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Souveräne Kommunikation mit Patient:innen

06.02.2023  — Susann Damati.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Die Kommunikation zwischen Ärzt/innen und Patient/innen ist ein weites, herausforderndes Themenfeld. Aber was ist der Schlüssel für klare Kommunikation und ein respektvollen, konstruktiven Umgang?

Susann Damati

Susann Damati, Projektmanagerin & Gesundheits-Coach mit dem Fokus Bewegung und Stress-Resilienz, stellt drei Fragen an:

Dr. Susann Esche-Belke

Fachärztin Allgemeinmedizin, Autorin, MBSR Lehrerin. Dr. Esche-Belke schulmedizinisches Wissen mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der ganzheitlichen Mind-Body Medizin. Ihr Focus liegt in der funktionellen Therapie von Hormon- und Autoimmunstörungen.

Die Kommunikation zwischen Ärzt/innen und Patient/innen ist ein weites, herausforderndes Themenfeld. Was ist Ihre wichtigste Grundregel für ein Gespräch, auch wenn es im Alltag hektisch zugeht?

Auch wenn es sich ein wenig oberflächlich, fast banal anhört: Ruhe bewahren, Sicherheit ausstrahlen.

Ich stelle mir oft vor, dass die Patientinnen und Patienten eine weitere Anreise hatten, im Stau oder der vollen Metro Zeit verbracht haben, in Sorge sind, im Stress (jeder hat ja Stress) und oft auch lange auf einen Termin warten mussten. Natürlich haben sie dann das Gefühl, jetzt endlich an der Reihe zu sein. Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass einem Arzt (in der Kassenmedizin) ein ca. 7 minütiges Zeitkontingent zur Verfügung steht.

Die meisten Patient/innen haben oftmals bereits negative Erfahrungen in Praxen gemacht. Das führt dann zu einer gegebenenfalls negativ eingefärbten Erwartungshaltung.

In der Psychologie kennen wir dieses Phänomen als „Pygmalion-Effekt“: Den Einfluss, den die Erwartungshaltung auf das Verhalten des Gegenüber hat.

Am Beginn der Konsultation frage ich oft: "Wie geht es Ihnen?“ Diese einfache Frage wird meines Erachtens beim Arztbesuch viel zu selten gestellt. Manche Patienten reagieren entsprechend fast erstaunt. Dabei ist es ein fundamental wichtiger Einstieg in ein Gespräch und lässt Raum für wichtige Informationen.

„Eigentlich geht es mir ganz gut, aber…..“ Oder: „Es läuft alles, aber die Erkältung schwächt mich.“

Dann ist der Fall natürlich einfach. Doch in den meisten Situationen kommen Patienten auch mit einer Botschaft hinter dem Symptom. Besonders Rückenschmerzen, Magen-Darm Störungen oder auch Kopfschmerzen haben einen engen Bezug zu stressbedingten und seelischen Befindlichkeitsstörungen und Erkrankungen. Die psychosomatische Komponente kann hier mit Übung und Aufmerksamkeit gut herausgearbeitet werden, nachdem schulmedizinische Ursachen ausgeschlossen wurden.

Hier wird es spannend: Was steht hinter der Beschwerde und was verstärkt sie?

Welche Verhaltensänderung kann bessere Gesundheit fordern?

Die Motivation ist hier wichtig, damit sich ein nachhaltiger Erfolg in der Umsetzung einstellt. Ich versuche zu motivieren, Gewohnheiten zu ändern und so am eigenen Gesundwerden mitzuwirken.

Ich versuche, mich in den Patienten hineinzuversetzen.

Wenn ein Patient mit etwas vermeintlich Banalem anfängt, frage ich oftmals nach, ob es bestimmte Sorgen sind, die zu seinem Besuch geführt haben, ob es eine konkrete Vorstellung gibt, was es sein könnte. Ob jemand im nahen Umfeld etwas Ernsthaftes habe. Als Reaktion darauf erfahre ich häufig: „Mein Bruder hat gerade …, mein Kollege liegt plötzlich im Krankenhaus.“ Es ist wichtig, erste negative Gefühle im Raum nicht automatisch auf sich zu beziehen und genauer nachzufragen und hinzuhören.

Kurzum: Der emotionale Einstieg in ein Gespräch ist wichtig, schafft Vertrauen, gibt Sicherheit.

Mit manchen Patienten, die sehr fahrig und unkoordiniert wirken, mache ich eine kurze Atemübung. Ich bitte sie dann, sich zu sammeln und mir mitzuteilen, was für sie jetzt am Wichtigsten erscheint. Auch wenn es beim Erstkontakt etwas aufwändiger erscheint, spare ich längerfristig Zeit und sorge so auch rasch für meine Balance.

