10.10.2016 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Der Playboy oder besser dessen Eigentümer, die Sanoma verklagte ein Niederländisches Medienunternehmen (GS Media), weil man dort auf Nacktfotos verlinkt hatte, an denen der Playboy die Rechte hielt. Als es Sanoma gelang, die rechtswidrig veröffentlichten Fotos beseitigen zu lassen, verlinkte man bei GS Media auf deren Medienseite GeenStijl kurzerhand auf eine andere Fundstelle im Netz. Dort befand sich das Foto ebenso rechtswidrig und ohne Genehmigung des Playboy.
Der EuGH entschied jetzt in einem der seltenen Fälle gegen das Votum des Generalstaatsanwalts. Offenbar sahen die Richter bei gewerblichen Unternehmen einen höheren Sorgfaltsmaßstab als bei privaten Nutzern.
„Im Übrigen kann, wenn Hyperlinks mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt werden, von demjenigen, der sie gesetzt hat, erwartet werden, dass er die erforderlichen Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk auf der Website, zu der die Hyperlinks führen, nicht unbefugt veröffentlicht wurde, so dass zu vermuten ist, dass ein solches Setzen von Hyperlinks in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werks und der etwaig fehlenden Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber zu seiner Veröffentlichung im Internet vorgenommen wurde. Unter solchen Umständen stellt daher, sofern diese widerlegliche Vermutung nicht entkräftet wird, die Handlung, die im Setzen eines Hyperlinks zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk besteht, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dar.“
EuGH, Urteil vom 8.9.2016 - C -160/15
Bei Webseitenbetreibern mit gewerblichen Angeboten, die ihre Webseiten mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben, sei die Kenntnis von der Rechtswidrigkeit verlinkter Werke zu vermuten.
Damit geht der EuGH einen problematischen Weg in der Haftungsfrage und das ohne Not, denn im konkreten Fall war das Medienunternehmen bereits auf die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung hingewiesen worden und hatte sich darüber hinweggesetzt. Damit hätte man eine Verurteilung schon rechtfertigen können.
Eigentlich hatten sich Beobachter auf eine Bestätigung der Linkfreiheit gefreut. Dies verhieß jedenfalls das Votum des Generalstaatsanwaltes. Auch die bisherige Rechtsprechung des BGH legte besonders Presseunternehmen keine besonderen Prüfungspflichten auf. Doch die Richter des EuGH knüpften jetzt an die Tatsache, dass das Medienunternehmen gewerblich handelte, auch Haftungsfragen. Dem könnte man zwar grundsätzlich zustimmen, wenn denn dann Private nicht mehr in Haftung genommen werden. Aber die Meinungsfreiheit bleibt dabei eher auf der Strecke. Denn wann handelt jemand gewerbsmäßig? Ist das der Journalist, der im Blogg veröffentlicht? Was ist mit der Gewinnerzielungsabsicht und z. B. gemeinnützen Vereinen? Der EuGH betonte zwar die Wichtigkeit der Linkfreiheit für die Meinungsfreiheit, einen Freibrief wolle man aber nicht erteilen.
Damit geraten jetzt auch eigentlich private Angebote in die Haftungsgefahr, wenn sie z. B. Google-AdSense-Angebote über die Seite flimmern lassen. Dafür bekommt man Geld, also ist eine gewerbliche Nutzung naheliegend.
Für Unternehmen wird Verlinken erst recht zum Risikospiel. Das Linkziel muss eigentlich juristisch überprüft werden. Zudem müsste man die Zielseite immer mal wieder (in welchen Abständen eigentlich?) prüfen, denn es könnten ja rechtswidrige Veröffentlichungen hinzutreten. Jedenfalls hat der EuGH nicht deutlich gemacht, ob das Urteil nur dann gilt, wenn etwa das Werk direkt verlinkt wird. Die Prüfung ist jedenfalls aufwendig und teuer. Unlängst hatte es der EuGH nicht beanstandet, als Youtube-Videos in fremde Seiten eingebettet wurden. Dort waren die Videos aber mit Wissen und Wollen des Rechteinhabers veröffentlicht worden und deshalb war diese Frage nicht das Problem. Jetzt aber heißt es in solchen Fällen wieder, zu prüfen, ob die Werke gerade dort rechtmäßig zugänglich gemacht worden sind. De facto wird man auf Verlinkungen verzichten.
Es bleibt zu hoffen, dass der EuGH recht bald Gelegenheit hat, dieses Urteil zu korrigieren oder zumindest zu präzisieren. Bislang bleibt nur ein Verlust an Freiheitsrechten zu konstatieren.
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