Betriebsveranstaltungen

31.05.2011  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Arbeitslohn oder Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers??? Volker Hartmann gibt nachfolgend praxistaugliche Antworten.

Der lohnsteuerliche Dauerbrenner Dienstwagenbesteuerung scheint einen Nachfolger gefunden zu haben. Nach der Dienstwagenbesteuerung rückt nun das Thema Betriebsveranstaltungen in das Visier der Meinungsverschiedenheiten zwischen den Arbeitgebern und der Finanzverwaltung.

Mit BFH-Urteil vom 09.12.10, V R 17/10 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass der umsatzsteuerliche Vorsteuerabzug nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung handelt. Im Gegensatz dazu kann der Vorsteuerabzug nicht in Anspruch genommen werden, wenn es sich um eine unübliche Betriebsveranstaltung handelt und bei den Arbeitnehmern ein entsprechender lohnsteuerlicher geldwerter Vorteil zu erfassen ist. Aus diesem Grunde möchten wir Sie an dieser Stelle noch einmal über die aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung bei der Abgrenzung zwischen üblichen und unüblichen Betriebsveranstaltungen informieren.

Übliche und unübliche Betriebsveranstaltungen

In der lohnsteuerlichen Praxis ist es sehr schwierig, lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn von Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers abzugrenzen. Diese Problematik kommt ganz besonders bei Betriebsveranstaltungen zum tragen.

Wenn ein Arbeitgeber eine übliche Betriebsveranstaltung durchführt, handelt es sich grundsätzlich nicht um Arbeitslohn, sondern um eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Bei deratigen Veransaltungen steht nicht der Entlohnungscharakter der Arbeitnehmer im Vordergrund. Ziele einer üblichen Betriebsveranstaltung sind vielmehr die Förderung der Kontaktpflege der Arbeitnehmer untereinander bzw. die Verbesserung des Betriebsklimas.

Handelt es sich hingegen um eine unübliche Betriebsveranstaltung, wird das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers durch den Arbeitslohncharakter überlagert. Infolgedessen handelt es sich bei den Aufwendungen des Arbeitgebers um einen geldwerten Vorteil, welcher der Lohnversteuerung zu unterwerfen ist. Dieser geldwerte Vorteil wird im Regelfall pauschal besteuert. Wenn die Pauschalversteuerung nach Maßgabe von § 40 Absatz 2 EStG durchgeführt wird, kann eine Verbeitragung der Aufwendungen zur Sozialversicherung unterbleiben.

Abgrenzungskriterien

Abgrenzungskriterien für die Üblichkeit einer Betriebsveranstaltung sind die Häufigkeit und die besondere Ausgestaltung. Diese Abgrenzungskriterien haben keinen gesetzlichen Charakter, sondern sind in den Lohnsteuerrichtlinien definiert. Nach Maßgabe von R 19.5 LStR ist eine Betriebsveranstaltung hinsichtlich der Häufigkeit als üblich anzusehen, wenn nicht mehr als zwei Veranstaltungen jährlich durchgeführt werden.

Hinsichtlich der besonderen Ausgestaltung ist eine Betriebsveranstaltung nur dann als üblich anzusehen, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers für den einzelnen Arbeitnehmer einschließlich Umsatzsteuer insgesamt nicht mehr als 110 Euro betragen. Wird diese Freigrenze überschritten, sind die Aufwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang (also nicht nur in Höhe des übersteigenden Betrags) dem Arbeitslohn hinzuzurechnen und der Lohnversteuerung zu unterwerfen.

Urteil Finanzgericht Düsseldorf vom 17.01.11, 11 K 908/10 L

Das Finanzgericht Düsseldorf hatte sich jüngst mit der streitigen Rechtsfrage auseinanderzusetzen, ob zum einen die in den Lohnsteuerrichtlinien festgeschriebene Freigrenze von 110 Euro der Höhe nach rechtmäßig ist und ob zum anderen vergebliche Aufwendungen des Arbeitgebers in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Der Arbeitgeber bemängelte, dass sich die 110 Euro-Freigrenze seit der erstmaligen Anwendung in 1993 nicht wesentlich erhöht wurde, obwohl sich der Lebenshaltungskostenindex seit diesem Zeitpunkt um ca. 30 % erhöht hat.

