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Kein Entzug des Dienstwagens aus "wirtschaftlichen" Gründen!

04.10.2010  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: none.

Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit einer Entscheidung des Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09) zur Frage, welche Anforderungen an eine Widerrufsklausel zu stellen sind, die den Arbeitgeber zum Widerruf der Dienstwagennutzung berechtigen, insbesondere ob ein Widerruf „aus wirtschaftlichen Gründen“ wirksam ist.

I. Einleitung

Das BAG sieht in der Gewährung eines Dienstwagens, bei der auch die private Nutzung erlaubt ist, einen geldwerten Vorteil, der zu der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers hinzuzurechnen ist. Deswegen hat das BAG bereits in seiner Entscheidung vom 19.12.2006 (9 AZR 294/06) bestimmte Anforderungen an eine Widerrufsklausel, die zum Widerruf der Dienstwagengewährung berechtigt, aufgestellt: Zum Einen muss der widerrufliche Teil (Geldwerte Vorteil durch den Dienstwagen) weniger als 25% der Gesamtvergütung ausmachen. Andernfalls verstößt eine Widerrufsklausel gegen § 308 Nr. 4 BGB und ist unwirksam.

Zum Anderen müssen, um dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und § 308 Nr. 4 BGB zu genügen, bestimmte Widerrufsgründe in der Klausel aufgeführt werden, die den Arbeitgeber zum Widerruf berechtigen. Der Arbeitnehmer muss erkennen können, in welchen Fällen er mit einem Widerruf rechnen muss. Eine Klausel, die die jederzeitige Widerrufbarkeit der Privatnutzung vorsieht, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers unwirksam (vgl. BAG, Urt. v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06).

Das BAG hatte sich bereits zuvor mehrfach mit der Wirksamkeit von Widerrufsklauseln in AGB beschäftigt und bestimmte Anforderungen an eine Widerrufsklausel aufgestellt. Im Hinblick auf übertarifliche Leistungen forderte das BAG (vgl. Urt. v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05) zum ersten Mal, dass Widerrufsgründe in eine wirksame Widerrufsklausel aufzunehmen sind. In dieser Entscheidung benannte das BAG wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers als taugliche Gründe. Zudem sah es das BAG als erforderlich an, den Grad der Störung (wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, negatives wirtschaftliches Ergebnis der Betriebsabteilung, nicht ausreichender Gewinn, Rückgang bzw. Nichterreichen der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung, unterdurchschnittliche Leistung des Arbeitnehmers, schwerwiegende Pflichtverletzungen) zu konkretisieren.

Mit der Frage, welche konkreten Anforderungen an die Widerrufsgründe bei dem Widerruf der Gewährung eines Dienstwagens zu stellen sind, hat sich das BAG (BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09) in der Folgenden Entscheidung auseinandergesetzt.


II. Sachverhalt

In dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag war vereinbart, dass der Klägerin ein Dienstwagen gemäß der Konzern-Car-Policy auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Nach der Konzern-Car-Policy war Voraussetzung für die Überlassung eines Dienstwagens, dass sie unter Markt- und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist. Die Überlassung war zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen wegfielen. Nachdem eine Wirtschaftlichkeitsüberprüfung ergeben hatte, dass die Klägerin das Dienstfahrzeug deutlich weniger nutzte als angenommen, widerrief die Beklagte die Überlassung. Die Klägerin verlangte daraufhin von der Beklagten, ihr den Dienstwagen weiterhin zur Verfügung zu stellen.


III. Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin Recht und verwies die Entscheidung zurück an das Landgericht, da dieses nicht festgestellt habe, ob es sich bei der Konzern-Car-Policy um eine Betriebsvereinbarung oder um eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag handele. Die Entscheidung hänge von dieser Frage ab, da eine Betriebsvereinbarung gem. § 310 Abs. 4 S. 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle unterliege, eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag hingegen schon. Handele es sich um eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag, sei der in der Konzern-Car-Policy vereinbarte Widerrufsvorbehalt nach §§ 308 Nr. 4, 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Die Vereinbarung eines Widerrufsrechts zu Gunsten des Arbeitgebers sei nur angemessen, sofern es für den Widerruf einen sachlichen Grund gebe und dieser bereits im Arbeitsvertrag beschrieben sei. Der Arbeitnehmer müsse erkennen können, unter welchen Umständen ein Entzug der Leistung auf ihn zukommen könne. Die Angabe der „Wirtschaftlichkeit“ als sachlicher Grund genüge nicht. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit würde in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt, ohne dass die Grundlagen oder Grenzen der Wirtschaftlichkeit für den Arbeitnehmer erkennbar seien. Nicht jeder Grund, der die Wirtschaftlichkeit betreffe, sei ein anzuerkennender Sachgrund für den Entzug eines Dienstfahrzeugs. Die Klausel erlaube es jedoch dem Arbeitgeber, einen Entzug unter sämtlichen denkbaren Gesichtspunkten anzuordnen, die in irgendeinem Zusammenhang mit der Lage des Unternehmens oder Marktaspekten stehen und die es aus der subjektiven Sicht des Arbeitgebers nicht mehr sinnvoll erscheinen ließen, einen Dienstwagen zur Verfügung zu stellen. Unter diesen Umständen stelle die getroffene Vereinbarung keine angemessene Regelung dar und sei unwirksam.


IV. Praxishinweis

Das Bundesarbeitsgericht stellt mit dieser Entscheidung – zumindest in Bezug auf Dienstwagen – klar, dass ein Widerrufsvorbehalt, der sich allein auf „wirtschaftliche Gründe“ beruft nicht ausreicht. Insofern konkretisiert das BAG seine Rechtsprechung hinsichtlich der Anforderungen an einen Widerrufsvorbehalt. Nach der vorhergehenden Entscheidung des 5. Senats (Urt. v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05) hätte auch angenommen werden können, dass allein die Benennung von „wirtschaftlichen Gründen“ als Widerrufsgrund ausreichend ist. Es ist daher anzuraten, bei der Vertragsgestaltung von Widerrufsgründen sehr sorgfältig zu formulieren und diese ganz konkret zu benennen. Die Entscheidung des BAG zeigt zudem einen weiteren Lösungsweg auf, um einer AGB-Kontrolle zu entgehen. Die Dienstwagenregelung kann auch in Gestalt einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden. In diesem Falle unterliegt sie dann nicht mehr der AGB-Kontrolle und den daraus resultierenden strengen Anforderungen. Es kann sich daher empfehlen, Dienstwagenregelungen in Betriebsvereinbarungen zu treffen.


Quelle:Irene Bergmann, LL.M. / Taylor Wessing Berlin
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