Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Konkurrenztätigkeit während des gesamten Bestehens des Arbeitsverhältnisses streng untersagt

16.08.2010  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: none.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 28.01.2010 (Az.: 2 AZR 1008/08) zur Konkurrenztätigkeit während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses

Der Newsletter beschäftigt sich in dieser Woche mit einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 28.01.2010 (Az.: 2 AZR 1008/08) zur Konkurrenztätigkeit während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses. Das BAG hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass einem Arbeitnehmer während des rechtlichen Bestehens des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil des Arbeitgebers untersagt ist. Hieran soll auch § 615 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach sich der Arbeitnehmer während des Annahmeverzuges des Arbeitgebers böswillig unterlassenen Erwerb auf seinen Verzugslohn anrechnen lassen muss, nichts ändern.


I. Einleitung

Oft kommt es vor, dass die gegenüber einem Arbeitnehmer fristlos oder auch ordentlich ausgesprochene Kündigung in einem Kündigungsschutzprozess einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält. Im Ergebnis besteht das Arbeitsverhältnis der Parteien dann über den Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung bis zum Ablauf der (ordentlichen) Kündigungsfrist oder sogar uneingeschränkt fort. Da der Arbeitnehmer regelmäßig während des Kündigungsschutzprozesses nicht weiterbeschäftigt wird, bestehen hier für den Arbeitgeber vor allem zwei Risiken: Zum einen das Risiko, Verzugslohn bezahlen zu müssen und zum anderen das Risiko, dass der Arbeitnehmer während dieser Zeit Konkurrenztätigkeiten ausführt. Dies vor allem, da sich der Arbeitnehmer im Falle des Annahmeverzuges seines Arbeitgebers auf den Verzugslohn nach § 615 Satz 2 BGB all dasjenige anrechnen lassen muss, was er böswillig zu verdienen unterlässt.


II. Sachverhalt

Dem Urteil des BAG lag folgender Sachverhalt zugrunde (vereinfacht dargestellt): Die klagende Arbeitnehmerin war bei einem ambulanten Pflegedienst (Arbeitgeber) als Diplomsozialarbeiterin beschäftigt und betreute dort einen regelmäßigen Patientenstamm von elf Personen. Am 20.06.2007 sprach der Arbeitgeber eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung aus, gegen welche die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage erhob. Am 20.09.2007 wurde diese Kündigung zurückgenommen. Am 21.07.2007 kündigten sieben von dieser Arbeitnehmerin betreute Patienten ihren Betreuungsvertrag mit dem Arbeitgeber und die Arbeitnehmerin erhielt per E-Mail eine Einstellungszusage eines Konkurrenzunternehmens, in welcher von der „Übernahme“ namentlich genannter Patienten der Arbeitnehmerin die Rede war. Am 19.10.2007 erhielt der Arbeitgeber eine von der Arbeitnehmerin am 24.09.2007 verfasste und an eine Patientin gerichtete E-Mail weitergeleitet. In dieser E-Mail hatte sich die Arbeitnehmerin bei dieser Patientin dafür entschuldigt, dass sie den Betreuungswechsel zu dem Konkurrenzunternehmen des Arbeitgebers ohne Rücksprache mit ihr durchgeführt habe. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin mit Schreiben vom 24.10.2007 fristlos und hilfsweise ordentlich. Am 31.10.2007 erhielt der Arbeitgeber Kenntnis von einer weiteren E-Mail der Arbeitnehmerin, in welcher diese einer Patientin mitteilte, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem Konkurrenzunternehmen des Arbeitgebers nicht zustande gekommen ist. Weiter erklärte die Arbeitnehmerin in dieser E-Mail, dass sie einen Antrag auf Zulassung als Leistungsanbieter für ambulantes betreutes Wohnen gestellt habe und der Patientin auch künftig – unentgeltlich – helfen möchte. Daraufhin sprach der Arbeitgeber am 02.11.2007 eine weitere fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung aus. Gegen diese Kündigungen ging die Arbeitnehmerin mit einer Kündigungsschutzklage vor.


III. Entscheidung

Das BAG hat das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 24.10.2007 als beendet angesehen. Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem die Aussage des BAG zu Konkurrenztätigkeiten eines Arbeitnehmers während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses.

Das BAG hat bestätigt, dass einem Arbeitnehmer während des rechtlichen Bestands seines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt ist. Zudem hebt das BAG deutlich hervor, dass dieses vertragliche Wettbewerbsverbot während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses gilt. Deshalb dürfe ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch nach Ausspruch einer von ihm gerichtlich angegriffenen außerordentlichen Kündigung keine Konkurrenztätigkeit ausüben. Er sei in der Regel auch während des Kündigungsschutzprozesses an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden.

Das BAG stellt zudem klar, dass hieran auch § 615 Satz 2 BGB nichts ändert. Hiernach muss sich ein Arbeitnehmer grundsätzlich auf einen ihm zustehenden Verzugslohn denjenigen Erwerb anrechnen lassen, den er verdient oder böswillig zu verdienen unterlassen hat. Das BAG stellte fest, dass im Unterlassen einer Konkurrenztätigkeit gerade kein böswilliges Unterlassen eines anderweitigen Erwerbes liege.


IV. Praxishinweis

Da anderweitiger Erwerb in der Regel nur in dem vom Arbeitnehmer erlernten Beruf sowie seiner Fachrichtung möglich sein wird, eine Konkurrenztätigkeit jedoch grundsätzlich nicht angenommen werden darf, mindern sich die Möglichkeiten einen anderweitigen Erwerb böswillig zu unterlassen durch diese Entscheidung des BAG erheblich.

Das BAG stellt in seiner Entscheidung lediglich dar, dass „grundsätzlich“ eine Konkurrenztätigkeit während der Dauer eines Kündigungsschutzprozesses zu unterlassen ist. Diese Aussage („grundsätzlich“) macht deutlich, dass das BAG durchaus die Auffassung vertritt, dass es Fälle gibt, in welchen der Sachverhalt anders zu werten und eine Konkurrenztätigkeit zulässig sein kann. Es sollte deshalb auch künftig – insbesondere für den Zeitraum einer Freistellung, zu welchem sich das BAG in dieser Entscheidung gerade nicht explizit äußert – nicht auf eine genaue Regelung diesbezüglich im Kündigungs- oder Freistellungsschreiben verzichtet werden. Insofern sollte klargestellt werden, ob das vertragliche Wettbewerbsverbot nach § 60 Handelsgesetzbuch auch während der Freistellung fortgelten soll.


Quelle: Dr. Ariane Pöhn / Taylor Wessing München
nach oben