Bildung einer Ansparabschreibung zur Kompensation eines Betriebsprüfungsmehrergebnisses
1. Eine Rücklage für die künftige Anschaffung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens (Ansparabschreibung) konnte auch nachträglich im Wege der Bilanzänderung zur Kompensation eines Betriebsprüfungsmehrergebnisses gebildet werden.
2. Die Rücklage setzt materiell einen Finanzierungszusammenhang zwischen der Investition und der Rücklagebildung voraus. An diesem Finanzierungszusammenhang fehlt es, wenn die Rücklage mehr als zwei Jahre nach der Investition gebildet wird; dieser Zeitabstand ist taggenau zu berechnen.
Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betrieb im Streitjahr 1999 Taxis und Mietwagen. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. In den im Februar 2001 beim FA eingegangenen Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für das Streitjahr 1999 erklärte der Kläger einen Gewinn von 46.847 DM. Die beigefügte Bilanz zum 31. Dezember 1999 enthielt eine Rücklage gemäß § 7g EStG für die zukünftige Anschaffung eines Mercedes E 200 CDI in Höhe von 23.000 DM. Das FA setzte die Einkommensteuer für 1999 erklärungsgemäß auf 0 DM und den Gewerbesteuermessbetrag des Klägers auf 2 DM fest. Beide Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO). Im Oktober 2001 begann das FA beim Kläger mit einer Betriebsprüfung. Nach dem Betriebsprüfungsbericht vom 14. Februar 2002 war der Gewinn aus Gewerbebetrieb aus unstreitigen Gründen zu erhöhen. Die Gewinnänderungen beruhten auf der Nichtberücksichtigung des Abzugsverbotes für Geldbußen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG), der Schätzung eines höheren Anteils der privaten PKW-Nutzung und Hinzuschätzungen wegen verschiedener Mängel in der Buchführung.
Die Prüfer nahmen an, der Kläger habe diese Mehrgewinne entnommen. Außerdem stellten sie die sich daraus ergebenden Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerverbindlichkeiten von 9.050,25 DM und 5.110 DM gewinnmindernd in die Prüferbilanz zum 31. Dezember 1999 ein. Mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden setzte das FA die Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für 1999 unter Berücksichtigung der Prüfungsfeststellungen fest und hob die Nachprüfungsvorbehalte auf. Während des gegen diese Änderungsbescheide gerichteten Einspruchsverfahrens beantragte der Kläger am 2. Mai 2002, in der Bilanz zum 31. Dezember 1999 die Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG für die zukünftige Anschaffung eines Mercedes 200 CDI um 750 DM auf 23.750 DM zu erhöhen und außerdem eine weitere Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG in Höhe von 23.850 DM für die zukünftige Anschaffung eines Mercedes E 200 zu bilden.
Ausweislich des beigefügten Investitionsplans sollten die Fahrzeuge am 9. Oktober 2000 und am 25. Oktober 2001 angeschafft werden. Tatsächlich waren beide Fahrzeuge bei Antragstellung bereits angeschafft, und zwar ein Mercedes für 47.512 DM am 9. Oktober 2000 und ein weiterer für 47.762 DM am 14. September 2001. Die Kopien dementsprechend geänderter Bilanzen für die Jahre 1999 bis 2001 legte der Kläger erstmals im Dezember 2003 während des finanzgerichtlichen Verfahrens vor. Die Einsprüche blieben ohne Erfolg. Das FG wies die Klage ab. Es entschied mit Urteil vom 27. Januar 2005 12 K 4155/03 E, G (EFG 2006, 1654), die Betriebsprüfung habe nicht zu einer Bilanzberichtigung geführt. Daher könne die vom Steuerpflichtigen nach Einreichung seiner Bilanz beim FA beantragte Erhöhung einer Ansparrücklage nicht berücksichtigt werden.
Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (BFH Urteil vom 17.6.2010, III R 43/06). Da das Wahlrecht zur Bildung der Rücklage nach § 7g EStG in der Bilanz ausgeübt wird und die geänderte Bilanz erst im Dezember 2003 vorgelegt wurde, d. h. mehr als zwei Jahre nach Anschaffung der Fahrzeuge, war der erforderliche Finanzierungszusammenhang zwischen der Rückstellung und der Investition nicht mehr gewahrt. Der Kläger war dem Grunde nach zur Änderung seiner Bilanz berechtigt. Eine Bilanz darf gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG geändert werden, wenn die Änderung in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG) steht und soweit deren Auswirkung auf den Gewinn reicht.
Quelle: Udo Cremer
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.