06.05.2014 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG und erzielte bis zum Oktober 2008 gewerbliche Einkünfte aus dem Einbau von Autogasanlagen (Umsatz Januar bis Oktober 2008 ca. 240.000 €) sowie aus dem Verkauf von Autogas (Flüssiggas, Umsatz bis Dezember 2008 in Höhe von ca. 13.735 €). Er meldete sein Gewerbe durch Anzeige vom 16.12.2008 bei der Stadt E. zum 2.1.2009 ab und meldete zugleich bei der Stadt G. (Ortsteil F.), ca. 8-9 km von dem bisherigen Betrieb entfernt, den Beginn eines Gewerbebetriebes zum 2.1.2009 an. Die materiellen Betriebsmittel des Betriebes in E. einschließlich des Grundstückes veräußerte der Kläger durch Vertrag vom 16.10.2008 zum 31.10.2008 an die Firma Y., die in der Nähe des Betriebes einen Kfz-Handel betrieb. Auch der Pachtvertrag über die Autogastankstelle wurde übertragen. Eine Wettbewerbsklausel mit der Firma Y. bestand nicht. In dem Betrieb in G. bot der Kläger zunächst Kfz-Reparaturen, Kfz-Tuning, Wartung und Befüllung von Klimaanlagen, Filterwechsel, Inspektionen sowie sonstigen Reparaturen an. Ab April des Streitjahres baute der Kläger wieder Autogasanlagen ein. Der bisherige Hauptkunde des Betriebes in E., die Firma X, beauftragte den Kläger ab diesem Zeitpunkt erneut. Im Streitjahr erzielte der Kläger Umsätze i.H.v. ca. 109.000 €, im Veranlagungszeitraum 2010 i.H.v. ca. 90.000 €. Der Kläger erklärte für das Jahr 2008 einen laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 24.111 € sowie einen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 16 EStG in Höhe von 155.689 €. Hinsichtlich des Veräußerungsgewinns, der aufgrund der Veräußerung des Grundstückes "A… in E." nebst Halle und Inventar entstanden ist, beantragte er die Gewährung eines Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG sowie die Berücksichtigung eines ermäßigten Steuersatzes gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Beides versagte das Finanzamt in dem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Steuerbescheid vom 4.11.2010 und ging von einer Betriebsverlegung nach F. aus. Das Finanzamt berücksichtigte infolge dessen für 2008 einen laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 179.800 €. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hob das Finanzamt in dem - bereits abgeschlossenen - Klageverfahren … den Einkommensteuerbescheid für 2008 auf, da der Kläger seine Einkünfte durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt habe und die Verkaufserlöse erst im Streitjahr (2009) zugeflossen seien. Nach Abschluss des Rechtsstreits für 2008 änderte das Finanzamt den unter Vorbehalt stehenden Einkommensteuerbescheid des Streitjahres und erhöhte die vom Kläger erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 155.689 € auf 156.118 €. Hiergegen richtet sich nunmehr nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat den Gewinn aus der Veräußerung der Betriebsgrundlagen aus dem Betrieb in E. zu Recht als laufenden Gewinn im Streitjahr erfasst (FG Niedersachsen, Urteil vom 17. 9. 2013 - 8 K 281/12). Die beim BFH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das BFH-Az.: X B 195/13.
Eine nach § 16 Abs. 1 EStG begünstigte Betriebsveräußerung lag nicht vor. Die Veräußerung eines Gewerbebetriebs im Ganzen setzt voraus, dass das wirtschaftliche Eigentum an allen wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber übertragen wird. Zudem muss gleichzeitig die bisher in diesem Betrieb entfaltete gewerbliche Tätigkeit enden. Danach lag eine begünstigte Betriebsveräußerung im Streitfall nicht vor. Die Beendigung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit ist als selbständiges Merkmal der Tatbestandsverwirklichung und losgelöst von dem Merkmal der Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen zu sehen.
Der Kläger hat seine durch den betrieblichen Organismus bestimmte gewerbliche Tätigkeit indes beendet, denn der Kläger hat, wie aus einem Schriftsatz vom 22.3.2013 folgt, ab 1.1.2009 in F. Kfz-Reparaturen etc. und damit ähnliche Tätigkeiten wie in E. ausgeführt. Zwar hat er seine Betriebseinnahmen nach eigenem Vortrag bis Oktober 2008 im Wesentlichen aus dem Einbau von Autogasanlagen generiert. Aber auch ab dem 1.4.2009 erzielte der Kläger einen wesentlichen Teil des Gesamtumsatzes aus dem Einbau von Autogasanlagen. Dafür hat er schon im März 2009 ausweislich eines Presseartikels geworben. Der zwischen Oktober 2008 und Ende März 2009 verstrichene Zeitraum reicht nicht aus, um von einer endgültigen Aufgabe der Tätigkeit ausgehen zu können, zumal der Kläger in F. auch in der Zeit vom 1.1.2009 bis 31.3.2009 zumindest eine ähnliche Tätigkeit wie in E. ausgeübt hat. Eine solche endgültige Beendigung der Tätigkeit ist indes auch bei gewerblichen Betätigungen zur Überzeugung des Senats jedenfalls dann erforderlich, wenn der Gewerbetreibende den bisherigen Kundenstamm bzw. "guten Ruf" - wie im Streitfall - im Rahmen einer neuerlichen Betätigung "verwerten" kann.