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Absatzmärkte Schwellenländer nutzen

14.06.2010  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: none.

In vier Schritten zu Ihrer globalen Wachstumsplattform

Unternehmen nutzen Chancen der Schwellenländer kaum

Deutsche Unternehmen müssen die Märkte in wirtschaftlichen Schwellenländern erobern, um auch in Zukunft auf globaler Ebene erfolgreich zu sein. Umsatzpotenzial von 120 Milliarden Euro

Deutsche Unternehmen haben die Bedeutung der Schwellenländer als Absatzmärkte in Summe noch nicht in ausreichendem Maße erkannt und sind meist noch unzureichend aufgestellt, um die enormen Wachstumschancen in Ländern wie China und Indien zu nutzen. Das geht aus einer aktuellen A.T. Kearney-Studie hervor, zu der 130 Industrieunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt wurden. So verfügt nur etwa jedes zehnte global agierende deutsche Industrieunternehmen in den Schwellenländern über den gleichen Marktanteil wie in seinem Heimatmarkt. Immerhin räumen 53 Prozent der Befragten den Schwellenländern einen hohen wirtschaftlichen Stellenwert ein. Die Unternehmen besitzen jedoch meist noch keine vollumfängliche lokale Wertschöpfung und bleiben daher auch oftmals hinter dem Wachstum der lokalen Wettbewerber zurück. Wenn deutsche Unternehmen in den Schwellenländern genauso präsent wären, wie in den westlichen Industrieländern, hätten sie 2009 etwa 120 Milliarden Euro mehr Umsatz gemacht. Ein Potenzial, dass in Zukunft noch sehr viel größer werden wird. Den A.T. Kearney-Experten zufolge ist für deutsche Unternehmen der Aufbau einer globalen Wachstumsplattform dringend erforderlich, um auf den Weltmärkten nicht den Anschluss zu verlieren.

„Deutsche Unternehmen müssen schleunigst umdenken. ‚Made in Germany‘ allein ist schon längst kein Garant mehr dafür, auf globaler Ebene erfolgreich zu sein. Weltweite Markführerschaft wird sich in Zukunft nur noch über die Schwellenländer realisieren oder halten lassen. Um jedoch in diesen Ländern Marktanteile zu gewinnen, müssen die deutschen Unternehmen ihre Stärken vor Ort ausspielen und wesentlich Teile ihrer Wertschöpfung lokal aufbauen“, sagt Dr. Martin Sonnenschein, Zentraleuropachef von A.T. Kearney: „Wachstum durch Innovation heißt vor diesem Hintergrund vor allem, die lokalen Marktanforderungen zu kennen und in Produkte und Prozesse zu übertragen. Das gilt auch für die Exportschlager aus dem Green- und Cleantech-Bereich.“

Über Jahrzehnte hinweg waren deutsche Unternehmen mit ihren Produkten weltweit führend – und dies mit einem rein deutschen Wertschöpfungsschwerpunkt. Um Lohnkostenvorteile auszugleichen wurden nach und nach einzelne Wertschöpfungsbereiche – allen voran die Produktion und der Einkauf – in wirtschaftliche Schwellenländer verlagert. Aufgrund des rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs von Schwellenländern wie China oder Indien stellt sich jedoch die Frage, ob diese Maßnahmen für deutsche Unternehmen ausreichen, um weiterhin auf globaler Ebene wettbewerbsfähig zu bleiben.


Fortschreitende Globalisierung erfordert Umdenken

Die globalen Strukturen verändern sich in immer kürzeren Zyklen. China und Indien werden in naher Zukunft in vielen Branchen die dominanten Märkte sein.

