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Fachkompetenz vor Unabhängigkeit bei neuen Aufsichtsratsmitgliedern

04.04.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: ODGERS BERNDTSON Unternehmensberatung GmbH.

30 Prozent der Kontrollchefs halten die Unabhängigkeit ihrer Mitglieder für nicht wichtig / 70 Prozent fordern unverändert mehr Fachkompetenz in deutschen Aufsichtsräten / Aufsichtsratsvorsitzende sollten bei Neubesetzungen gezielt Kompetenzlücken füllen

Allen Forderungen und öffentlichen Diskussionen zum Trotz ist das Kriterium Unabhängigkeit bei der Zusammensetzung der Kontrollgremien für die Aufsichtsratschefs nur eines von vielen. Ihnen kommt es vielmehr auf die Fachkompetenz und die persönliche Integrität ihrer Mitglieder an. Dies ist das Ergebnis der aktuellen Studie zur Umsetzung der Regelungen und Empfehlungen für Aufsichtsräte, welche die Personalberatung Odgers Berndtson zum dritten Mal unter 350 Aufsichtsratsvorsitzenden deutscher börsennotierter Unternehmen durchgeführt hat.

"Unabhängigkeit wird in deutschen Aufsichtsräten trotz aller Bemühungen der Corporate Governance-Kommission höchst unterschiedlich gelebt", kommentiert Michael Proft, Partner bei Odgers Berndtson und Leiter der Studie, die Befragungsergebnisse. Für 30 Prozent der befragten Aufsichtsratschefs ist Unabhängigkeit nicht wichtig. 60 Prozent halten Unabhängigkeit auch dann noch für gewährleistet, wenn ein Aufsichtsratsmitglied mittelbar oder unmittelbar eine wesentliche Vergütung erhält, beispielsweise wenn ein früheres Vorstandsmitglied eine betriebliche Altersversorgung bezieht.

"Völlige Unabhängigkeit kann es nicht geben, daher gehen die Aufsichtsräte auch ganz pragmatisch mit dem Thema um", sagt Proft. Unabhängigkeit bedeutet für die Befragten vor allem, dass keine personellen und unternehmerischen Verflechtungen zwischen den einzelnen Mandaten bestehen (84 Prozent). Jeder zweite Aufsichtsratsvorsitzende fordert daher die Verringerung von Aufsichtsratsmandaten (42 Prozent) sowie die Vermeidung von Interessenskonflikten (53 Prozent). Allerdings sind drei weitere Mandate pro Aufsichtsratsmitglied im Schnitt akzeptiert.

Bei Neubesetzungen von Aufsichtsratspositionen gezielt Kompetenzlücken füllen

Fachkompetenz ist dagegen zum dritten Mal in Folge die Forderung Nr. 1 der Kontrollchefs. Mehr als 70 Prozent halten mehr Kompetenz in ihren Gremien für die wichtigste Voraussetzung, um der Aufsichtsrolle besser gerecht zu werden. Jeder zweite fordert hierfür außerdem eine engere Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Die Schaffung eines Berufsaufsichtsrats halten jedoch nur ein Fünftel der Befragten für eine geeignete Maßnahme. „Im Rahmen der 2013 anstehenden Neubesetzungen sollten Aufsichtsratsvorsitzende klare Anforderungsprofile für ihre Mitglieder erarbeiten und gezielt Kompetenzlücken füllen“, empfiehlt Michael Proft. „Auf diese Weise kann das fachlich-organisatorische Risiko deutlich vermindert und die Professionalität in den Gremien weiter erhöht werden.“

Zur Professionalisierung ihrer Aufsichtstätigkeit haben die Aufsichtsratschefs in den letzten drei Jahren diverse Maßnahmen ergriffen. U.a. haben sie die Geschäftsordnung des Vorstands überprüft (73 Prozent), die Berichtsprozesse systematisiert (63 Prozent) und die innere Organisation ihrer Gremien durch die Bildung von Ausschüssen optimiert (37 Prozent). Handlungsbedarf ergibt sich jedoch noch bei der Meinungsbildung: Bei ihrer Entscheidungsfindung verlassen sich die Kontrollchefs nach wie vor gern auf ihr eigenes Urteilsvermögen, auf Empfehlungen ihres direkten beruflichen Umfeldes oder ihres persönlichen Netzwerks. "Dies sollte zukünftig durch externe Experten untermauert werden, um die Entscheidungen sicherer zu machen," rät Proft. Externe Experten werden eher selten zur Informationsbeschaffung genutzt. Whistleblower und Social Media besitzen für die Aufsichtstätigkeit ebenfalls keine Relevanz.

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