Auch wenn ich meinen Patienten das Gefühl geben möchte, in einem Behandlungsteam auf Augenhöhe zu sein, muss ich das Gespräch leiten.

Bei chronischen Erkrankungen geht es oft nicht um eine komplette Heilung, sondern darum, in der Erkrankung die bestmögliche Lebensqualität zu erreichen und das Maximale an Verbesserung anzustreben. In diesen Gesprächen bin ich offen, bleibe aber auch direkt und zeige auf, welche Therapien keinen Nutzen haben, nur viel Geld kosten und ggfs. schädlich sind.

Was tun Sie für sich selbst, um trotz Zeitdruck aufmerksam und präsent zu bleiben?

Meine Grundregel ist es, mich selbst zwischen zwei Gesprächen kurz zu sammeln, mich selbst wahrzunehmen und ein paar tiefe Atemzuge nehmen. Brauche ich einen kleinen Snack? Das klingt alles sehr banal, meine Erfahrung ist aber, dass bedingt durch Zeitdruck gerne vergessen wird, auf die eigenen Grundbedürfnisse zu achten.

Generell denke ich, eine Arzt-Patienten-Kommunikation erfordert Ruhe, Sachlichkeit und Empathie. Es sollte Respekt und Wertschätzung auf beiden Seiten geben.

Ich freue mich über Patientinnen und Patienten, die mir Wertschätzung entgegen bringen. Wenn es aber im Wartezimmer voll ist, und ein Patient kommt mit 10 Punkten in die Akutsprechstunde, dann passt da was nicht. Am Beginn meines Arbeitens habe ich das meist mitgemacht, um dann durch noch schnelleres Arbeiten den Zeitplan einzuhalten oder Überstunden zu machen. Heute hake ich ein und sage ganz klar, was möglich ist und was eben nicht.

Patienten, die wissen, dass ich mir Zeit nehme und ihnen Hilfestellung anbiete, haben Verständnis, wenn ich auch einmal etwas einfordere.

Wenn das nicht funktioniert müssen sich Arzt und Patient in seltenen Fällen auch trennen dürfen.

Leider ist das Gesundheitssystem in Bezug auf die Honorierung des ärztlichen Gespräches sehr veraltet. Es werden unnötige teure Untersuchungen veranlasst, die durch eine bessere Aufklärung verhindert werden könnten. Meine Sprechstunden sind Redesprechstunden. Die personalisierte Einschätzung und Anpassung an den Patienten ist Teil der Heilkunst und bedarf eben Zeit.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Menschen Medikamente nehmen und Untersuchungen hatten, aber gar nicht wissen WAS sie eigentlich haben, oder was sie tun können um gesünder zu werden.

Ich sage meinen Patienten ganz klar, wenn meine Expertise nicht zum fachlichen Thema passt.

„Gerne unterstütze ich Sie bei XY, beim Thema Z möchte ich Sie zu meinem Kollegen schicken, der auf diese Fragen spezialisiert ist“. Punkt.

Schwierige Fakten konstruktiv formulieren: Wie geht das?

Ein gängiges Beispiel: „An Ihren Hüftschmerzen ist das Gewicht schuld, da können Sie so viel Sport machen, wie Sie möchten.“

Natürlich ist ein zu hohes Gewicht langfristig gesundheitsschädlich und sollte thematisch angegangen werden.

Schuldzuweisungen führen selten weiter.

Besonders unsere Zivilisationskrankheiten (Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht, Süchte) erfordern vom Arzt eher ein Motivationscoaching. Wir brauchen einen anderen Blick.

„Was sind die Wurzeln? Wofür steht das viele Essen? Durch was kann es positiv ersetzt werden?“ Motivation, Hoffnung, Stärken entwickeln und die eigenen Ressourcen kräftigen, darum geht es oftmals.

Ein sanfter Einstieg: „Wie bei vielen anderen Menschen in Ihrer Lebensphase ist das Gewicht ein großes Thema, Der Stoffwechsel verändert sich und das Abnehmen scheint nicht mehr so gut zu klappen. Wir können gemeinsam einen Plan entwickeln, wie sie Ihre Ernährung gezielt umstellen und die passende Bewegung in ihren Alltag einbauen können. Vorher sehen wir uns die Laborwerte an, um sicher zu gehen, in welche Richtung Sie sportlich aktiv werden können.

Das ist konkret, die Patientin wird mit einbezogen und kann aktiv mitmachen.

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