In dem hier streitigen Sachverhalt war der Arbeitgeber im Rahmen der Planung der Betriebsveranstaltung von einer Teilnehmerzahl von 600 Personen ausgegangen. Tatsächlich haben jedoch nur 348 Personen an der Betriebsveranstaltung teilgenommen. Ein Teil der Kosten, nämlich die Kosten für den äußeren Rahmen, seien nach Auffassung des Arbeitgebers als Fixkosten anzusehen und führen bei den teilnehmenden Arbeitnehmern tatsächlich nicht zu einer Bereicherung, wie z.B. die Kosten für zusätzliches Servicepersonal und zusätzliche Toiletten. Weil die deutlich geringere Teilnehmeranzahl Auswirkungen auf die Durchschnittskosten hatte, war die 110 Euro-Freigrenze entsprechend überschritten. Daher wollte das Finanzamt in Anlehnung an die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen in den Lohnsteuerrichtlinien die Aufwendungen des Arbeitgebers entsprechend der Lohnversteuerung unterwerfen.

110 Euro - Freigrenze
Der Bundesfinanzhof teilte die Bedenken des Arbeitgebers nicht, dass die aktuelle 110 Euro-Freigrenze nicht mehr sachgerecht und daher unangemessen sei. Der pauschale Hinweis auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten ist nicht als ausreichend anzusehen, da es keine Rechtsgrundlage gibt, die eine ständige Anpassung dieser Freigrenze an geänderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen vorschreibt. Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 01.09.10, 10 K 381/08 (Revision eingelegt).

Bemessungsgrundlage
Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass grundsätzlich die gesamten Aufwendungen des Arbeitgebers für die Betriebsveranstaltung einschließlich der Aufwendungen für den äußeren Rahmen (Saalmiete, Live-Musik, Servicepersonal, Toilettengestellung, Kinderanimation, etc.) zu gleichen Anteilen auf die Anzahl der teilnehmenden Personen aufzuteilen sind. Die anteiligen Aufwendungen für Familienangehörige oder persönliche Gäste sind dabei dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen. Der Bundesfinanzhof erkannte jedoch, dass eine derartige Berechnung im Einzelfall zu unzutreffenden Ergebnissen führen könne, z.B. wenn Arbeitnehmer, deren Teilnahme an der Betriebsveranstaltung ursprünglich vorgesehen war, an der Veranstaltung tatsächlich nicht teilnehmen. In diesem Fall dürfen Aufwendungen des Arbeitgebers, die weder den nicht teilnehmenden noch den teilnehmenden Arbeitnehmern als Arbeitslohn zugerechnet werden können, nicht in die Durchschnittsberechnung einbezogen werden. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung im Schrifttum, wonach im Rahmen der Durchschnittsberechnung nicht auf die tatsächliche, sondern auf die geplante Teilnehmerzahl abzuzielen ist, weil der Arbeitnehmer durch die vergeblichen Aufwendungen des Arbeitgebers weder bereichert ist noch der Arbeitnehmer Einfluss auf die Höhe der Kosten für den äußeren Rahmen sowie die Teilnehmerzahl habe.

Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass sämtliche Kosten, die nicht auf die teilnehmenden Arbeitnehmer entfallen, nicht in die Durchschnittsberechnung einbezogen werden dürfen. Die tatsächlichen Teilnehmer werden nicht durch die Aufwendungen für überzählige Speisen und Getränke sowie die überdimensionierten Sachleistungen bereichert.

Die genauen Auswirkungen auf Ihre Arbeitspraxis folgen in der nächsten Newsletter-Ausgabe.

Quelle: Diplom-Finanzwirt (FH) Volker Hartmann, Hamburg

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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