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Gesetzesänderung zu Mini- und Midijobs

28.10.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Taylor Wessing Deutschland.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem kürzlich von der Regierungskoalition veröffentlichten Gesetzesentwurf, nach dem zum 1. Januar 2013 u.a. eine Anhebung der Entgeltgrenzen bei geringfügigen Beschäftigungen sowie Beschäftigungen in der Gleitzone (Midijobs) erfolgen soll.

Einleitung

Bis zur Geringfügigkeitsgrenze von derzeit EUR 400,- (brutto) Monatsverdienst (§ 8 Abs. 1 Ziff. 1 SGB IV) können Beschäftigte ohne Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen oder Lohnsteuer beschäftigt werden (sog. Minijob). Die geringfügig Beschäftigten sind in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei. Allerdings muss der Arbeitgeber in der Kranken- und Rentenversicherung Pauschalbeiträge in Höhe von 13 % (Krankenversicherung) bzw. 15 % (Rentenversicherung) entrichten. Dies vermittelt den Beschäftigten dennoch keinen Schutz in der gesetzlichen Kranken- oder der Rentenversicherung. Im Hinblick auf die Rentenversicherung besteht für die geringfügig Beschäftigten die Möglichkeit, auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten um damit die Vorteile einer Pflichtversicherung in Anspruch zu nehmen (§ 5 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Bei einem solchen Verzicht müssen die Beschäftigten die Differenz zwischen dem vom Arbeitgeber entrichteten Pauschalbeitrag und dem regulären Rentenversicherungsbeitrag tragen (§ 168 Abs. 1 Ziff. 1b SGB VI).

In der sog. Gleitzone zwischen EUR 400,01 bis EUR 800,- (brutto) Monatsverdienst (§ 20 Abs. 2 SGB IV) haben die Arbeitnehmer nur verringerte Sozialversicherungsbeiträge zu tragen (sog. Midijob). Der Arbeitgeber zahlt hier den regulären, auf das Arbeitsentgelt entfallenden, Arbeitgeberanteil der Beiträge.

Der Gesetzesentwurf

Wie bereits angekündigt, plant die der Regierungskoalition eine Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze von 400,00 € / Monat auf 450,00 € / Monat (brutto). Hierzu hat sie nun einen Gesetzesentwurf vorgelegt (BT-Drucksache 17/10773), der voraussichtlich am 01.01.2013 in Kraft treten wird.

  1. Hintergrund der Gesetzesänderung ist - so der Gesetzesentwurf - die Anpassung der Höchstgrenzen für Mini- sowie Midijobs an die allgemeine Lohnentwicklung. Die Höhe der Einkommensgrenzen ist seit dem Jahr 2003 unverändert, obwohl die durchschnittlichen Löhne und Gehälter in den letzten zehn Jahren gestiegen seien.

  2. Entsprechend der Anhebung der Entgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung auf EUR 450,- brutto (§ 8 Abs. 1 SGB IV n.F.) soll auch die Gleitzone des § 20 Abs. 2 SGB IV künftig für Monatsverdienste von EUR 450,01 bis EUR 850,- brutto gelten.

  3. Darüber hinaus sollen geringfügig Beschäftigte nach dem Gesetzesentwurf zukünftig grundsätzlich versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sein. Wie bisher tragen die Beschäftigten den Differenzbetrag zum Pauschalbeitrag des Arbeitgebers. Sie haben allerdings die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien zu lassen (Rentenversicherungspflicht mit Befreiungsmöglichkeit). Damit wechselt der Gesetzgeber vom sog. Opt-In zum Opt-Out Verfahren. Durch diese Änderung soll laut der Gesetzesbegründung "das Bewusstsein der geringfügig Beschäftigten für ihre Alterssicherung gestärkt" und ihre soziale Absicherung erhöht werden.

    Wünscht der geringfügig Beschäftigte zukünftig eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, hat er dem Arbeitgeber gemäß § 6 Abs. 1b SGB VI n.F. einen schriftlichen Befreiungsantrag zu übergeben. Dieser leitet den Antrag an die zuständige Einzugsstelle (§ 28i Satz 5 SGB IV) weiter, deren Befreiungsakt für die Versicherungsbefreiung erforderlich ist. Die Befreiung gilt gemäß dem neu eingefügten § 6 Abs. 3 S. 2 SGB VI als erteilt (Fiktion), wenn die Einzugsstelle dem Antrag nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers widerspricht.

    Die Befreiung wirkt rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, sofern dieser den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung (spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang) gemeldet hat und die Einzugsstelle innerhalb der Monatsfrist nicht widerspricht. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des Monats, der auf den Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist für die Einzugsstelle folgt (§ 5 Abs. 4 S. 2 und 3 SGB VI n.F.).

    Bei mehren geringfügigen Beschäftigungen kann der Befreiungsantrag nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigung bindend.


  4. Für Beschäftigungsverhältnisse, die bereits vor dem 01.01.2013 bestanden, enthält der Gesetzesentwurf Bestandsschutz- sowie Übergangsregelungen.

    Gemäß dem neu eingefügten § 444 SGB III soll der Versicherungsschutz der bis zur Gesetzesänderung mehr als geringfügig Beschäftigten (Entgelt zwischen EUR 400,01 und EUR 450,- brutto) in der Arbeitslosenversicherung übergangsweise für bis zu zwei Jahre aufrechterhalten bleiben. Gleichzeitig wird diesen Beschäftigten ein Optionsrecht auf Befreiung von der Versicherungspflicht eingeräumt.

    Darüber hinaus soll ein neu eingefügter § 7 Abs. 3 SGB V die Krankenversicherungspflicht der zur Gesetzesänderung mehr als geringfügig beschäftigten und in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Beschäftigten für bis zu zwei Jahre sicherstellen. Dies soll allerdings nur gelten, sofern nicht die Voraussetzungen für die Familienversicherung vorliegen und der Beschäftigte dementsprechend anderweitig abgesichert ist. Auch hier soll den Beschäftigten die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht (auf Antrag) gewährt werden.

Praxishinweis

Die geplante Gesetzesänderung ermöglicht Arbeitgebern und Beschäftigten, im Rahmen der attraktiven Mini- sowie Midijobs eine höhere Monatsvergütung zu vereinbaren und weiterhin in den Genuss geringer Sozialversicherungs- sowie Steuerabzüge zu kommen.

Allerdings ist insbesondere aufgrund des geplanten Wechsels auf das sog. Opt-Out Verfahren im Zusammenhang mit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei geringfügiger Beschäftigung ein erhöhter Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber zu erwarten. Im Falle einer vom Beschäftigten gewünschten Befreiung fungiert der Arbeitgeber als Bindeglied zwischen Beschäftigtem und Einzugsstelle. Die Regierungskoalition geht hierfür von einem zusätzlichen Bearbeitungsaufwand von durchschnittlich 15 Minuten je geringfügig Beschäftigtem aus.

Begrüßenswert ist die geplante Regelung des § 229 Abs. 5 SGB VI n.F., nach der Selbständige, die gemäß § 2 S. 1 SGB VI wegen der Beschäftigung nicht geringfügig tätiger Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung nicht versicherungspflichtig waren und nun versicherungspflichtig werden würden, weil sie nur Arbeitnehmer beschäftigen, die wegen der Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze nunmehr geringfügig entlohnt beschäftigt werden (Entgelt zwischen EUR 400,01 und EUR 450,- brutto), auch nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung von der Rentenversicherungspflicht befreit bleiben sollen.

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