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Frauenanteil in deutschen Vorständen steigt weiter leicht – aber 54 Frauen stehen 638 Männern gegenüber

09.07.2018  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ernst & Young GmbH.

Immer mehr Frauen schaffen es in die Top-Etagen deutscher börsennotierter Unternehmen: Im ersten Halbjahr dieses Jahres kletterte die Zahl der weiblichen Vorstandsmitglieder bei den 160 DAX-, MDAX-, SDAX- und TecDAX-Unternehmen von 49 auf 54. Damit sind zur Jahresmitte 7,8 Prozent aller Vorstandsposten bei diesen Unternehmen mit Frauen besetzt – ein neuer Rekordwert.

Zum Jahresbeginn lag der Anteil bei 7,2 Prozent, vor einem Jahr bei 6,9 Prozent. Im Verlauf der vergangenen drei Jahre ist die Zahl der weiblichen Vorstände damit immerhin von 31 auf aktuell 54 gestiegen.

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Vier Unternehmen werden derzeit von einer Frau als CEO geführt – seit Januar ist eine Vorstandschefin neu hinzugekommen: Antje Leminsky führt seit März das SDAX-Unternehmen GrenkeLeasing. Frauen sitzen außerdem bei den SDAX-Konzernen Hamburger Hafen und Logistik und DIC Asset sowie dem TecDAX-Unternehmen MediGene auf dem Chefsessel.

Trotz dieser Fortschritte bleiben die Vorstände der meisten Unternehmen eine Männerdomäne: 71 Prozent der Vorstandsgremien der Unternehmen sind ausschließlich mit Männern besetzt – in lediglich 29 Prozent der Unternehmen sitzt mindestens eine Frau im Vorstand.

Und wenn es eine Frau in den Vorstand schafft, sieht sie sich zumeist mehreren Herren gegenüber: Gerade einmal sieben der 160 Unternehmen beschäftigen mehr als eine Frau im obersten Managementgremium.

Das sind die Ergebnisse einer Analyse der Struktur der Vorstände der 160 im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX gelisteten Unternehmen, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (früher Ernst & Young) zweimal jährlich durchführt.

Trotz des höchsten Frauenanteils in den DAX-Vorständen seit Bestehen der Untersuchung wird es laut Ija Ramirez, Partnerin bei EY und Leiterin des Bereichs People Advisory Services, noch lang dauern, bis Frauen in deutschen Vorstandsgremien die Normalität sind und nicht mehr die Ausnahme: „Nach wie vor ist der Weg von Frauen in die Führungsspitzen der Unternehmen mühsam und steinig. In den Vorstandsetagen sitzen mehrheitlich Männer, daran hat sich in den letzten Jahren trotz freiwilliger Quoten und öffentlicher Debatten wenig geändert.“

Im derzeitigen Tempo wird erst 2040 ein Drittel der Vorstandsposten mit Frauen besetzt sein

Wenn die Zahl der Frauen in den Vorstandsgremien weiter so langsam steigt wie im ersten Halbjahr, wird es bis zum Jahr 2040 dauern, bis ein Drittel der Vorstandsposten mit Frauen besetzt ist.

Nach Ramirez‘ Einschätzung sind die Gründe für diese langsame Entwicklung vielfältig: „Anders als für Aufsichtsräte gibt es keine gesetzliche Quote für die Vorstandsgremien. Entsprechend ist der Druck längst nicht so groß, Frauen in den Vorstand zu berufen. Dass der Frauenanteil im DAX mehr als doppelt so hoch ist wie in den anderen Segmenten, die weniger im Fokus stehen, ist ein Indiz dafür, dass öffentlicher Druck und Imagefragen hier durchaus eine Rolle spielen. Die Entwicklung im DAX zeigt: Es ist möglich, den Frauenanteil deutlich zu erhöhen.“

