Zufluss von Arbeitslohn beim Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft

23.05.2011  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

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Der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft nimmt eine Sonderstellung in der Lohn- und Gehaltsabrechnung ein. Im Regelfall ist der vom Arbeitgeber gezahlte Arbeitslohn immer dann der Lohnversteuerung zu unterwerfen, wenn dieser dem Arbeitnehmer tatsächlich zugeflossen ist. In diesem Zusammenhang liegt ein lohnsteuerlicher Zufluss immer dann vor, wenn der Arbeitslohn an den Arbeitnehmer ausgezahlt worden, z. B. im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung per Banküberweisung oder in bar, und der Arbeitnehmer entsprechend über seinen Lohn verfügen kann.

Wenn der Arbeitslohn lohnsteuerlich zugeflossen ist, ist dieser im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum der Lohnversteuerung zu unterwerfen. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, die Steuerabzugsbeträge (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) entsprechend einzubehalten und an das Betriebstättenfinanzamt abzuführen.

Wenn der Arbeitslohn ganz oder teilweise nicht ausgezahlt worden ist, z.B. aus Liquiditätsgründen, braucht der Arbeitslohn mangels Zufluss beim Arbeitnehmer nicht der Lohnversteuerung unterworfen zu werden.

Besonderheiten beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer

Etwas anderes gilt beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft. Ein Geschäftsführer ist immer dann als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer anzusehen, wenn er über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt und entsprechend maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen kann.

Der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nimmt im Lohnsteuerrecht eine Sonderstellung ein, weil er sowohl als Arbeitnehmer als auch als Unternehmer anzusehen ist. In seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer hat der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer es in der Hand, die Höhe und den Auszahlungszeitpunkt seiner Bezüge zu beeinflussen. In diesem Zusammenhang kommt es zu einem Spannungsfeld, weil der Lohnaufwand bei einer Kapitalgesellschaft als steuermindernde Betriebsausgabe anzusehen ist. Durch besondere formale Vorschriften soll vermieden werden, dass die Bezüge des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers an die Ertragslage des Unternehmens gekoppelt sind.

BFH-Urteil vom 03.02.11

In einem streitigen Fall hatte ein zu 50 % am Kapital der Gesellschaft beteiligter Geschäftsführer auf das ihm gemäß Anstellungsvertrag zustehende Weihnachtsgeld verzichtet. Eine für die steuerliche Wirksamkeit erforderliche Gehaltsverzichtsvereinbarung wurde nicht geschlossen. Das Finanzamt sah den Arbeitnehmer im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung als beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer an und vertrat die Auffassung, die Weihnachtsgeldzahlungen seien im Zeitpunkt der Fälligkeit zugeflossen. Daher unterwarf das Finanzamt das fällige, aber nicht zur Auszahlung gelangte Weihnachtsgeld der Lohnversteuerung und nahm den Arbeitgeber entsprechend in Haftung.

Zu Unrecht, wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 03.02.11, VI R 4/10 festgestellt hat. Im hier streitigen Sachverhalt hat sich das nicht ausgezahlte Weihnachtsgeld bei der Ermittlung des Einkommens der GmbH nicht ausgewirkt, weil dies nicht als Gehaltsaufwand erfasst worden ist. Aus diesem Grunde kann auch kein Zufluss bei Fälligkeit in Betracht kommen. Darüber hinaus war der Arbeitnehmer im Prüfungszeitraum gar kein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer. Das Finanzamt hat im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung nämlich nicht beachtet, dass der Geschäftsführer lediglich zu 50 % am Stammkapital der GmbH beteiligt war und daher keine Stimmrechtsmehrheit besaß. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 05.10.04, VIII R 9/03, liegt eine beherrschende Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers im Regelfall immer dann vor, wenn dieser die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn er mehr als 50 % der Stimmrechte hat.

Faktische Beherrschung

Wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer zwar nicht mehr als 50 % der Stimmrechte hat, aber die Gesellschaft faktisch beherrscht, kann der Gesellschafter-Geschäfts dennoch als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer anzusehen sein. Eine faktische Beherrschung kann z.B. bei Eheleuten vorliegen, die beide zu jeweils 50 % am Kapital der Gesellschaft beteiligt sind und die Ehefrau nicht über die branchenüblichen Fachkenntnisse verfügt und als Hausfrau nicht im Betrieb tätig ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Daher kam der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass das nicht an den Gesellschafter-Geschäftsführer ausgezahlte Weihnachtsgeld im Gegensatz zur Auffassung des Finanzamtes nicht der Lohnversteuerung zu unterwerfen ist.

Quelle: Volker Hartmann, Diplom-Finanzwirt (FH), Hamburg

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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