Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Richtlinie zum Widerrufsbutton

15.01.2024  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Entbürokratisierung sieht anders aus: Zum Jahresende am 23.11.2023 wurde die Richtlinie 2023/2673 zu Änderungen von Regelungen für im Fernabsatz geschlossene Finanzdienstleistungsverträge verabschiedet. Der Titel ist etwas irreführend. Die Richtlinie bringt wichtige Änderungen im B2C-Geschäft.

Es kommt Mitte 2026 der Widerrufs-Button für alle Verbrauchergeschäfte im elektronischen Rechtsverkehr. Rechtsanwalt Rolf Becker informiert über die Neuerungen.

Neben den Bestell- und Kündigungsbutton tritt der Widerrufs-Button

Händler schlagen sich bereits mit vielen Auswüchsen herum, die sich im Bemühen um einen erhöhten Verbraucherschutz ergeben haben. Schon der Bestell-Button nach § 312j BGB und der Kündigungs-Button nach § 312k BGB führte zu zahlreichen Abmahnungen. Jetzt sieht Art. 11a, eingefügt in die Verbraucherrechterichtlinie für alle über eine „Online-Benutzeroberfläche“ geschlossenen Fernabsatzverträge vor, dass diese mit einer „Widerrufsfunktion“ widerrufen werden können. Das muss der Unternehmer sicherstellen. Für die Verbraucherrechterichtlinie gilt der Grundsatz der Vollharmonisierung. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen daher die neuen Regelungen ohne inhaltliche Abweichungen in nationales Recht umsetzen.

Geltung ab 19. Juni 2026

Art. 2 der neuen Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten bis zum 19.12.2025 die Umsetzungen in nationales Recht veröffentlichen und diese dann ab dem 19. Juni 2026 anwenden. Noch ist also genügend Zeit für die Unternehmen, sich auf die Regelungen einzustellen und den Programmierungsbedarf zu koordinieren.

Button mit „Vertrag Widerrufen“

Die Details regelt Art. 11a der Verbraucherrechterichtlinie wie folgt:

Die Widerrufsfunktion wird gut lesbar mit den Worten „Vertrag widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet. Die Widerrufsfunktion ist während der gesamten Widerrufsfrist durchgehend verfügbar.

Sie ist auf der Online-Benutzeroberfläche hervorgehoben platziert und für den Verbraucher leicht zugänglich.

(2) Die Widerrufsfunktion ermöglicht es dem Verbraucher, eine Online-Widerrufserklärung zu versenden, mit der der Unternehmer von der Entscheidung des Verbrauchers, den Vertrag zu widerrufen, in Kenntnis gesetzt wird. Über diese Online-Widerrufserklärung kann der Verbraucher ohne Weiteres die folgenden Informationen bereitstellen oder bestätigen:

a) seinen Namen;

b) Angaben zur Identifizierung des Vertrags, den der Verbraucher widerrufen möchte;

c) Angaben zu dem elektronischen Kommunikationsmittel, mit dem dem Verbraucher die Eingangsbestätigung für den Widerruf übermittelt werden wird.

Neue Praxisprobleme

Anders als bei dem Kündigungsbutton ist eine hervorgehobene Platzierung vorgeschrieben. Dass der Button nur zugelassene Bezeichnungen tragen darf, kennt man ja bereits von den anderen Lösungen. Der Zwang zur Hervorhebung wirft bereits Fragen zur Gestaltung auf, wenn etwa beide Buttons auf einer Seite platziert werden sollen.

Zudem bleibt unklar, wie bzw. wo und wie lange dies auf der Online-Benutzeroberfläche zu realisieren ist. Da die Widerrufsfunktion den Widerruf eines bestimmten Vertrages ermöglichen soll, der z. B. in einem Internetshop oder einer entsprechenden App geschlossen wurde, muss der Kontext zu dem Vertrag hergestellt werden. Es ist daher vorstellbar, dass der Button (auch) dort platziert wird, wo der Vertrag z. B. im Kundenkonto einsehbar aufgeführt wird.

