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Dashöfer

Lieferung bei Preisfehler unzumutbar

23.09.2016  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Gleich 10 Exemplare eines Generators orderte der Geschäftsführer eines im Bereich Wärmedämmtechniken arbeitenden Unternehmens als er den Preis sah: Nur 24 Euro statt 4.000 Euro. Im Unternehmen gab es zwar keine Verwendung, aber ein Verkauf sollte sich lohnen. Der Verkäufer wollte nicht liefern und die Sache kam vor Gericht.

Grund für das günstige Angebot war entweder ein Eingabefehler, oder das Computersystem agierte fehlerhaft, wie der auf Leistung in Anspruch genommene Händler angab.

Vertragsschluss schon mit Bestelleingangsbestätigung

Die Betreffzeile der Bestelleingangsbestätigung, die man verpflichtend auch im B2B zu übermitteln hat, lautete „Auftragsbestätigung“. Gesetzlich verpflichtet war der Händler aber nur zur Eingangsbestätigung. Damit war der Vertrag geschlossen und die Bestellung konnte nicht auf dem einfachen Weg zurückgewiesen werden. Denn für einen Vertrag mit Lieferverpflichtung bedarf es eines Angebots und einer übereinstimmenden Annahmeerklärung. Die lag hier vor. Wäre nur der Bestelleingang bestätigt worden (und noch keine Zahlung angefordert oder geleistet), hätte der Händler einfach nur erklären müssen, dass er die Bestellung nicht annehmen wolle.

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Anfechtung

Am Tag nach der Bestellung wurde das Problem bemerkt und per E-Mail mitgeteilt, dass die Bestellung aufgrund einer Systemstörung nicht ausgeführt werden könne und diese daher storniert werde. Vor Gericht machte der Händler unter Verweis auf die Mitteilung eine Anfechtung geltend. Tatsächlich kann man bei einer bestimmten Art des Irrtums einen solchen Irrtum geltend machen und einen bestehenden Vertrag, ähnlich wie bei einer Kündigung, durch Anfechtung aufheben. So wie bei einer Kündigung muss aber die Erklärung auch eindeutig gefasst sein. Das Wort Anfechtung war aber nicht verwendet worden. Das LG Wuppertal lies das Wort „stornieren“ als eindeutige Erklärung noch gelten. Der Anbieter erkläre damit, dass er sich nicht an seiner Annahmeerklärung festhalten lassen wolle. Der Kläger meinte dann, es habe gar kein anerkennenswerter Irrtum vorgelegen. Der Händler habe nicht die Wahrheit gesagt, als er auf einen Computerfehler verwies.

Das sah das OLG Düsseldorf (Urt. v. 19.05.2016, Az. I-16 U 72/15) in der nächsten Instanz auch so. Die Beweislast für den sogenannten Anfechtungsgrund trage der Händler. Der hatte aber keine Beweise auf den Tisch gelegt.

Vertragsausführung unzumutbar

Unser Anbieter hatte aber noch Glück, denn die Richter in Düsseldorf bewerteten vor allem den Umstand, dass der Besteller den Fehler in der Preisauszeichnung erkannt hatte. Denn der konnte ja eigentlich mit den Generatoren nichts anfangen. Es sei dem Händler nicht zumutbar, am Vertrag festgehalten zu werden. Die Generatoren wurden für weniger als 1 % des Marktpreises verkauft. Auch das war ein Indiz dafür, dass der Preisfehler hätte erkannt werden können.

Richtig anfechten

Das Gesetz sieht für die Irrtumsanfechtung die folgenden beiden Fälle vor:

  1. Den sogenannten Erklärungsirrtum, bei dem der Erklärende eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte. So kann eine falsche Preisauszeichnung z. B. dadurch zustande kommen, dass der Verkäufer sich bei Abgabe seiner Erklärung schlichtweg vertippt oder verschreibt.
  2. Den sogenannten Inhaltsirrtum, bei dem der Erklärende zwar weiß, was er erklärt, aber nicht weiß, was er damit erklärt. Dies könnte im Fall der falschen Preisauszeichnung z. B. dann gegeben sein, wenn der Verkäufer in der Shop-Software ein Häkchen an der vorgesehenen Stelle macht, die Software aber aufgrund eines Fehlers einen so nicht erwarteten Wert für den Preis veröffentlicht.
  3. Die Verwendung falscher Daten ist ein bloßer Irrtum bei der Erklärungsvorbereitung und damit Motivirrtum. Bei einem Fehler des Mitarbeiters, der eventuell darauf beruht, dass er eine falsche Preisliste wählt oder ähnliches, nehmen die Gerichte in der Regel einen unbeachtlichen Motivirrtum an. Ein Anfechtungsgrund fehlt dann. Eingabefehler werden dagegen als Erklärungsirrtum behandelt. Der BGH hatte speziell zu Softwarefehlern im Jahr 2005 entschieden, dass eine Anfechtung wegen Erklärungsirrtum zulässig ist (Urt. v. 26.01.2005, VIII ZR 79/04). In dem Fall war bei Angeboten eine Kommastelle verrutscht, sodass ein Notebook statt für 2.650 EUR versehentlich für 245 EUR angeboten wurde.

Wichtig bei der Anfechtung ist,

  • dass diese unverzüglich erklärt wird, d. h. sobald Ihnen der Fehler auffällt. Verlieren Sie keine Zeit! Die Anfechtung muss ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Hier rechnen Richter in Tagen;
  • dass gegenüber dem Vertragspartner deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dass man sich nicht mehr an die Erklärung gebunden sehen will, am besten durch die ausdrückliche Verwendung des Wortes „Anfechtung“;
  • dass der Erklärende einen zur Anfechtung berechtigenden Grund (s. o.) nennt.

Prüfen Sie Ihre Bestelleingangskommunikation. Wurde der Vertrag noch gar nicht angenommen, dann besteht auch keine Pflicht dazu. Eine Anfechtung ist nicht notwendig. Wenn Sie sich nicht sicher sind, können Sie auch hilfsweise den Vertrag anfechten.


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