01.02.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Computerkriminalität wird zu einer immer größeren Bedrohung für deutsche Firmen. Jedes vierte Unternehmen war in den letzten zwei Jahren Opfer von e-Crime. Besonders betroffen war die Finanzdienstleistungsbranche. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG unter Führungskräften aus 500 Unternehmen aller Branchen und Größen. Zwei Drittel der Befragten rechnen damit, dass die Bedrohungslage sogar noch weiter zunimmt.
85 Prozent der in den letzten beiden Jahren von e-Crime betroffenen Unternehmen gaben an, dass die Angriffe immer komplexer werden, nicht zuletzt durch die zunehmende Verbreitung mobiler Telekommunikation. Die Täter werden dadurch schwerer zu identifizieren. Offenbar ist es für die Unternehmen zunehmend ein Problem, e-Crime-Delikte überhaupt zu erkennen. Immer öfter werden die Angriffe von professionell organisierten Gruppen ausgeführt (laut 77 Prozent der Befragten) und sind ganz gezielt auf einen bestimmten Geschäftsbereich oder auf bestimmte Daten ausgerichtet (laut 74 Prozent der Befragten). Die Attacken kommen verstärkt aus dem Ausland, beklagen 73 Prozent der betroffenen Unternehmen. China wird als die Hauptgefahrenquelle gesehen, gefolgt von Russland und dem restlichen Osteuropa. "Durch die Kombination von Professionalisierung, Internationalisierung und neuen Technologien entsteht eine völlig neue Bedrohungskulisse", warnt Alexander Geschonneck, Leiter des Bereichs Forensic Technology bei KPMG.
In dieses Bild passt auch eine Verschiebung innerhalb der Tätergruppe. Eine Mehrheit der von e-Crime betroffenen Unternehmen gab nämlich an, dass unbekannte Externe die Tat verübt haben. Bei der letzten Umfrage vor zwei Jahren standen noch die Mitarbeiter (aktuelle und ehemalige) an der Spitze der Tätergruppe. "Das mag auch damit zusammenhängen, dass zwar die Anzahl der e-Crime Delikte angestiegen ist und auch mehr Fälle festgestellt wurden, nicht aber im selben Maß auch mehr Täter überführt werden konnten", so KPMG-Partner Geschonneck.
Der mit Abstand häufigste Deliktstyp in den letzten beiden Jahren war der Computerbetrug, der bei 37 Prozent aller Unternehmen mit e-Crime-Vorfällen vorkam. Unter Computerbetrug fallen zum Beispiel Rogue Trading, die Ausnutzung von Kontrollschwächen zur Ausführung nicht genehmigter Transaktionen in Finanz-Handelsplattformen, aber auch Phishing, also das Erschleichen von vertraulichen Daten durch gefälschte Emails oder Webseiten. Von Computerbetrug in besonderem Maße betroffen (64 Prozent) war die Finanzdienstleistungsbranche. Betrachtet man nur die übrigen Branchen, ist der Datendiebstahl das nach wie vor am häufigsten festgestellte Delikt. Über alle Branchen hinweg zeigt sich im Vergleich zur Vorgängerstudie, dass die Manipulation von Konto- und Finanzdaten deutlich zugenommen hat.
Externe Web- und Mailserver waren in den letzten zwei Jahren Angriffsziel Nummer 1, gefolgt von Laptops sowie Rechnern und Workstations. Allerdings ist hier anzumerken, dass dies auch darauf zurückzuführen ist, dass gerade für diese Geräte ausgefeilte Detektionsmaßnahmen weit verbreitet sind. Im Übrigen ist hier nicht jeder Angriff mit einem Angriffserfolg gleichzusetzen. Als besondere Schwachstelle sehen die Unternehmen eher mobile Technologien wie USB-Sticks oder mobile Endgeräte, zum Beispiel Smartphones und Tablet PCs. Auch soziale Netzwerke und das sich dadurch verstärkende Risiko des Social Engineering werden mit Sorge betrachtet. Alexander Geschonneck: "Die Unternehmen erkennen Risiken durch neue Technologien, die von herkömmlichen Schutzmaßnahmen nicht erfasst werden."
Laut KPMG-Studie ist ein Schaden von mehr als 1 Mio. Euro pro e-Crime-Vorfall nicht ungewöhnlich, wobei manche Delikte innerhalb von zwei Jahren mehr als fünfzig Mal festgestellt wurden. Die Ermittlungs- und Folgekosten machen durchschnittlich ein Viertel der Schadenssumme aus und können in Einzelfällen ebenfalls mehr als 1 Mio. Euro betragen. Insbesondere die mit Reputationsschäden verbundenen Risiken werden in diesem Zusammenhang von den Unternehmen deutlich unterschätzt.
Überraschend: 87 Prozent der Unternehmen und sogar 96 Prozent der Finanzdienstleister nennen "Unachtsamkeit" als Hauptfaktor, der e-Crime-Vorfälle begünstigt hat. Mangelndes Risikobewusstsein, das Nichterkennen erster Anzeichen von Verdachtsfällen und eine nicht ausreichende Sicherheitskultur bereiten ebenfalls große Schwierigkeiten. Vor allem aber wiegen sich die Täter ganz offenbar in Sicherheit und rechnen damit, dass ihre Tat nicht sanktioniert wird - ein Wert, der im Vergleich zur letzten Studie sogar noch angestiegen ist.
Alexander Geschonneck: "Das müsste die Unternehmen wachrütteln. Delikte müssen konsequent zur Anzeige gebracht werden. Die technische Sicherheit der Systeme sollte dringend verbessert werden, ebenso wie das Risikoverständnis der Mitarbeiter und die damit verbundene Sicherheitskultur. Nur so steigt die Wahrscheinlichkeit, auch bisher unbekannte Delikte feststellen zu können.
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