Steigende Kreditnachfrage in der Eurozone im Jahr 2025 – Deutschland hinkt hinterher

24.09.2024  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ernst & Young GmbH.

Die Kreditvergabe in der Eurozone und in Deutschland wird sich auch in diesem Jahr voraussichtlich kaum ausweiten und auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr verbleiben: Laut EY European Bank Lending Forecast dürfte das Kreditvolumen in der Eurozone auch im Jahr 2024 – wie 2023 – nur um 0,2 Prozent wachsen.

Eine signifikante Belebung erwarten die EY-Experten für die beiden kommenden Jahre. So soll der Gesamtmarkt in der Eurozone 2025 um 3,1 Prozent und 2026 um 4,2 Prozent zulegen.

Der deutliche Anstieg der Kreditnachfrage in allen Kategorien (Immobilien, Unternehmen und private Haushalte) ab 2025 wird durch mehrere Faktoren beeinflusst, so die EY-Analyse. Haupttreiber dürfte der erwartete wirtschaftliche Turnaround ab 2025 sein; für die Eurozone wird im Jahr 2025 ein Wachstum von 1,4 Prozent erwartet. Sofern hierzu die wirtschaftliche Erholung in Deutschland beiträgt, die Leitzinsen weiter fallen und ein anhaltendes Sinken der Inflationsraten eintritt.

Die Prognose für Deutschland bleibt verhalten. In diesem Jahr wird ein Wachstum der Kreditvergabe von 1,0 Prozent erwartet nach 0,9 Prozent im Vorjahr, 2022 lag der Wert hingegen noch bei 6,9 Prozent. Und 2025?

Hauptgrund für die derzeit noch schwache Kreditvergabe ist die aktuelle Konjunkturschwäche sowohl in der Eurozone als auch Deutschland. Die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich stagnieren infolge eines Mix‘ aus neuen globalen Handelszöllen, deutlich gestiegenen Zinssätzen und lange Zeit hohen Energiepreisen. Klimabedingte Risiken und die Bewältigung des Klimawandels wirken ebenfalls restriktiv auf die Kreditvergabe. Dadurch weist Deutschland die schwächste wirtschaftliche Entwicklung aller G7-Staaten in diesem Jahr auf. Immerhin wird damit gerechnet, dass 2025 ein Wachstum von 0,9 Prozent und 1,6 Prozent im Jahr 2026 erreicht wird.

Ralf Eckert, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY, kommentiert:

Die Konjunkturaussichten für Europas große Volkswirtschaften hellen sich auf dank der erwartbaren Zinssenkungen und einer nachlassenden Inflation. Wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern, können sich die Banken wieder stärker auf ihre Rolle bei der Finanzierung von Wachstums- und Transformationsplänen der Unternehmen konzentrieren. In diesem Jahr wirken die externen Schocks allerdings noch nach, so dass die Nachfrage nach Krediten – etwa um ein Haus zu kaufen, in den Urlaub zu fahren oder teure Anschaffungen zu tätigen – gering bleibt. Entsprechend stagniert der Kreditmarkt sowohl in der Eurozone als auch Deutschland.

Immobilienkredite stagnieren – Deutschland mit leichtem Plus

Hypothekendarlehen machen fast die Hälfte der gesamten Kreditvergabe in der Eurozone aus. EY erwartet in diesem Jahr kein Wachstum in diesem Segment, wodurch 2024 das schwächste in der vergangenen Dekade ist (2014 betrug das Wachstum 0,2 Prozent, 2023 lag der Wert bei 0,3 Prozent). Im kommenden Jahr geht der EY European Bank Lending Economic Forecast aber von einem Anstieg von immerhin 2,8 Prozent und im Jahr darauf von 4,1 Prozent aus.

Gunther Tillmann, Partner und Leiter Banking & Capital Markets bei EY Deutschland, erklärt:

Europas Immobilienmarkt leidet am stärksten unter den schlechten Rahmenbedingungen, dazu gehören zum Beispiel eine gedämpfte Stimmung auf dem Wohnungsmarkt, höhere Kreditkosten und die anhaltende Verschärfung der Kreditvergabekriterien. Wenn wie erwartet die Teuerungsrate wieder abnimmt und die Leitzinsen weiter sinken, sollte der Hypothekenkreditmarkt davon besonders profitieren.

