25.07.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm.
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um Überstundenvergütungsansprüche des Klägers für die Monate April 2008 bis einschließlich August 2010.
Der Kläger war in der Zeit vom 15.01.2007 bis zum 30.09.2010 bei der Beklagten als Lagermitarbeiter beschäftigt. Das monatliche Bruttoentgelt betrug zuletzt 1.680,00 €.
Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 12.01.2007 zugrunde, in welchem hinsichtlich der Vergütung und der Arbeitszeit folgendes bestimmt ist:
Für sämtliche Mitarbeiter der Beklagten wurde monatlich eine Liste geführt, in der von der jeweiligen Lagerleitung Überschreitungen der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, Urlaubs- und Krankheitstage sowie Unterschreitungen der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit handschriftlich vermerkt wurden.
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Mit seiner am 04.03.2011 bei dem Arbeitsgericht Rheine eingegangenen Klage hat der Kläger zuletzt die Vergütung von insgesamt 243 Überstunden geltend gemacht.
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Er hat die Ansicht vertreten, die in § 5 des Arbeitsvertrages enthaltene Regelung, wonach die ersten 10 Überstunden pro Monat bereits im Bruttomonatsentgelt enthalten sind und nicht gesondert vergütet bzw. durch Freizeit ersetzt werden, sei unwirksam. Durch diese Regelung werde er unangemessen benachteiligt. Im Übrigen hätten die in § 5 des Arbeitsvertrages erwähnten dringenden betrieblichen Erfordernisse für die Anordnung von Überstunden nicht vorgelegen. Die Klausel sei vielmehr so praktiziert worden, dass von sämtlichen Mitarbeitern über die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden hinaus die Leistung von 10 weiteren Stunden pro Monat generell erwartet worden sei. Diese Stunden seien von der Beklagten als Teil der normalen Arbeitszeit angesehen worden. Deutlich werde dies daran, dass bei der Leistung von weniger als 10 Überstunden das Überstundenkonto entsprechend belastet worden sei. Ausgehend von einem Stundenlohn in Höhe von 9,40 € brutto ergebe sich eine Gesamtforderung von 2.284,20 € brutto.
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Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger für die ersten 10 im Monat über die regelmäßige vertragliche Arbeitszeit hinaus geleisteten Mehrstunden kein Vergütungsanspruch zusteht.
Bei der Regelung in § 5 des Arbeitsvertrages, wonach die ersten 10 Überstunden pro Monat bereits im Bruttomonatsentgelt enthalten sind und nicht gesondert vergütet bzw. durch Freizeit ersetzt werden, handelt es sich – wovon auch beide Parteien übereinstimmend ausgehen – um eine seitens der Beklagten einseitig vorgegebene Bestimmung. Sie unterliegt damit einer Inhaltskontrolle anhand der §§ 305 ff BGB. Diese Inhaltskontrolle ergibt, dass die Klausel wirksamer Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden ist, da sie weder eine überraschende Klausel darstellt (§305 c Abs. 1 BGB), noch den Kläger unangemessen benachteiligt oder intransparent wäre (§ 307 Abs. 1 BGB).
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Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, hält die Regelung in § 5 des Arbeitsvertrages, wonach die ersten 10 Überstunden pro Monat bereits im Bruttomonatsentgelt enthalten sind und nicht gesondert vergütet bzw. durch Freizeit ersetzt werden, und Überstunden erst ab der 11. Überstunde pro Monat vergütungsfähig werden, einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB stand.
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Da die Klausel in § 5 des Arbeitsvertrages, wonach die ersten 10 Überstunden pro Monat bereits im Bruttomonatsentgelt enthalten sind und nicht gesondert vergütet werden, wirksamer Vertragsbestandteil geworden ist, steht dem Kläger gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf gesonderte Vergütung dieser Stunden zu.
Diesem Ergebnis steht der Vortrag des Klägers, dringende betriebliche Erfordernisse für die Anordnung von Überstunden hätten nicht vorgelegen, nicht entgegen. Der Kläger vermengt hier die Frage, ob er zur Leistung der Stunden verpflichtet war mit der Frage der Vergütung der geleisteten Stunden. Die Klausel in § 5 des Arbeitsvertrages, wonach die Beklagte berechtigt ist, bei dringenden betrieblichen Erfordernissen Überstunden anzuordnen, regelt nur, ob und unter welchen Voraussetzungen der Kläger zur Leistung von Überstunden verpflichtet war. Sofern diese Voraussetzungen nicht vorlagen, hätte der Kläger die Leistung der Überstunden ggf. verweigern können. Wenn er sie gleichwohl geleistet hat, ändert dies Nichts daran, dass sich die Vergütung dieser Stunden nach § 5 des Arbeitsvertrages richtet, wonach die ersten 10 Überstunden pro Monat nicht gesondert vergütet werden.
Der weitere Vortag des Klägers, die Regelung sei von der Beklagten so aufgefasst und praktiziert worden, als würde die Klausel eine Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Leistung eines über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Mindeststundenkontingents von 10 Stunden enthalten, steht dem gefundenen Ergebnis ebenfalls nicht entgegen.
Zum einen spricht gegen den Vortrag des Klägers der Umstand, dass dieser nach seiner Stundenaufstellung in dem streitgegenständlichen Zeitraum von April 2008 bis August 2010 in 15 von den insgesamt 29 Monaten deutlich weniger als 10 zusätzliche Stunden geleistet hat. Dass die Beklagte die Leistung dieser 10 Stunden generell verlangt oder erwartet hätte, lässt sich dem Vortrag deshalb nicht entnehmen.
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Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 22.5.2012, AZ 19 Sa 1720/11 (in Auszügen)