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Grundstückstausch als Anschaffung (Kommentar von Udo Cremer)

07.09.2010  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ihr Experte Udo Cremer erläutert, was bei einem Grundstückstausch zu beachten ist.

Überträgt der Eigentümer bei der Veräußerung eines nicht parzellierten Grundstücks eine Teilfläche ohne Ansatz eines Kaufpreises und erhält er dafür gegenüber der erwerbenden Gemeinde einen Rückübertragungsanspruch auf ein entsprechendes, parzelliertes und beplantes Grundstück, so schafft er dieses im Wege des Tausches i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG an.

Mit einem Schenkungsvertrag vom Dezember 1994 erwarben der Kläger und sein Bruder zu je ein halb von ihrem Vater ein 16.365 qm großes unbebautes Grundstück (Acker-Grünland und Waldfläche) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (Flur 2, Flurstück 001). Mit notariellem Kaufvertrag vom 2. Juli 1997 übertrugen der Kläger und sein Bruder das Grundstück als Ganzes auf die Stadt P, die sich verpflichtete, jedem von ihnen nach Vermessung der Grundstücksfläche ein ca. 700 qm großes Baugrundstück nach Wahl aus dem übertragenen Bestand entschädigungslos und ohne Bauauflage zurückzuübertragen. Zurückübertragene Mehr- oder Minderflächen sollten mit 50 DM je qm ausgeglichen werden. Die Erschließungskosten, Anliegerbeiträge und Ausgleichsmaßnahmekosten sollte der jeweilige Verkäufer (hier der Kläger) tragen.

Der Kaufpreis berechnete sich wie folgt: Für eine ca. 4.700 qm große Teilfläche, die Bauland werden sollte, wurden 50 DM je qm angesetzt. Von dieser Fläche wurden 1.400 qm abgezogen und nicht in Ansatz gebracht. Dies entspricht einer Fläche, die als Baugrundstücke auf den Kläger und dessen Bruder zurückübertragen werden sollte. Für die ca. 11.665 qm große Restfläche wurde ein Kaufpreis von 15 DM je qm angesetzt. Der Kaufpreis wurde nach der Umschreibung des Eigentums fällig. Besitz, Nutzen und Lasten einschließlich aller Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen sowie die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten sollten auf die Stadt P mit dem Tag der Kaufpreiszahlung übergehen. Die Stadt P wurde als Eigentümerin des Grundstücks Flur 2, Flurstück 001 in das Grundbuch eingetragen.

Nachdem die Stadt P den relevanten Bebauungsplan beschlossen und die erworbenen Grundstücksflächen vermessen hatte, übertrug sie mit notariellem Vertrag vom 3. Februar 2003 dem Kläger das unbebaute Grundstück Flur 2, Flurstück 002 (zuvor Teil des Flurstücks 001) mit einer Fläche von 844 qm. Hinsichtlich der übertragenen Mehrfläche von 144 qm verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung von 3.680,64 EUR (7.200 DM) als Ausgleichsbetrag. Dabei gingen die Beteiligten von einem Wert des übertragenen Grundstücks von 50 DM/25,56 EUR je qm aus. Mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 2003 verkaufte der Kläger das unbebaute Grundstück Flur 2, Flurstück 002 an die L GmbH für 83.000 EUR, wovon ihm am 30. Dezember 2003 61.427 EUR als Teilzahlung gutgeschrieben wurden.

Das FA sah in der Veräußerung des Grundstücks an die L GmbH einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang i.S. des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und setzte einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 60.000 EUR an. Dabei ging das FA von Anschaffungskosten in Höhe von 21.572,64 EUR aus. Mit Einspruch hiergegen machte der Kläger insbesondere Erwerbsaufwendungen von 15.391 EUR geltend. Im geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003 (Streitjahr) berücksichtigte das FA einen Veräußerungsgewinn von 23.035 EUR. Der Einspruch blieb ohne Erfolg, ebenso die Klage beim FG.

Das FG entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1941 veröffentlichten Urteil, das FA habe zutreffend den Erwerb des Grundstücks von der Stadt P und die Veräußerung an die L GmbH als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beurteilt und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 23.035 EUR angesetzt. Der Vertrag vom 2. Juli 1997 zwischen dem Kläger und der Stadt P bestehe aus einem Kauf- und einem Tauschgeschäft. Das wirtschaftliche Eigentum an der streitgegenständlichen Grundstücksfläche sei mit dem Tag, an dem die Stadt P den im Vertrag vom 2. Juli 1997 vereinbarten Kaufpreis an den Kläger gezahlt habe, auf sie übergegangen. Die Berechnung des Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG sei auch der Höhe nach zutreffend.

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Der BFH entschied, dass das FG zutreffend vom Vorliegen eines privaten Veräußerungsgeschäfts ausgegangen ist (Urteil vom 13.4.2010, IX R 36/09).

Ein entgeltlicher Erwerb ist auch im Wege des Tausches möglich. Die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts entsprechen dabei dem gemeinen Wert des weggegebenen Wirtschaftsguts. Nach diesem Grundsatz hat das FG zutreffend zunächst eine Anschaffung des Grundstücks Flur 2, Flurstück 002 seitens des Klägers von der Stadt P auf der Grundlage des Vertrags vom 2. Juli 1997 und mit der Veräußerung des beplanten Grundstücks an die L GmbH ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bejaht. Da die Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG von zehn Jahren frühestens mit Abschluss des Vertrags vom 2. Juli 1997 begann, war sie bei der Veräußerung am 23. Dezember 2003 an die L GmbH noch nicht abgelaufen.

Quelle: Udo Cremer

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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