In manchen Industrien kommen bereits heute schon die am schnellsten wachsenden und größten Unternehmen aus wirtschaftlichen Schwellenländern. „Wirft man einen genaueren Blick auf den großen wirtschaftlichen Erfolg dieser Unternehmen, erkennt man sehr schnell ein wiederkehrendes Muster: Lange wurde die Bedeutung der Unternehmen aus wirtschaftlichen Schwellenländern unterschätzt und deren Produkte – auch wegen des vergleichsweise geringeren Preises – als nicht wettbewerbsfähig angesehen“, erklärt Dr. Jürgen Rothenbücher, Leiter des Strategiebereichs von A.T. Kearney und Autor der Studie: „Dabei wurden die einzelnen Low-Cost-Marktsegmente nur wertmäßig – nicht jedoch in punkto Stückzahlen – betrachtet und damit als unwichtig bzw. nicht lohnenswert abgestempelt.“ In diesem „Windschatten“ konnten und können nach und nach Wettbewerber aus Schwellenländern heranwachsen, die zwar zunächst mit geringerer Produktqualität, aber mit rasant wachsenden Stückzahlen die lokalen Märkte bedienten, zunehmend auch in die anderen Schwellenländer exportierten und schließlich den gesamten Weltmarkt abdeckten. Gleichzeitig verbesserten diese Unternehmen ihr Know-how und konnten in vielen Fällen mittlerweile bei der Produktqualität zu den etablierten Unternehmen aufschließen. Haben diese Unternehmen erst einmal eine kritische Größe überschritten, sind sie kaum noch einzuholen.


„Become a global leader – everywhere“

Um auch in den boomenden Märkten der wirtschaftlichen Schwellenländer erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen die Kundenanforderungen mindestens gleich gut oder besser erfüllen als die lokalen Player. Die zentrale Fragen sind dabei: Wie sind Produktportfolios zu gestalten und bestmöglich auf die Kundenanforderungen auszurichten und mit welcher Wertschöpfungsstruktur und Organisation können die Kunden am Erfolg versprechendsten bedient werden?

Im Hinblick auf das Produktportfolio besitzen Unternehmen drei unterschiedliche Optionen: „Erstens global standardisierte Produkte wie beispielsweise chemische Grundstoffe, bestimmte Stähle, oder aber auch Computer-Chips. Zweitens globale Produkte mit leichten landesspezifischen Anpassungen, wie sie beispielsweise in der Automobilindustrie vorzufinden sind. Und drittens landesspezifische Produkte bzw. speziell für die Schwellenländer entwickelte Produkte, die auf die lokalen Kundenbedürfnisse ausgerichtet sind“, erläutert Rothenbücher.

„Natürlich sind landesspezifische Produkte auf die lokalen Kundenanforderungen am besten ausgerichtet. Global standardisierte Produkte oder globale Produkte mit leichten landesspezifischen Anpassungen haben gegenüber landesspezifischen Produkten den Vorteil, das ganze Volumen des Weltmarkts für Skaleneffekte zu nutzen und werden daher von vielen Unternehmen aus den Industrieländern favorisiert“, so Rothenbücher: „Allerdings sind in den Schwellenländern in vielen Branchen bzw. Segmenten die Marktanforderungen und Preisniveaus so unterschiedlich, dass man mit diesen universalen Produkten nicht erfolgreich sein kann. Dementsprechend sind schwellenländerspezifische Produkte zu entwickeln. Damit stellt sich die Frage, wie sich Unternehmen aus einem Industrieland als Global Player dennoch einen Wettbewerbsvorteil schaffen können.“

Wertschöpfungskette und Organisation eines Unternehmens sollten für jede Funktion wie Produktion, Einkauf, Sales und Services oder Forschung und Entwicklung (F&E) optimal ausgerichtet werden. Dabei sind die Funktionen in sich meist noch feinteiliger zu segmentieren: So kann beispielsweise im Bereich F&E die Serienentwicklung zentral und die Anpassungsentwicklung dezentral in verschiedenen Regionen angesiedelt werden. Damit lassen sich Skaleneffekte in der Serienentwicklung realisieren und die lokalen F&E-Einheiten können vom globalen Know-how profitieren.

Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Art und Weise, wie die lokale Organisation mit der globalen Organisation verbunden wird. So sollte einer neuen Geschäftseinheit ausreichend Raum gegeben werden, um sich unternehmerisch entfalten zu können und nicht durch die globale Organisation zu sehr eingeengt werden. Gleichzeitig sollte sie über einen breiten Zugang zu globalem Know-how verfügen, um sich von lokalen Wettbewerbern abheben zu können.

