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Keine Preisangabepflicht im Schaufenster

13.03.2017  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Bundesgerichtshof hat anlässlich eine Klage zu Preisangaben im Schaufenster neue Wege eingeschlagen. Die Preisangabepflicht besteht dort nicht. Über die weiteren Auswirkungen berichtet Rechtsanwalt Rolf Becker von WIENKE & BECKER - KÖLN im aktuellen Beitrag.

Der Bundesgerichtshof hat zur Preisangabepflicht bei Hörgeräten in Schaufenstern ein Urteil gefällt, dessen Reichweite weit über eine Präsentation von Ware im Geschäft hinausgeht. Auch im Online-Handel kann man davon profitieren.

Bislang konnte man davon ausgehen, dass die Preisangabenverordnung dem Händler die Pflicht auferlegt, hinreichend präzise beschriebene Ware auch mit einem Preis zu versehen. Generell war es Sinn der Preisangabenpflicht, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Information Preiswahrheit und Preisklarheit herzustellen und dem Verbraucher einfache Preisvergleichsmöglichkeiten zu eröffnen. Um ihm das zu ermöglichen, sollte er nicht erst gezwungen sein, den Laden zu betreten. § 5 Preisangabenverordnung sieht deshalb vor:

„Wer Leistungen anbietet, hat ein Preisverzeichnis mit den Preisen für seine wesentlichen Leistungen oder in den Fällen des § 1 Abs. 3 mit seinen Verrechnungssätzen aufzustellen. Dieses ist im Geschäftslokal oder am sonstigen Ort des Leistungsangebots und, sofern vorhanden, zusätzlich im Schaufenster oder Schaukasten anzubringen.“ Entsprechende Regelungen gelten in § 4 zu Warenangeboten. Das OLG Hamburg hatte vor einiger Zeit eine Angabepflicht für ein Beerdigungsunternehmen verneint, weil ein bloßer Einblick in die Geschäftsräume ohne Hervorhebung von Waren die Angabepflicht nicht auslöse (Urteil vom 08.05.2013, Az.: 5 U 169/11).

Der BGH geht jetzt unter Berufung auf europäische Rechtsprechung viel weiter. Hintergrund ist die Entscheidung des EuGH (Europäischer Gerichtshof vom 07.07.2016 (EuGH, GRUR 2016, 945 Citroën/ZLW Rechtssache C-476/14). Dort ging es um die Pflicht zur Angabe der Überführungskosten bei PKW. Der EuGH stellte in dem Vorabentscheidungsersuchen zu entscheidenden Fall fest, dass die Überführungskosten beim Autokauf Bestandteil des Verkaufspreises im Sinne der Preisangabenrichtlinie sind und in dem in der Werbung angegeben Verkaufspreis enthalten sein müssen.

Etwas versteckt enthielt die Entscheidung aber auch Ausführungen zu einem Angebot mit Sprengkraft, wie jetzt das aktuelle BGH-Urteil zeigt. Denn die EU-Richter stellten fest, dass die Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse vorgehende Regelungen zur Preisangabe enthält. Damit liegen Angebote bei einer Werbung vor, wenn

  • die Besonderheiten des beworbenen Erzeugnisses genannt sind,
  • ein Datum genannt wird, bis zu dem das "Angebot" gültig bleibt
  • und einen Preis, der aus der Sicht des Verbrauchers dem Verkaufspreis dieses Erzeugnisses gleichkommt.

Es sei Sache des Gerichts festzustellen, ob "alle" Voraussetzungen vorliegen. Noch deutlicher der BGH: "Die genannten Voraussetzungen müssen dabei kumulativ erfüllt sein."

Lässt also der Händler den Preis weg, ist das kein Angebot mehr. Daher regeln die Vorschriften nur noch "die Art und Weise, in der die Preisangabe bei sichtbar ausgestellten oder vom Verbraucher unmittelbar zu entnehmenden Waren zu erfolgen hat". Damit bestand keine Preisangabepflicht im Schaufenster.

Diese neue Definition eines Angebots kann aber weitergehende Auswirkungen auf den Handel haben. Bislang reichte es für ein Angebot, wenn der Verbraucher in der Lage ist, auf Grundlage der erhaltenen Informationen eine Entscheidung über den Kauf zu treffen. Dann musste auch online ein Preis angegeben werden. Geht man davon aus, dass auch § 1 der Preisangabenverordnung ein Angebot voraussetzt, könnte diese Pflicht künftig entfallen.


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