Young GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Bei zwei Drittel der globalen Unternehmen werden Prüfungen der Verrechnungspreise durchgeführt / Steuerbehörden in Schwellenländern verstärken ihre Maßnahmen zur Durchsetzung von Verrechnungspreisvorschriften / Multinationale Unternehmen investieren verstärkt in Compliance

Viele Länder der Welt kämpfen auch nach dem Abflauen der Finanz- und Wirtschaftskrise mit immensen Haushaltsdefiziten. Daher suchen die Finanzbehörden verstärkt nach Möglichkeiten, die Staatsfinanzen durch neue Steuereinnahmen zu entlasten. Auch den Verrechnungspreisen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Aus diesem Grund wollen weltweit führende Unternehmen ihre Anstrengungen zur Einhaltung der Verrechnungspreisvorschriften erheblich verstärken. 31 Prozent geben an, neue Mitarbeiter eingestellt zu haben. 62 Prozent greifen vermehrt auf externe Berater zurück, während 23 Prozent verstärkt Software oder ähnliche Hilfsmittel einsetzen. Das sind Ergebnisse der Global Transfer Pricing Survey von Ernst & Young, einer Umfrage unter 877 multinationalen Unternehmen in 25 Ländern.

Strengere regulatorische Maßnahmen

In den vergangenen drei bis vier Jahren haben die Steuerbehörden in vielen Ländern ihr Personal im Bereich Verrechnungspreise erheblich aufgestockt, zentralisierte Prozesse für die Bearbeitung von Anfragen entwickelt und einen strategischeren, risikobasierten Ansatz zur Priorisierung von Verrechnungspreisüberprüfungen eingeführt. In den USA hat beispielsweise der Internal Revenue Service im Jahr 2009 1.200 neue Mitarbeiter für die Bearbeitung internationaler Steuerfragen eingestellt, im Jahr 2010 noch einmal weitere 800 Mitarbeiter. Die britische Steuerbehörde veröffentlichte Ende 2010 Leitlinien für stärkere Strafmaßnahmen im Bereich der Verrechnungspreise. Die staatliche Steuerbehörde in China hat einen Ansatz eingeführt, wonach 30 Prozent der chinesischen Steuerzahler auf Grundlage ausgewählter Kriterien als Hauptzielgruppe für Steuerprüfungen eingestuft werden.

„Die Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass sich das regulatorische Umfeld weltweit deutlich verschärft hat. Sie werden in immer mehr Ländern verstärkt Mittel darauf verwenden müssen, ihre Verrechnungspreisgestaltung gewissenhaft zu dokumentieren“, stellt Thomas Borstell, Global Director der Transfer Pricing Gruppe von Ernst & Young, fest.

Striktere Durchsetzung

74 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass die Dokumentation der Verrechnungspreise wichtiger sei als noch vor zwei Jahren. 32 Prozent der Befragten sehen in den Verrechnungspreisen eine der größten steuerlichen Herausforderungen für ihr Unternehmen. Drei Viertel gehen davon aus, dass die Verrechnungspreise in den nächsten zwei Jahren für ihre Organisation „absolut kritisch“ bzw. „sehr wichtig“ sein werden. In Europa wurde diese Einschätzung am häufigsten genannt, gefolgt von den USA und Asien.

Daneben gab es auch branchenspezifische Unterschiede: Beispielsweise Pharma- und Biotech-Unternehmen machen sich deutlich mehr Gedanken über ihre Verrechnungspreisgestaltung als die Telekommunikationsbranche oder Finanzdienstleister. „Die Steuerbehörden konzentrieren sich in der Regel auf Branchen mit hochwertigem, übertragbarem geistigen Eigentum und solche, die hohe Margen erzielen“, erläutert Thomas Borstell. „Multinationale Unternehmen müssen ihr Verrechnungspreisprofil selbst analysieren und das Risiko aggressiver Betriebsprüfungen und möglicher Doppelbesteuerung managen.“

Mehr Betriebsprüfungen und mehr Strafen

In der aktuellen Befragung gaben zwei Drittel der Teilnehmer an, dass ihre Verrechnungspreise durch die Finanzverwaltung überprüft wurden. 2007 waren es nur 52 Prozent der Befragten. Außerdem führte eine von fünf Prüfungen zur Verhängung einer erheblichen Strafe. 2005 war dies nur bei einer von 25 Prüfungen der Fall.

„Die Verschärfung der Situation ist messbar: Wir verzeichnen eine Zunahme der Betriebsprüfungen und Strafmaßnahmen, ganz besonders in Schwellenmärkten wie China und Indien“, stellt Borstell fest.

Die Studie zeigt, dass die Behörden ihr Augenmerk verstärkt auf konzerninterne Finanzierungs- und Dienstleistungsgeschäfte richten und gleichzeitig großes Interesse an Transaktionen rund um immaterielle Wirtschaftsgüter zeigen. Überprüfungen der konzerninternen Finanzierungstransaktionen sind von 7 Prozent im Jahr 2007 auf 42 Prozent im Jahr 2010 hochgeschnellt. Im gleichen Zeitraum erhöhten sich nach Angaben der Befragten die Überprüfungen konzerninterner Dienstleistungsgeschäfte von 55 Prozent auf 66 Prozent.

Multinationale Unternehmen sollten angesichts des zunehmenden Drucks durch die Steuerbehörden einen aktiveren Ansatz für die Verrechnungspreisgestaltung finden. „Die Unternehmen müssen mehr und unterschiedlichere Arten von Geschäftsvorfällen in ihre Verrechnungspreisgestaltung einbeziehen. Die Zahl der Streitigkeiten mit Finanzbehörden nimmt beständig zu, da die Steuerbehörden qualitativ und quantitativ immer besser ausgestattet sind. Auch die Zahl der Länder, in denen diese Entwicklung zu beobachten ist, wächst kontinuierlich. Gleichzeitig steht erfreulicherweise eine größere Palette an Konfliktbeilegungsmechanismen, wie z. B. Vorabverständigungsverfahren, zur Verfügung, die auch aktiv genutzt werden“, konstatiert Borstell.
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