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Mitunternehmerrisiko (Kommentar von Udo Cremer)

04.12.2012  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Kein Mitunternehmerrisiko bei Umwandlung wertloser Forderung in atypisch stille Beteiligung

Die Klägerin ist eine in Liquidation befindliche GmbH, deren alleiniger Anteilseigner in den Streitjahren 2002 und 2003 der Kläger zu 1. (Kläger) war. Er hielt die Anteile am Stammkapital von 1.050.000 DM über einen Treuhänder. Der Kläger war außerdem am Vermögen der X-KG (im Folgenden: KG) als Komplementär mit 95 % beteiligt; die übrigen Vermögensanteile hielt die Mutter des Klägers als Kommanditistin. Die GmbH war Vertragshändler der Y-AG.

Infolge von Verlusten war bei der GmbH Kapitalbedarf entstanden, der zunächst durch Darlehen der KG in Höhe von 500.000 DM und 885.000 EUR gedeckt wurde. Die Darlehen waren jeweils mit Rangrücktrittserklärungen versehen, nach denen die Forderungen nur aus laufenden Gewinnen oder einem Liquidationsüberschuss der GmbH befriedigt werden und im Fall der Insolvenzreife der GmbH insoweit erlöschen sollten, als dies zur Beseitigung der Überschuldung und Erhaltung des Stammkapitals erforderlich sei.

Im Oktober 2002 entnahm der Kläger die Darlehen aus der KG und schloss mit der GmbH einen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft. Die Einlage von 1 Mio. € sollte durch Umwandlung von Darlehen bis zur Höhe des der Einlage entsprechenden Nennbetrags geleistet werden. Dem stillen Gesellschafter standen u.a. Widerspruchs- und Zustimmungsrechte in Bezug auf über den normalen Geschäftsgang hinausgehende Geschäfte der GmbH zu. Er sollte nach den Kapitalanteilen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 30.10.2002 am Gewinn und bis zur Höhe seines Kapitalkontos auch am Verlust beteiligt sein. Anteile an den offenen und stillen Reserven sowie am Geschäftswert des Außengesellschafters waren nach dem Gesellschaftsvertrag Bestandteil des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters. Von dem Jahresergebnis des laufenden Geschäftsjahrs 2002 sollten dem stillen Gesellschafter 2/12 des auf das Jahr bezogenen Gewinn- bzw. Verlustanteils zustehen.

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Am 30.10.2002 wurden alle Vereinbarungen unter Mitwirkung des Treuhandgesellschafters sowie des Geschäftsführers der GmbH vollzogen. Bereits zuvor war ein neuer Geschäftsführer für die GmbH bestellt worden. Der Händlervertrag mit der Y-AG wurde am 5.11.2002 verlängert. Am 22.10.2002 hatte der Kläger eine selbstschuldnerische Bürgschaft für Kontokorrentverbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Z-Bank bis zur Höhe von 972.000 € übernommen. Im Januar 2003 übernahm der Kläger selbstschuldnerische Bürgschaften in Höhe von insgesamt 403.387 € gegenüber einer Factoringgesellschaft aus der Händlerorganisation der Y-AG. Unter dem 16.09.2003 wurde die stille Beteiligung des Klägers auf 1.750.000 € aufgestockt. Der Aufstockungsbetrag war ausweislich der Vereinbarung durch Umwandlung weiterer vom Kläger gewährter Darlehen von insgesamt 285.000 € sowie durch Zahlung von 465.000 € bis zum 31.12.2003 auf das Kontokorrentkonto der GmbH bei der Z-Bank zu erbringen. Am 29.10.2003 wurde den Mitarbeitern der GmbH betriebsbedingt gekündigt; zum 31.12.2003 stellte die GmbH ihren Geschäftsbetrieb ein.

Ohne dass die stille Beteiligung den Finanzbehörden zuvor mitgeteilt worden war, wurde im Mai 2004 eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte 2002 für die GmbH & atypisch Still abgegeben. Die Einkünfte wurden mit ./. 1.449.271 € angegeben, wovon auf die GmbH ./. 952.797 € und den Kläger ./. 496.474 € entfielen. Die im Folgejahr abgegebene Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte 2003 für die GmbH & atypisch Still belief sich auf Einkünfte von ./. 803.879 €, von denen ./. 2.828 € der GmbH und ./. 801.051 € dem Kläger zugewiesen wurden.

Das FA erkannte die Mitunternehmerschaft des Klägers nicht an und erließ negative Feststellungsbescheide für die Jahre 2002 und 2003. Dagegen erhobene Einsprüche blieben erfolglos.

Das FG wies die Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1601 abgedrucktem Urteil als unbegründet ab. Zwar sei das Gesellschaftsverhältnis formal anzuerkennen und beruhe nicht auf einem Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO. Dem Kläger habe es jedoch an der Absicht gefehlt, aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter Einkünfte zu erzielen.

Die eingelegte Revision ist begründet (BFH Urteil vom 31.5.2012, IV R 40/09). Die getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um die Einkunftserzielungsabsicht des Klägers zu verneinen. Eine Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung des BFH einkommensteuerlich nur relevant, wenn ihr die Absicht zu Grunde liegt, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Das ist dann der Fall, wenn ein betrieblicher Totalgewinn erstrebt wird.

Als innere Tatsache lässt sich die Gewinnerzielungsabsicht nur anhand äußerer Umstände feststellen. In objektiver Hinsicht ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften. Dass der Steuerpflichtige auch subjektiv die Erzielung eines Totalgewinns nicht beabsichtigte, kann aus einer objektiv negativen Gewinnprognose nicht ohne weiteres gefolgert werden. Ein solcher widerlegbarer Schluss ist nur dann gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen.

Übt der Steuerpflichtige eine gewerbliche Tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, so können im Falle einer längeren Verlustperiode die Reaktionen des Steuerpflichtigen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen. So spricht vor allem das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, für sich genommen schon dafür, dass langjährige Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden.

An die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind in einem solchen Fall keine hohen Anforderungen zu stellen. Gemessen an diesen Voraussetzungen kann aus den bisherigen Feststellungen des FG nicht auf das Fehlen der Absicht des Klägers, aus der stillen Beteiligung einen Totalgewinn zu erzielen, geschlossen werden. Das FG hat keine Tatsachen festgestellt, die dafür sprechen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen wurden.


Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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