Allerdings besteht aufgrund der Vorgaben das Erfordernis, dass der Verbraucher auf jeder Shop-Seite und jedem Webseitenzustand einen entsprechenden Button während der Dauer der Widerrufsfrist erreicht. Diese Dauer individuell für jeden Besuch des Verbrauchers auf der Webseite auszurechnen ist insbesondere bei den komplizierten Regelungen zum Fristbeginn bei nacheinander eintreffenden Warenbestellungen praktisch unmöglich. Bei genereller zeitlich unbeschränkter Verfügbarkeit werden Irreführungsfragen aufgeworfen, die aber zu lösen sind. Berücksichtigen muss der Händler auch eine Teilwiderrufsmöglichkeit.

Bei Plattformgeschäften wird man als Händler zudem auf den Plattformbetreiber angewiesen sein.

Nach Betätigung muss er dann in einen Prozess geführt werden, in dessen Verlauf er die Bestellung etwa über die Eingabe einer Bestellnummer oder via Login in den entsprechenden Bereich des Kundenkontos identifizieren und hierzu eine Widerrufserklärung ausfüllen und absenden kann. Er muss dann eine Eingangsbestätigung mit vorgegebenen Inhalten erhalten. Dazu heißt es weiter in Art. 11a:

(3) Sobald der Verbraucher die Online-Widerrufserklärung gemäß Absatz 2 ausgefüllt hat, ermöglicht der Unternehmer dem Verbraucher, ihm diese Erklärung mittels einer Bestätigungsfunktion zu übermitteln.

Diese Bestätigungsfunktion wird gut lesbar und ausschließlich mit den Worten „Widerruf bestätigen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet.

(4) Sobald der Verbraucher die Bestätigungsfunktion aktiviert hat, übermittelt der Unternehmer dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger unverzüglich eine Eingangsbestätigung, die unter anderem den Inhalt der Widerrufserklärung sowie das Datum und die Uhrzeit ihres Eingangs enthält.

(5) Das Widerrufsrecht des Verbrauchers gilt als innerhalb der einschlägigen Widerrufsfrist ausgeübt, wenn der Verbraucher die Online-Widerrufserklärung im Sinne dieses Artikels vor Ablauf dieser Frist abgegeben hat.

Zudem erhält Art. 6 Abs. 1 lit. h, bei dem es um zwingende Informationspflichten geht, die Händler einhalten müssen, folgende Fassung:

h) im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B und gegebenenfalls Informationen über das Bestehen und die Platzierung der Widerrufsfunktion nach Artikel 11a;

Der Händler muss also vor Vertragsschluss Informationen zur Existenz und der Platzierung der Widerrufsfunktion zusammen mit den anderen Verbraucherinformationen „in klarer und verständlicher Sprache in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise“ zur Verfügung stellen.

Kein Sanktionsregime

Die Regelungen verzichten – anders als beim Bestellbutton – auf Sanktionen. Wer etwa seinen Bestellbutton nicht mit „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer vergleichbar eindeutigen Beschriftung versieht, den trifft die Sanktion, dass der Verbraucher nicht an den Vertrag gebunden ist. Werden Schaltflächen und die Bestätigungsseite nach § 312k BGB nicht entsprechend zur Verfügung gestellt, kann der Verbraucher jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Solche Sanktionen fehlen bei dem Widerrufsbutton. Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Fehlen nicht abgemahnt werden könnte. Zudem kommen Bußgelder bis zu 50.000 Euro und bei Unternehmen mit mehr als 1.250.000 Euro Umsatz bis zu 4 % des Jahresumsatzes nach § 19 i.V.m. § 5c UWG bei einem „weitverbreiteten Verstoß“ theoretisch in Betracht.

Fazit

Die Richtlinie enthält noch weitere Regelungen zu Chatbots und Robo-Advice-Diensten und Schutz vor manipulierten Kaufentscheidungen. Der Widerrufs-Button wird jedoch mit Sicherheit die berühmteste Neuerung sein. Der Handel sollte sich frühzeitig mit der Realisierung der gesetzlichen Vorgaben beschäftigen. Hier ist es nicht mit ein paar Texten getan. Wenn etwa Verlage sowohl Warenkaufgeschäfte als auch Abos im elektronischen Geschäftsverkehr anbieten, wird die Lösung der Aufgabenstellungen komplex.

nach oben