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Bemessungsgrundlage nichtunternehmerische Kfz-Nutzung

09.11.2010  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Udo Cremer zur Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs

1. Nach einer von der Finanzverwaltung getroffenen Vereinfachungsregelung kann der Unternehmer bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung seines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs von dem ertragsteuerrechtlichen Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ausgehen und von diesem Wert für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten einen pauschalen Abschlag von 20 % vornehmen.

2. Diese Vereinfachungsregelung ist eine einheitliche Schätzung, die von einem Unternehmer nur insgesamt oder gar nicht in Anspruch genommen werden kann.

3. Der Unternehmer darf nicht von dem ertragsteuerrechtlichen Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ausgehen und sodann den prozentualen Abschlag für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten anhand der tatsächlichen Kosten ermitteln.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die aus vier Rechtsanwälten besteht. Für die private Kfz-Nutzung des Gesellschafters D erklärte die GbR bei der Umsatzsteuer eine unentgeltliche Wertabgabe in Höhe von 823,19 EUR und in ihrer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine entsprechend hohe Sonderbetriebseinnahme. Dieser Betrag errechnet sich ausweislich der Anlage zur Gewinnermittlung der Klägerin wie folgt:

Listenpreis in Höhe von 66.410 EUR x 1 % x 12 Monate = 7.969,20 EUR x 64,56 % = 5.144,91 EUR x 16 % Umsatzsteuer (das ist der im Streitjahr 2003 geltende Regelsteuersatz) = 823,19 EUR.

Der dabei angesetzte Prozentsatz von 64,56 folgt aus einer Aufstellung der konkret entstandenen PKW-Kosten nach solchen, die vorsteuerbehaftet sind, und solchen, die dies nicht sind:

ohne Vorsteuer mit Vorsteuer
Konto EUR EUR EUR
Tanken 2.606,93   2.606,93
Reparaturen 92,00   92,00
Kfz-Leasing 10.863,00   10.863,00
Kfz-Steuer und Versicherung 2.765,26 2.765,26  
Kfz-AfA 2.863,30 2.863,30  
Garagenmiete 1.814,88 1.814,88  
Gesamtkosten 21.005,37 7.443,44 13.561,93
Anteil in Prozent 100 35,44 64,56

Das Anlageverzeichnis für den PKW im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters D weist Anschaffungs­kosten für einen 1997 von privat erworbenen Oldtimer-PKW X in Höhe von 68.000 DM aus; daraus resultiert eine Absetzung für Abnutzung (AfA) von 2.863 EUR (bei einer Nutzungsdauer von 15 Jahren). Der Gesell­schafter D hat seit 2002 daneben einen Cabrio-PKW Y geleast. Dessen "Einstandspreis" in Höhe von 57.250 EUR zuzüglich 16 % Umsatzsteuer (= 66.410 EUR) hat der Gesellschafter D als Listenpreis der 1 %-Regelung zugrunde gelegt.

Das FA erließ am 21. April 2005 einen Änderungsbescheid zur Umsatzsteuer 2003, in dem es abweichend von der Umsatzsteuer-Jahreserklärung der Klägerin die Bemessungsgrundlage für den Wert der unentgeltlichen Wertabgabe erhöhte und eine um 196,81 EUR höhere Umsatzsteuer festsetzte. Das FA errechnete den Erhöhungsbetrag wie folgt:

Ertragsteuerrechtlicher Wert nach der 1 %-Methode = 7.969,20 EUR x 80 % = 6.375,36 EUR, darauf 16 % Umsatzsteuer ergibt 1.020 EUR, mithin eine Differenz zum erklärten Wert (823,19 EUR) in Höhe von 196,81 EUR.

Dementsprechend erhöhte das FA im Bescheid vom 19. April 2005 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2003 die Einkünfte der Klägerin sowie des Gesellschafters D.

