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Haftung des Geschäftsführers bei Abmahnung

16.01.2013  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Es wird nicht oft oder gar regelmäßig realisiert, aber generell kann neben der juristischen Person bei einer Rechtsverletzung im Wettbewerbsrecht auch der Geschäftsführer einer GmbH mit in Haftung genommen werden. In der Praxis bedeutet das, dass der Geschäftsführer auch persönlich verpflichtet ist, eine Unterlassungserklärung abzugeben, wenn ihn eine Haftung trifft.

Inanspruchnahme nicht immer klar

Nicht immer ist für den Laien übrigens deutlich, dass er hier auch persönlich angesprochen wird. Oft wird die Abmahnung adressiert an die Firma "zu Händen der Geschäftsleitung". Manchmal kann man nicht einmal dem Abmahntext entnehmen, dass auch eine persönliche Inanspruchnahme gemeint ist. Auskunft gibt aber fast immer die vorformulierte Unterlassungserklärung. Steht dort etwas von "...Firma XY sowie Herrn Manfred Muster persönlich", dann haben wir es mit einem solchen Fall zu tun.

Sinnvoll oder Missbrauch

Die persönliche Inanspruchnahme kann durchaus sinnvoll sein. Das gilt z.B. für Fälle, in denen die juristische Person nur eine kleine UG oder Limited-Gesellschaft ist, die vielleicht noch im Ausland sitzt. Hier könnte die eigentlich leitende Person schnell mal eben die Firma wechseln und mit einer anderen weitermachen oder aber es wird schwierig, im Verstoßfall eine Vertragsstrafe gegenüber der finanziell schwach ausgestatteten Firma durchzusetzen.

Ansonsten wird eine Inanspruchnahme der Geschäftsführung persönlich eher in hartnäckigen Fällen angestrebt und gilt zumindest als besonders unfreundlicher Akt. Einer solchen Inanspruchnahme haftet auch der „Geruch“ an, sie erfolge zur „Gebührenoptimierung“, denn aufgrund des Umstandes, dass man hier gleich zwei Schuldner verfolgt, erhöht sich zumindest der Streitwert deutlich. Eventuell kann auch eine getrennte Verfolgung einen noch „höheren Erfolg“ bringen, was die Gebührenseite betrifft. Es gibt Fälle, in denen gegen die Gesellschaft eine Verfügung erwirkt wurde und die Geschäftsführer gesondert in getrennten Hauptsacheverfahren verklagt wurden. Allerdings können sich solche Maßnahmen getrennter Verfolgung schnell als rechtsmissbräuchlich darstellen (vgl. z.B. LG Bochum (Urteil vom 21. April 2010; Az. I-13 O 261/09).

Haftung jetzt begrenzt

Grundsätzlich haftet ein Geschäftsführer nur, wenn er den Verstoß kannte und die Möglichkeit hatte, ihn zu verhindern. Allerdings konnte sich ein Geschäftsführer nicht einfach damit herausreden, er habe von der Rechtsverletzung nichts gewusst. Das ist zwar denkbar, aber die Gerichte setzen hier strenge Maßstäbe an. Ein Geschäftsführer hat den Betrieb insoweit zumindest zu organisieren, dass sichergestellt war, dass eine systematische Rechtsverletzung nicht erfolgt. Bei einer wissentlichen Duldung der Taten eines Angestellten oder auch bei ausbleibender Kontrolle kommt also bereits eine Pflichtverletzung in Betracht und wird leicht angenommen.

In einem aktuellen Fall hat das Kammergericht Berlin (Urteil vom 13. November 2012, Az. 5 U 30/12) die Haftung eines Geschäftsführers jetzt mit ausführlichen Erwägungen mangels Pflichtverletzung abgelehnt. Dort waren Handelsvertreter eines Vertriebsunternehmens, welches im Haustürgeschäft für Gasverträge warb, mit falschen Angaben über die geschäftliche Verbindung zu einem Gasversorger aufgefallen. Solche Behauptungen sollten künftig unterlassen werden. Der Geschäftsführer war auch in Anspruch genommen und in I. Instanz mitverurteilt worden. Ihm konnte aber nicht nachgewiesen werden, dass er bereits in einem ersten Fall Kenntnis von den Behauptungen erhalten hatte. Auch allein der Umstand, dass hier Handelsvertreter, die nach Erfolg bezahlt wurden, eingesetzt wurden, sahen zumindest die Richter in der II. Instanz nicht mehr als ausreichend an. Diese Struktur mag zwar Verstöße begünstigen, allein weil der Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft Verantwortung trägt, reicht jedoch für eine persönliche Haftung in einem solchen Fall nicht aus. Haustürwerbung sei grundsätzlich zulässig und viele Werber bringen eben mehr Erfolg. Auch wenn erfolgsabhängige Bezahlung die Gefahr erhöhen mag, dass der eingesetzte Werber zu unlauteren Mitteln greift, ist sie zulässig. Die Vergütung war hier auch nicht so ausgestaltet, dass der Werber zwangsweise dazu hätte greifen müssen.

Pflichtverletzung des Geschäftsführers

Man muss eine konkrete Verletzung der Verkehrssicherungspflichten feststellen können. Diese Pflichten müssen den Geschäftsführer selbst treffen und nicht das Unternehmen. Nach § 43 Abs. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer einer GmbH in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Dazu gehört zwar auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass sich die Gesellschaft rechtmäßig verhält und ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt. Diese Pflicht trifft den Geschäftsführer aber nach Ansicht der Berliner Richter nur gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber Dritten.

Praxistipp

Das Urteil relativiert die Möglichkeit, den Geschäftsführer persönlich in Anspruch zu nehmen deutlich. Er ist nach wie vor verantwortlich, wenn er die Handlung selbst vornimmt. Auch wenn der Geschäftsführer die Rechtsverletzung kennt und nicht verhindert, haftet er persönlich.

Ansonsten wird es schwieriger, eine Haftung zu begründen. Allerdings wäre es denkbar, ein Urteil gegen die Gesellschaft auf Schadensersatz zu erstreiten und dann den Anspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer auf Schadensersatz zu pfänden.

 

Rolf Becker Unser Experte:

Rolf Becker ist Mitglied der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. GRUR und Mitglied des ECC-Club, eine Vereinigung zur Unterstützung des E-Commerce-Center Handel (ECC-Handel), die gemeinsame Forschungs-, Informations- und Beratungsinitiative von
  • Institut für Handelsforschung an der Universität zu Köln (IfH),
  • EuroHandelsinstitut (EHI) und
  • Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft (RKW)
und Mitglied in der Expertenrunde Recht der Stiftung Warentest (Finanztest). Weitere Tätigkeitsbereiche liegen im Gesellschaftsrecht, Vertriebsvertragsrecht und im Bereich der neuen Medien (also Softwareprojekte und Verkauf im Internet, in dem es auch wieder um Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Firmenrecht, Vertriebsvertragrecht usw. geht).
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