Andererseits sieht Ramirez bei den meisten Unternehmen durchaus das Bestreben, den Frauenanteil im Vorstand zu steigern: „In so gut wie alle großen Unternehmen steht das Thema auf der Agenda. Und wenn ein Vorstandsposten frei wird, steht fast immer die Frage im Raum, ob die Vakanz mit einer Frau gefüllt werden kann. Allerdings gibt es oft nicht übermäßig viele weibliche Kandidaten mit ausreichender Managementerfahrung und Qualifikation. Vorstandstaugliche Frauen sind heute sehr gesucht.“

Das allerdings sei auch auf die nach wie vor problematischen Strukturen und Karrierewege in den Unternehmen zurückzuführen, so Ramirez: „In vielen Unternehmen gibt es inzwischen zwar Programme zur Frauenförderung und Kurse für angehende weibliche Führungskräfte. Auch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht heute bei vielen Unternehmen ganz oben auf der Agenda. Aber dabei darf es nicht bleiben – und solche Programme dürfen nicht zu Alibi-Veranstaltungen verkommen. Es muss echten Druck von ganz oben geben.“

Zum Teil handele es sich aber auch um ein gesellschaftliches Problem, ergänzt Ramirez: „Noch immer sind es zumeist Frauen, die sich um die Kinder kümmern und dafür Abstriche bei der eigenen Karriere machen. Tradierte Rollenbilder sind da noch längst nicht überwunden. Es sind aber häufig genau diese Bilder, die erfolgreiche Frauenkarrieren schon früh im Keim ersticken.“ Ramirez rät daher Unternehmen, Frauen noch stärker zu motivieren und für eine Karriere zu interessieren: „Der Fachkräftemangel ist eine der größten mittelfristigen Herausforderungen für deutsche Unternehmen – wir können es uns einfach nicht leisten, dass so viele Frauen freiwillig oder unfreiwillig auf eine Karriere verzichten.“

DAX-Unternehmen mit einem Frauenanteil von 13,0 Prozent – SDAX- und TecDAX-Unternehmen kommen nur auf 5,1 Prozent

Den mit Abstand höchsten Frauenanteil weisen nach wie vor die DAX-Konzerne mit 13,0 Prozent auf. Die Zahl der weiblichen Vorstandsmitglieder stagniert allerdings bei 25. Inzwischen haben 21 der 30 Unternehmen mindestens ein weibliches Vorstandsmitglied, vor einem halben Jahr waren es nur 20 Unternehmen.

Deutlich gestiegen ist der Frauenanteil in den MDAX-Vorständen: Von 5,0 auf 6,9 Prozent, die Zahl der weiblichen Vorstände kletterte von 10 auf 14. Im SDAX wurden wie zu Jahresbeginn neun weibliche Vorstandsmitglieder gezählt. Da gleichzeitig allerdings acht Männer zusätzlich in die Vorstandsgremien berufen wurden, sank der Frauenanteil von 5,3 auf 5,1 Prozent. Im TecDAX stieg die Zahl der weiblichen Vorstandsmitglieder von fünf auf sechs, der Anteil wuchs von 4,3 auf 5,1 Prozent.

30 Prozent der weiblichen Vorstände für Operatives zuständig

Am häufigsten sind Frauen in den Chefetagen für operative Bereiche ihrer Unternehmen zuständig – etwa für Produktion oder Logistik: 30 Prozent der weiblichen Vorstandsmitglieder tragen Verantwortung für das operative Geschäft. Knapp jedes vierte weibliche Vorstandsmitglied (24 Prozent) verantwortet den Bereich Personal, 22 Prozent sind für sonstige Zentralfunktionen wie beispielsweise Marketing, Forschung oder Compliance zuständig.

Am höchsten ist der Frauenanteil mit jeweils 13 Prozent in der Finanzbranche sowie bei Telekommunikations- und Logistikunternehmen. Unternehmen aus der Rohstoffbranche und Handelsunternehmen kommen dagegen jeweils nur auf einen Anteil von unter fünf Prozent.

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