Positiver sieht die Situation in Deutschland aus. Das Volumen der Immobilienkredite wird voraussichtlich 2024 um 1,4 Prozent wachsen, im Vorjahr betrug der Wert 0,9 Prozent. Für 2025 wird ein Anstieg von 2,3 Prozent erwartet. Damit ist Deutschland das einzige große Land der Eurozone, das in diesem Jahr keinen Rückgang in diesem Segment verzeichnen dürfte.

Markt für Unternehmenskredite wächst 2024 marginal

Auch das Segment der Unternehmenskredite tritt in der Eurozone auf der Stelle. Nach einer Schrumpfung im vergangenen Jahr von 0,1 Prozent wird 2024 mit einer leichten Belebung von 0,5 Prozent gerechnet. 2026 könnten mehr als 4 Prozent erreicht werden, sofern wie erwartet große Länder wie Frankreich und Deutschland wieder ein spürbares Wirtschaftswachstum verzeichnen.

Ralf Eckert erläutert: „Das für dieses Jahr erwartete schwache Wachstum ist weitgehend das Ergebnis der jüngsten hohen Unternehmenskreditkosten für Investitionen und damit verbundene Kredite sowie der Verschärfung der Kreditvergabekriterien.“

Deutschland steht auch bei Unternehmenskrediten etwas besser da: Das Wachstum der Unternehmenskredite beträgt in diesem Jahr 0,9 Prozent nach 1,1 Prozent im Jahr 2023 und einem Höhepunkt von 8,9 Prozent im Jahr 2022, so die EY-Studie.

Verbraucherkreditmarkt belebt sich

In der Eurozone dürfte das Segment Verbraucherkredite als einziges in diesem Jahr leicht wachsen (+0,9 Prozent). Kommendes Jahr sollte der Wert deutlich steigen, wenn die Inflation sinkt, die Arbeitsmärkte sich beleben und das Verbrauchervertrauen zunimmt. EY erwartet daher, dass der Markt für Verbraucherkredite 2025 um 3,0 Prozent und 2026 um 4,2 Prozent zunimmt. „Frankreich und Italien werden voraussichtlich den stärksten Anstieg verzeichnen, während Deutschland und Spanien das geringste Wachstum bei Verbraucherkrediten sehen werden“, prognostiziert Gunther Tillmann. Der deutsche Markt für Verbraucherkredite kontrahiert 2024 erneut mit einem erwarteten Minus von 0,9 Prozent. Besserung wird für 2025 mit einem Wachstum von 1,2 Prozent und 2026 von 3,4 Prozent erwartet.

Nur leichter Anstieg der notleidenden Kredite erwartet

Der Anteil der notleidenden Krediten (Non Performing Loans, kurz: NPL) dürfte 2024 nochmals leicht ansteigen auf 2,0 Prozent, für 2025 und 2026 prognostiziert EY einen Anstieg auf je 2,3 Prozent. Zum Vergleich: Die Quote notleidender Kredite hatte 2013 mit 8,4 Prozent einen Höchststand erreicht. Frankreich, Spanien und Italien dürften 2024 leicht höhere NPL-Quoten von jeweils 2,7, 3,0 und 2,9 Prozent erreichen, da das Volumen an variabel verzinslichen Hypotheken in Italien und Spanien höher ist als in anderen Ländern.

Gunther Tillmann: „Deutschland hat innerhalb der Eurozone mit erwarteten 1,5 Prozent den mit Abstand geringsten Anteil an NPLs. Hier haben vor allem die Banken ihre Hausaufgaben gemacht, so dass auch singuläre und öffentlichkeitswirksame Fälle das Gesamtbild nicht nachhaltig und massiv beeinträchtigt haben.“ Ralf Eckert bilanziert: „Zum ersten Mal seit vier Jahren rechnen wir damit, dass im kommenden Jahr die Kreditvergabe in keiner Kreditkategorie schrumpft. Europas Banken sind auf diese neue Phase im Kreditzyklus gut vorbereitet. Für Unternehmen bietet dies die Chance, neue Prioritäten zu setzen und in die notwendige Transformation ihrer Firmen zu investieren.“

Bild: Pixabay (Pexels, Pexels Lizenz)

nach oben