Zugaben als abzugsfähige Betriebsausgaben - Abgrenzung zu Geschenken

11.04.2011  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Praxisnah erläutert von Ihrem Steuer-Experten Udo Cremer.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der X-GmbH, die in den Streitjahren 1994, 1996 und 1998 mit der Vermittlung von Verträgen über den Erwerb von Anteilen an Fondsgesellschaften befasst war. Insbesondere waren das Anteile an zwei der Y-Fonds. Diese Fonds investierten u.a. in ein Theater und in einen Gebäudekomplex, in dem neben anderen Einrichtungen zwei weitere Theater betrieben wurden. Der Vertrieb der Fondsanteile wurde in der Weise durchgeführt, dass die X-GmbH mit externen Vertriebspartnern (Unter-)Vertriebsverträge schloss, die ihrerseits die Verträge zwischen den Anlegern und der Fondsgesellschaft vermittelten. Die X-GmbH selbst trat mit den Anlegern nicht in vertragliche Beziehungen. In den Jahren 1994, 1996 und 1998 organisierte die X-GmbH in jeweils einem der Theater eine geschlossene Sondervorführung und wendete hierfür in den Jahren 1994, 1996 und 1998 beträchtliche Beträge in DM auf. Zu den Vorstellungen lud sie neben anderen Personen auch jene Anleger der Y-Fonds ein, die Beteiligungen im Mindestbetrag von 250.000 DM (1994), 300.000 DM (1996) bzw. 400.000 DM (1998) erworben hatten und übernahm zum Teil auch deren Übernachtungskosten. Im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung haben sich die Beteiligten im Klageverfahren darauf geeinigt, dass davon auf die Anleger des Y-Fonds insgesamt Aufwendungen in Höhe von x DM (jeweils in den Jahren 1994, 1996 und 1998) entfielen und dass die Aufwendungen für die einzelnen Anleger in den einzelnen Jahren je y DM betrugen.

Das FA vertrat die Auffassung, bei den Aufwendungen zugunsten der Anleger des Y-Fonds handele es sich um Geschenke und mithin um gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nichtabzugsfähige Betriebsausgaben. Es erließ entsprechend geänderte Bescheide. Die deswegen erhobene Sprungklage blieb ohne Erfolg; das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg hat sie mit Urteil vom 21. September 2009 6 K 374/05 als unbegründet abgewiesen und vertrat dabei die Auffassung, dass es sich bei den streitbefangenen Zuwendungen an die Anleger zwar nicht um Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG handele, dass aber die im Streitfall überschrittene Wertgrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG entsprechend auf die getätigten Aufwendungen anzuwenden sei.

Gegen das FG-Urteil richtet sich die Revision, mit der die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Revision hat teilweise Erfolg (BFH-Urteil vom 12.10.2010, I R 99/09). In Bezug auf die für 1994, 1996 und 1998 festgesetzten Körperschaftsteuern ist das Rechtsmittel begründet. Das FG hat die Aufwendungen der X-GmbH im Zusammenhang mit den Einladungen zu den Veranstaltungen zu Unrecht entsprechend § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt.

Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist die Annahme des FG, bei den genannten Zuwendungen an die Anleger der Y-Fonds handele es sich nicht um Geschenke i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990/1997. Der Geschenkbegriff entspricht nach ständiger Rechtsprechung des BFH dem Begriff der bürgerlich-rechtlichen Schenkung. Eine Schenkung ist nach § 516 Abs. 1 BGB eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn die Zuwendung für den Empfänger erkennbar nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht ist und nicht in einem unmittelbaren zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht. Auf der Grundlage dieser Definition sind Zugaben keine Geschenke im vorgenannten Sinne.

Zugaben im Sinne der ZugabeVO sind Waren oder Leistungen, die neben einer Hauptware (-leistung) ohne besondere Berechnung angeboten, angekündigt oder gewährt werden, wobei der Erwerb der Nebenware vom Erwerb der Hauptware abhängig ist und hierbei ein innerer Zweckzusammenhang in der Weise besteht, dass die Nebenware mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware angeboten wird und wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Für den zweckbedingten inneren Zusammenhang der Zugabe mit dem Hauptgeschäft ist ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Hauptgeschäfts und der Gewährung der Nebenleistung nicht erforderlich; immer jedoch muss der Abschluss des Hauptgeschäfts konkret im Raum stehen und die Zugabe auslösen.

Nach den tatrichterlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sind die Zuwendungen in Form der Einladungen zu den Veranstaltungen "untrennbar" mit den Anteilszeichnungen der Empfänger in der jeweils festgelegten Mindesthöhe verbunden gewesen. Die X-GmbH habe den Anlegern die Zuwendungen gewährt, um diese entweder (wie vorher angekündigt) für das Investment zu belohnen oder um sie zu veranlassen, das Investment innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor dem Event zu tätigen. Dem ist zu entnehmen, dass die Anleger, die Fondsanteile in der erforderlichen Höhe erworben haben, zum Zeichnungszeitpunkt entweder bereits konkret wussten oder aber zumindest damit rechnen konnten, dass die X-GmbH ihnen aufgrund der Zeichnung der Fondsanteile später Einladungen zu den Sonderveranstaltungen zukommen lassen würde. Auch in den Augen dieser Anleger sind die Einladungen von der X-GmbH mithin nicht ohne Bezug zu bestimmten Gegenleistungen, sondern abhängig vom jeweiligen Anteilserwerb ausgesprochen worden, der im betrieblichen Interesse der X-GmbH lag.

Quelle: Udo Cremer

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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