Die Organisation folgt typischerweise entlang der Elemente Produkt, Funktion bzw. Prozess, Region, Sektor bzw. Kundengruppe. Die neuen Wertschöpfungs- und Organisationsstrukturen sind für Unternehmen spezifisch und nach Kundenerwartungen, Wettbewerbssituation, Unternehmenszielen sowie Kultur und Historie auszurichten. So beeinflussen beispielsweise in der Automobilindustrie die Kundenerwartungen die Lokalisierung der F&E. Großkunden erwarten eine enge Zusammenarbeit für die gemeinsame Entwicklung neuer Produkte, um gut abgestimmt zu sein und schnell reagieren zu können. Dies erfordert dann lokale Entwicklungsteams auch in Schwellenländern.


Aufbau einer globalen Wachstumsplattform

Der Aufbau einer Plattform für globales Wachstum sollte vier Schritte umfassen, in denen es jeweils spezifische Fragen zu beantworten gilt.
  1. Bewertung des Status quo: Welcher Strategie und Struktur folgen die eigenen Produktportfolios? Wie ist die eigene Organisation gemäß Kunden, Wertschöpfung und Prozesse und geografischer Verteilung derzeit ausgerichtet? Welche Stärken, Schwächen und Wachstumshemmnisse lassen sich aus Ist- Produktportfolio und Ist-Organisation ableiten?


  2. Vertiefung des Marktverständnis und Erfassung des Potenzials in Schwellenländern: Welche spezifischen Anforderungen ergeben sich aus lokalen Trends, Kundenbedarfen und Wettbewerbsstrategien? Welche Zielmärkte und -segmente sind in fünf und zehn Jahren am Wichtigsten? Welche Geschäftssysteme und -dynamiken weisen die Zielmärkte auf? Welche spezifischen Anforderungen haben Endkunden und direkte Kunden entlang der Wertschöpfungskette? Was sind die jeweils wichtigsten Wettbewerber und wie ist deren Produktstrategie, Standortnetzwerk und Organisation zu bewerten?


  3. Entwicklung der Wachstumsplattform: Welche Produktanforderungen und Ziel-Preisgefüge lassen sich ableiten? Welche Prinzipien ergeben sich für die Weiterentwicklung des Produktportfolios sowie für Organisation und Wertschöpfung? Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der Aufstellung anderer global agierender Unternehmen? Wie sind Produktportfolio und die eigene Organisation auszurichten?


  4. Erfolgreiche Umsetzung: Welche verschiedenen Optionen gibt es, um die Wachstumsplattform zu entwickeln? Was sind dabei die wesentlichen Erfolgsfaktoren? Welchem Masterplan folgt die notwendige Transformation?
„Die dynamische Entwicklung der wirtschaftlichen Schwellenländer erfordert in den meisten deutschen Unternehmen ein radikales Umdenken und ein schnelles Handeln, um den neuen Dimensionen und der Geschwindigkeit der Veränderungen gerecht zu werden. Angesichts der wachsenden Bedeutung von Schwellenländern wie China und Indien entwickeln sich in vielen Branchen doppelt so große Weltmärkte – und damit enorme Wachstumschancen für die Unternehmen, die dort erfolgreich sind“, sagt Sonnenschein.

Um langfristig und nachhaltig erfolgreich zu sein, müssen global agierende Unternehmen zwingend die Märkte der wirtschaftlichen Schwellenländer erschließen und auch dort erfolgreich sein. Der erste Schritt zur Erreichung dieses Zieles ist eine Wachstumsplattform mit zugeschnittenen Produkten und Organisationsstrukturen. Für die deutschen Unternehmen, die auf den Stufen „Exportunternehmen“ oder „Globalisiertes Unternehmen“ stehen, wird es dabei darauf ankommen die nächste Stufe „Multiglobales Unternehmen“ zu erreichen.

In zahlreichen Branchen sind die Unternehmen aus den wirtschaftlichen Schwellenländern jedoch schon so stark, dass es nahezu aussichtlos erscheint, mit diesen in den Wettbewerb zu treten. In solchen Fällen bleiben dem deutschen Unternehmen nur die Alternativen Akquisition, Joint Ventures oder Partnerschaft – gemäß dem Motto „If you can’t beat them, join (or buy) them“.

„In Branchen, in denen noch Aussicht auf weltweite Marktführerschaft besteht, ist eine multiglobale Wachstumsplattform rasch aufzubauen. Diese Chance gilt es schnell zu nutzen“, so Rothenbücher.


Quelle: A.T. Kearney
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