04.01.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesarbeitsgericht.
Die Beteiligten streiten um die Gestaltung des Internetzugangs für den. Die beteiligte Arbeitgeberin ist ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen. Sie betreibt in Deutschland mehr als 300 Filialen, in denen Bekleidungsartikel und Accessoires verkauft werden. Antragsteller ist der für die Filiale in B gebildete fünfköpfige Betriebsrat.
Die Arbeitgeberin hat mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die „Einführung und Anwendung von Hard- und Software zur Nutzung eines Intranet-/Internetanschlusses und zur Möglichkeit der Kommunikation mit E-Mails“ (nachfolgend: GBV Internet) geschlossen.
§ 1 Persönlicher und räumlicher Geltungsbereich
Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer in allen Betrieben des Arbeitgebers, mit Ausnahme der leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG, denen die Nutzung eines Intranet- und/oder Internetanschlusses und/oder die Möglichkeit der Kommunikation mit E-Mails eingeräumt wird sowie für die Arbeitnehmer, die Zugriff auf die Daten und Programme zur Nutzung der Hard- und Software haben.
…
§ 3 Datenerhebung und -auswertung
(1) Personenbezogene Daten der Verbindung, die bei der Nutzung von Hard- und Software zur Nutzung eines Intranet-/Internetanschlusses und zur Möglichkeit der Kommunikation mit E-Mails gespeichert und protokolliert werden und ihre regelmäßigen Auswertungen, sind in Anlage 2 dokumentiert.
...
(3) Zugriff auf Protokolle und Auswertungen hieraus im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets und/oder der Kommunikation mit E-Mails haben lediglich die hierfür berechtigten Administratoren (IT-Security Group) in S.
(4) Die regelmäßig erstellten Auswertungen gemäß Anlage 2 sind dem nationalen Security Manager, der nationalen Geschäftsführung sowie der nationalen HR-Leitung zugänglich.
§ 4 Vergabe von Nutzungsberechtigungen und Zugriffsberechtigung
(1) Die Nutzung des Intranets und Internets sowie die Möglichkeit der Kommunikation mit E-Mails ist den Arbeitnehmern nur aufgrund einer im Einzelfall von dem Arbeitgeber zu erteilenden persönlichen Berechtigung gestattet. Die Erteilung der Berechtigung obliegt dem Ermessen des Arbeitgebers. Die Überlassung der Nutzungsberechtigung, insbesondere die Weitergabe des persönlichen Passworts, an andere Personen ist untersagt.
…
§ 5 Grundsätze der Nutzung
(1) Die Nutzungsberechtigung für das Intranet und Internet und die Kommunikation mit E-Mails besteht ausschließlich zur Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis. Jedwede Nutzung aus anderen Gründen ist untersagt. Soweit Betriebsräte eine Nutzungsberechtigung haben, erstreckt diese sich auch auf die erforderliche Betriebsratsarbeit.
…
(4) Zuständig für die Administration des lokalen Netzwerks in Deutschland sind lediglich die mit der Systemverwaltung betrauten Personen. Informationen über die Inhalte von persönlichen oder Gruppenlaufwerken werden von den Administratoren nur auf Veranlassung der Geschäftsführer in Deutschland herausgegeben. Im Falle von persönlichen und Gruppenlaufwerken des GBRs und der Betriebsräte bedarf dies der vorherigen Zustimmung des GBR/BR.
Die Anlage 2 der GBV Internet bestimmt auszugsweise:
Der Proxy-Server protokolliert Datum, Uhrzeit, Benutzername, Quell-IP-Adresse, Ziel-IP-Adresse, Inhalt (i. W. komplette HTML-Seite), Zugriffsmethode, Datenmenge und Protokoll (HTTP, FTP …). Aus dem Proxy-Protokoll werden - neben nicht personenbezogenen Auswertungen - zurzeit regelmäßig in S die folgenden 3 personenbezogenen Auswertungen erstellt:
⋅ Top Benutzer, die trotz Warnhinweis zugegriffen haben
⋅ Aktivste Surfer
⋅ Aktivste Download-Benutzer
...
Dem Betriebsrat steht im Betriebsratsbüro ein Personal-Computer (nachfolgend: PC oder Rechner) zur Verfügung, zu dem die Mitglieder des Betriebsrats Zugang haben.
(…)
Am 15. Dezember 2009 leitete der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren zur Einrichtung eines Internetzugangs sowie zur Freistellung von der Gebührenrechnung ein. Nachdem die Arbeitgeberin am 17. Februar 2010 vor dem Bundesarbeitsgericht in einem Verfahren mit ähnlichem Gegenstand unterlegen war, eröffnete sie den ordentlichen Mitgliedern des Betriebsrats einen sog. personalisierten Internetzugang. Seither müssen sich die Mitglieder des Betriebsrats unter Verwendung ihres Vor- und Nachnamens am PC des Betriebsrats anmelden, um über diesen Rechner auf das Internet zugreifen zu können. Der von der Arbeitgeberin modifizierte Anmeldevorgang veranlasste den Betriebsrat, seinen Antrag im Verfahren zu ändern. Nunmehr verlangt er den Zugang zum Internet auf dem ihm zur Verfügung gestellten Rechner ohne personalisierte Anmeldung mit einer für alle Betriebsratsmitglieder einheitlichen Nutzeranmeldung. Er hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, den PC so einzurichten, dass alle Mitglieder über einen generellen „Account“ auf das Internet zugreifen können. Es müsse ausgeschlossen sein, dass die Arbeitgeberin im Einzelnen nachvollziehen könne, welches Mitglied des Betriebsrats sich wann im Internet welchem Thema widme.
(…)
Der Betriebsrat kann von der Arbeitgeberin nach § 40 Abs. 2 BetrVG für seine Mitglieder die Einrichtung eines einheitlichen Internetzugangs über den ihm zur Verfügung gestellten PC beanspruchen.
(…)
Danach kann der Betriebsrat für seine Mitglieder einen nicht personalisierten Zugang zum Internet über den im Betriebsratsbüro vorhandenen Rechner verlangen. Er darf einen solchen Zugang für erforderlich halten. Berechtigte Interessen der Arbeitgeberin stehen nicht entgegen. Konkrete Anhaltspunkte für eine Missbrauchsgefahr sind nicht dargetan. Zu Unrecht beruft sich die Arbeitgeberin auf Gründe des Datenschutzes. Für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen bei der Nutzung des ihm zur Verfügung gestellten Rechners hat der Betriebsrat selbst zu sorgen. Auch die GBV Internet steht dem Anspruch nicht entgegen.
Der Betriebsrat durfte den Zugang zum Internet über den im Betriebsratsbüro vorhandenen PC für sachdienlich erachten. Es liegt auch im Rahmen seiner pflichtgemäßen Beurteilung, wenn er von der Arbeitgeberin eine Einrichtung des Internetzugangs verlangt, die es der Arbeitgeberin nicht ermöglicht, die Internetnutzung durch die einzelnen Betriebsratsmitglieder personenbezogen nachzuvollziehen. Der Betriebsrat kann verlangen, dass diese Kontrollmöglichkeit der Internetnutzung durch Einrichtung eines Gruppenaccounts ausgeschlossen ist.
(…)
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18.7.2012, AZ 7 ABR 23/11 (in Auszügen)
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