02.06.2014 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI).
Etliche Initiativen der letzten Jahre führten nicht zum erhofften Erfolg, weil sie an der Umsetzung scheiterten. Insgesamt wachsen die Serviceumsätze der Industriegüterhersteller zu langsam – in den vergangenen zehn Jahren lagen sie lediglich bei rund 25 % des Gesamtumsatzes.
Gleichwohl gibt es zahlreiche Unternehmen, die ihr Servicewachstum erfolgreich vorangetrieben haben. Dazu zählen die multinationalen Konzerne ABB und Siemens, welche ganz gezielt in Servicewachstum investieren. Sie sind Beleg dafür, dass ein wachstumsstarkes Servicegeschäft neben einer Strategie und deren konsequenten Umsetzung auch einen Kulturwandel in den traditionell produktorientierten Industrieunternehmen erfordert.
„Es gilt, die klassischen Stärken eines Industriegüterherstellers um die eines modernen Dienstleisters zu ergänzen“, erklärt Michael Füllemann, Partner bei Bain & Company und Autor der Studie. „Der Service ist ein anderes Geschäft mit eigenen Regeln und Erfolgsfaktoren. Daher muss er mit einer speziellen Philosophie und angepassten Prozessen betrieben und von Menschen geführt werden, die sich für diese Aufgaben eignen.“
„Die zu vorsichtige Personalpolitik ist ein typischer Fall, wie für einen Industriegüterhersteller sinnvolle Prozesse zum Hemmschuh für das Wachstum des Servicegeschäfts werden“, so Bain-Experte Füllemann. „Deshalb ist neben einer überzeugenden Servicestrategie auch eine kulturelle Servicetransformation nötig, welche eine erfolgreiche Umsetzung ermöglicht.“
Servicewachstumsinitiativen von Industrieunternehmen zeigen eine Reihe von Besonderheiten, die im Rahmen einer Servicetransformation adressiert werden müssen. Hier geht es vor allem darum, eine geeignete Organisation und Kultur zu entwickeln und zu unterstützen.
Für eine erfolgreiche Transformation muss Service eine gleichberechtigte Instanz im Unternehmen werden. Die Serviceorganisation sollte durch eine Führungskraft im Topmanagement repräsentiert sein. Zudem gehört Service auf die Agenda jeder Vorstandssitzung. Alle Mitarbeiter müssen den Unternehmenswandel vom Produkt- zum Lösungsanbieter verstehen lernen. Voraussetzung dafür ist, die Serviceinitiative über alle Hierarchieebenen hinweg transparent zu kommunizieren. Die Mobilisierung der Mitarbeiter im Feld ist eine große Herausforderung, denn eine Servicewachstumsinitiative muss oft weltweit Tausende von Personen ansprechen und motivieren, von denen viele gar nicht an einem Unternehmensstandort arbeiten. Für die insgesamt eher zentral agierenden Industriegüterhersteller ist das eine ungewohnte Aufgabe.
Zentrale Bedingung für mehr Servicewachstum ist die Aufwertung dieses Bereichs innerhalb des Unternehmens. Schon heute erwirtschaftet der Service aller Industriegüterhersteller im Durchschnitt die Hälfte der Gewinne. Doch Servicemitarbeiter und -produkte gelten noch immer mehr als Folgegeschäft, denn als Teil des Kerngeschäfts.
In der Selbstsicht der meisten Industriegüterhersteller dominieren die technische Überlegenheit der Produkte und das Denken in großen Umsätzen. Für eine höhere Serviceorientierung müssen diese Aspekte systematisch erweitert werden. Dies bedeutet, dass auch überlegener Kundennutzen und das kleinere, aber sehr profitable, repetitive Servicegeschäft einen adäquaten Stellenwert einnehmen müssen.
Im Verlauf einer Servicetransformation sind auch Bedenken vor einem Macht- und Kontrollverlust im klassischen Produktgeschäft zu überwinden. Bei Industrieunternehmen überwiegen traditionell zentrale Entscheidungsprozesse. Service benötigt jedoch dezentrale Prozesse. Deshalb gilt es, einen organisatorischen Rahmen zu schaffen, der es den Mitarbeitern erlaubt, vor Ort selbstständig die notwendigen Entscheidungen zu treffen.
„Serviceerfolg hängt zu einem viel größeren Teil vom Menschen ab, als es im traditionellen Industriegütergeschäft der Fall ist“, resümiert Füllemann. „Entsprechend ist neben der richtigen Servicestrategie die Entwicklung, Motivation und Befähigung von Mitarbeitern weltweit von entscheidender Bedeutung.“