Das Finanzgericht (FG) gab den nach erfolglosen Einsprüchen (Einspruchsentscheidungen vom 23. Juni 2005) erhobenen Klagen der Klägerin gegen den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2003 vom 21. April 2005 und der Kläger gegen den Bescheid vom 19. April 2005 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2003 statt. Es führte zur Begründung im Wesentlichen aus, das FA habe zu Unrecht die Kosten für die PKW-Nutzung nur um pauschal 20 % gekürzt, dadurch die Umsatzsteuer erhöht festgesetzt und die Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu hoch festgestellt. Die Umsatzsteuer sei vielmehr richtigerweise mit einem von der Klägerin konkret berechneten, rechnerisch unstreitigen Abschlag von 35,44 % auf die Kosten des Kfz zu berechnen. Die vom FA vorgenommene Erhöhung entbehre einer Rechtsgrundlage. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1670 veröffentlicht.

Die Revision des FA ist begründet (BFH-Urteil vom 19.5.2010, XI R 32/08). Die Klägerin hat die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe durch private PKW-Nutzung ihres Gesellschafters D unzutreffend ermittelt. Entgegen der Auffassung des FG ist die von der Finanzverwaltung insoweit in Tz. 2.1 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 864 getroffene und in den angefochtenen Bescheiden vom FA angewendete Vereinfachungsregelung eine einheitliche Schätzungsmethode, die für die Ermittlung des Anteils der mit Vorsteuer belasteten Kosten anhand der tatsächlichen Verhältnisse keinen Raum lässt. Die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs ist unter den hier unstreitigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen.

Als Bemessungsgrundlage sind dabei gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die Kosten anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Demgemäß sind die Kosten, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, auf die privaten und unternehmerischen Fahrten aufzuteilen. Soweit diese Kosten und der Umfang der privaten und unternehmerischen Fahrten nicht ermittelt werden können, sind sie gemäß § 162 AO zu schätzen. Diese Schätzungsbefugnis hat auch das FG, wenn eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Die Schätzung muss in sich schlüssig sein; ihre Ergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein. Die gewählte Schätzungsmethode muss dem Ziel gerecht werden, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist der ertragsteuerrechtliche Wert der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, wonach die private Nutzung eines Kfz für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen ist (sog. 1 %-Regelung), für das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich kein geeigneter Maßstab, um die Kosten, soweit sie zum Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG), auf die Privatfahrten und die unternehmerischen Fahrten aufzuteilen. Gleichwohl lässt es die Finanzverwaltung bei der Umsatzbesteuerung aus Vereinfachungsgründen zu, dass der Unternehmer bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung seines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs von dem ertragsteuerrechtlichen Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ausgeht und von diesem Wert für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten einen pauschalen Abschlag von 20 % vornimmt (BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 864, Tz. 2.1).

Davon abweichend ist die Klägerin bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die nichtunternehmerische PKW-Nutzung durch ihren Gesellschafter D zwar von dem ertragsteuerrechtlichen Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ausgegangen, hat aber von diesem Wert für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten keinen pauschalen Abschlag von 20 % vorgenommen, sondern den prozentualen Abschlag anhand der tatsächlichen Kosten ermittelt. Dies ist nicht zulässig. Die von der Finanzverwaltung in Tz. 2.1 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 864 getroffene Vereinfachungsregelung ist eine einheitliche Schätzung, die von einem Steuerpflichtigen nur insgesamt oder gar nicht in Anspruch genommen werden kann. Denn diese Schätzung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG wird im Ergebnis nicht dadurch richtiger, dass vom für das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich nicht geeigneten pauschalen Wert der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nunmehr konkret ermittelte Kosten abgezogen werden.

Will der Unternehmer geltend machen, dass bei ihm besondere Verhältnisse gegeben sind, die durch diese Schätzung nach Tz. 2.1 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 864 nicht zutreffend erfasst werden, bleibt es ihm unbenommen, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung seines Fahrzeugs eine der beiden anderen im BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 864 unter Tz. 2 aufgeführten Methoden zu wählen, die sog. Fahrtenbuchregelung (Tz. 2.2) oder die Schätzung des nichtunternehmerischen Nutzungsanteils (Tz. 2.3).

Quelle: Udo Cremer

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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