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EuGH: Zur Widerrufsbelehrung und Widerrufsformular in der Printwerbung

01.03.2019  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 23.01.2019 in einem vom Autor Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER –KÖLN geführten Verfahren ein Urteil gefällt, das erhebliche praktische Auswirkungen vor allem im Print-Werbebereich hat.

Es ging um Vorlagefragen, die der Bundesgerichtshof (BGH) dem Gerichtshof in Luxemburg im Revisionsverfahren vorlegte. Die Wettbewerbszentrale hatte ein Printwerbemittel (6-seitiger Werbeflyer mit Postkarte) u.a. mit der Begründung abgemahnt, dort sei die Widerrufsbelehrung nicht komplett aufgeführt und es fehle das Musterwiderrufsformular. Die Beklagte hatte sich darauf berufen, das Werbemittel enthalte zu wenig Platz für alle Informationen. Lesen Sie, wie Sie künftig mit den Verbraucherinformationen in gedruckten Werbemitteln umgehen müssen.

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Werbemittel mit wenig Raum und Zeit

Für Werbemittel mit wenig Raum und Zeit enthält das Gesetz Privilegierungen, nach denen nicht alle Verbraucher-Informationen im Werbemittel selbst aufgeführt werden müssen. Die Verbraucherrechterichtlinie (VRRL), auf der das Gesetz beruht, steht auf dem technischen Stand von 2008 und geht etwa von kleinen Mobilfunkdisplays aus, die davon betroffen sein könnten.

Die Parteien stritten darum, ob auch ein herkömmliches Printwerbemittel unter die Privilegierung fallen kann. Der EuGH (Urteil vom 23.01.2019, Az. C‑430/17) bejaht in Übereinstimmung mit der Beklagten diese Frage:

Insoweit ist Art. 8 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2011/83 zum einen weit davon entfernt, den Gebrauch bestimmter Kommunikationsmittel zu verbieten, sondern begrenzt lediglich in einem klar abgegrenzten Rahmen den Inhalt der Werbebotschaft, die auf den Abschluss eines Fernabsatzvertrags mit einem Verbraucher gerichtet ist.

Ausgewogenes Gleichgewicht

Nach Auffassung des EuGH, die sich auch hier mit der Argumentation des beklagten Versenders deckt, zielt die Ausnahmevorschrift darauf ab, „ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sicherzustellen“. Die Richtlinie sei weit davon entfernt, den Gebrauch bestimmter Kommunikationsmittel zu verbieten. Vielmehr werde lediglich in einem klar abgegrenzten Rahmen der „Inhalt der Werbebotschaft“ begrenzt. Damit ist die räumliche (oder zeitliche) Erweiterbarkeit eines Werbemittels kein Ausschlusskriterium für die Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift. Der Generalanwalt war zuvor in seinem Votum davon ausgegangen, dass der Unternehmer durch einen größeren Umfang des Werbemittels für genügend Platz sorgen kann.

Die Gerichte müssen jetzt im Einzelfall prüfen, ob ein Werbemittel im Sinne der Vorschrift wenig Raum oder Zeit bietet. Dabei ist die Werbebotschaft mit einzubeziehen und zu prüfen, ob bei einer Mindestgröße des Schrifttyps, die der Verbraucher noch lesen kann, alle vorgesehenen Rechtsinformationen für Verbraucher noch auf das Werbemittel passen. Es soll allerdings nicht auf die Aufteilung und Gestaltung des Werbemittels, das der Unternehmer gewählt hat, ankommen.

Kommt das Gericht zur Erkenntnis, dass ein Werbemittel mit beschränktem Raum und Zeit vorliegt, muss die Widerrufsbelehrung (insbesondere die Informationen über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung dieses Rechts) auch bei knappem Raum und Zeit komplett aufgeführt werden. Damit ist die deutsche Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in diesem Punkt europarechtswidrig. Danach sollte nur ein Hinweis auf das Bestehen des Widerrufsrechts genügen. Bestimmte andere Informationen, zu denen auch das Musterwiderrufsformular gehört, können dem Verbraucher an anderer Stelle zugänglich gemacht werden.

Fazit:

Das Urteil ist mit seinen knappen Gründen nicht einfach nachvollziehbar und wird den BGH, der im April dazu weiter entscheidet, vor einige Herausforderungen stellen. Erst nach dem BGH-Urteil wird man hoffentlich etwas mehr Klarheit erhalten. Deutlich geworden ist aber bereits jetzt, dass auch bei kleineren Werbemitteln die Widerrufsbelehrung komplett mit „Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts“ aufgeführt werden muss. Was zu geschehen hat, wenn selbst das nicht mehr in das Werbemittel hineinpasst (etwa Postkartenwerbung), ist offen geblieben. Prüfen Sie also Ihre Werbemittel auf den Platz und die Mindestinformationen. Dazu gehören nicht nur Widerrufsrecht, sondern beispielsweise auch Angaben zu Garantien, wenn damit geworben wird.

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