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Horváth-Studie: Deutsche Industrieunternehmen entwickeln sich gut – weil sie im Ausland wachsen

17.06.2024  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Horváth und Partners.

Die strukturelle Verbesserung der Kosten und Profitabiltät steht für große Industrieunternehmen in diesem Jahr ganz oben auf der Managementagenda. Für zwei Drittel der Vorstände hat das Thema größte Bedeutung. 66 Prozent bezeichnen die Verbesserung von Kosten- und Erlösstrukturen als „sehr wichtig“.

2023 lag das Thema noch an dritter Stelle. Im Zuge dessen setzt sich die Deglobalisierung der Unternehmen fort: aus Exportweltmeistern werden transnationale Organisationen. Investiert wird vor allem in die Wertschöpfungshubs Nord- und Mittelamerika, Asien (insbesondere China, Indien) und auch in Osteuropa. Deutschland ist das einzige Land, in dem die Unternehmen unterm Strich einen Abbau der Arbeitsplätze in den kommenden fünf Jahren planen. Im Westen Europas sieht es wenig besser in punkto Wachstum aus. Trotz hoher Kostenpriorität sind die Unternehmen optimistisch und rechnen mit steigenden Umsätzen in 2025.

Mit Ausnahme des Automotive-Sektors gehen die CxOs in allen Industriezweigen für das Gesamtjahr 2024 von konstanten oder leicht steigenden Umsätzen aus. Mit Blick auf 2025 sind die Aussichten positiv – keine Branche geht dann mehr von einem Rückgang aus, alle rechnen mit relevanten Umsatzsteigerungen. „Die Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Der Fokus auf Kostenmanagement – und auch Liquiditätsmanagement ist in der Priorität gestiegen, die Basis für Wachstum – zahlt sich aus. Die Unternehmen bedienen die Märkte zunehmend direkt aus den Regionen heraus mit eigenen Standorten. Das erweist sich als Erfolgsstrategie“, sagt Ralf Sauter, Partner und Industrieexperte bei der Managementberatung Horváth.

„Für den Standort Deutschland muss man aber sagen: Aufschwung sieht anders aus. Denn das Wachstum findet im Ausland statt, die Wertschöpfung wird immer dezentraler. Das ist Erfolgsfaktor, aber auch Herausforderung: Die Unternehmen müssen ihre Organisationsstrukturen dahingehend anpassen, dass die Regionen autonomer vom Headquarter agieren können.“

Frust über Rahmenbedingungen in Deutschland ist groß

Über die sich verschlechternden Standortbedingungen in Deutschland besteht Sauter zufolge großer Unmut und Unverständnis bei den Top Playern. Der Experte und Studienleiter hat persönlich im Rahmen der Studie intensive Gespräche mit 50 Vorständen und Geschäftsführungsmitgliedern international agierender Industriekonzerne geführt, insgesamt wurden CxOs aus 440 großen produzierenden Unternehmen gefragt. „Industriekonzerne mit Hauptstandort in Deutschland investieren zwar noch immer etwa 50 Prozent ihrer Kapitalaufwendungen hier, für Ersatz und neue Produktionen. Doch das bedeutet auch: die Hälfte der Investitionen fließen ins Ausland, und zwar die Wachstumsinvestitionen“, sagt Ralf Sauter, Partner und Industrieexperte bei der Managementberatung Horváth.

Nur die Hälfte der Investitionen verbleiben in Deutschland

Ein starker Fokus der deutschen Produzenten liegt in den USA, mehr als 12 Prozent an CAPEX fließen dorthin. „Nicht nur die Kostenstrukturen und Marktchancen sind hier attraktiv – das ökonomische Mindset ist ganz anderes. Die Industrie hat volle politische Rückendeckung, Wachstum wird gezielt gefördert“, so Horváth-Experte Sauter. Doch die Unternehmen stellen sich resilient auf und setzen nicht alle Karten auf den US-Markt, sondern orientieren sich beispielsweise auch weiterhin verstärkt nach Asien (rund 14 Prozent CAPEX), insbesondere China und Indien. „Die Unternehmen betreiben Derisking, ja, aber das heißt nicht, dass sie aus China rausgehen – im Gegenteil“, so Sauter.

Industrie will schneller werden

„China Speed“ gilt denn auch als Gebot der Stunde, um Produkte – an regionale Kundenbedürfnisse angepasst – schnell auf den Markt zu bringen und Einkaufs-, Produktions- und Vertriebsstrukturen aus dem Boden zu stampfen. So wollen die Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter verbessern.

Ein Problem mit Geschwindigkeit hat vor allem der Maschinenbau und dies am ausgeprägtesten in punkto Entwicklung. „Rund 20 Prozent schneller wollen die Unternehmen im gesamten Innovationszyklus werden“, erklärt Industrieexperte Ralf Sauter von Horváth. Dazu gilt es, das Spannungsfeld aus Qualitätsanspruch und Marktreife adäquat zu lösen. „Eine schnellere Produktion, die Qualitätseinbußen zur Folge hat, kann nicht die Lösung sein“, so Sauter. „Das Unternehmen muss Standards international gewährleisten – mit dem nötigen Fingerspitzengefühl in Bezug auf regionale Arbeitskulturen.“

Organisatorischer Umbruch steht bevor

Während die Wertschöpfungskette bereits umstrukturiert und dezentralisiert ist, sind es die Organisationsstrukturen der Horváth-Studie zufolge häufig noch nicht – oder nicht konsequent genug. „Kosten reduzieren reicht nicht, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die Unternehmen müssen Strukturen entwickeln, die den Regionen ein autonomeres Agieren ermöglicht. ,Decentral Empowerment‘ ist hier das Stichwort“, so Horváth-Experte Sauter. In international verzweigten Produktions- und Vertriebsstrukturen gelte es, die Zusammenarbeit dezentraler, agiler und kollaborativer zu gestalten, weniger hierarchisch und vom Headquarter gesteuert. „Die Daten- und IT-Infrastruktur dafür ist vorhanden – jetzt gilt es, den Kulturwandel in passenden Strukturen abzubilden.“

Immerhin: Die Neuordnung von Organisationsstrukturen wird von drei Viertel der produzierenden Unternehmen als relevantes Managementthema betrachtet – die Priorität ist im Vergleich zu 2023 um zwei Plätze im Ranking gestiegen.

Bild: Jeriden Villegas (Unsplash, Unsplash Lizenz)

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