24.07.2019 — Jasmin Dahler. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Jeder Vorfall von sexueller Belästigung ist anders und die beteiligten Personen ebenso unterschiedlich, daher gibt es keine Verhaltenstipps, die immer anwendbar sind. Gar nicht gegen die sexuelle Belästigung vorzugehen, ist jedoch immer der falsche Weg. Beim Ignorieren solcher Vorfälle nahm die sexuelle Belästigung in 10 % der Fälle zu1.
Betroffene sollten der belästigenden Person energisch deutlich machen, dass sie sich sexuell belästigt fühlen und das nicht wollen. Das geht schriftlich, mündlich, sofort in der Situation sowie auch nachträglich. Es ist durchaus gestattet, bereits jetzt darauf hinzuweisen, dass Konsequenzen folgen, wenn das belästigende Verhalten nicht aufhört.
Diverse Ratgeber2 raten dazu, sich eine Vertrauensperson als Zeugen hinzuzuholen und jeden Vorfall schriftlich festzuhalten: Wann, wo, wer, was, Zeugen und das eigene Befinden in dieser Situation.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sieht für Betroffene drei zentrale Rechte vor:
Beschwerderecht nach §13 AGG
Ob Personaler*in, Auszubildende*r, Manager*in oder Reinigungskraft — alle Beschäftigten haben das Recht, im Betrieb bei der zuständigen Stelle Beschwerde einzulegen, wenn das Gefühl besteht, benachteiligt zu werden. Das gilt auch für sexuelle Belästigung!
Nach §12 Abs. 5 AGG muss die Beschwerdestelle im Betriebt bekannt gemacht werden. Die Beschwerdestelle ist verpflichtet, sich mit jeder Beschwerde auseinanderzusetzen, diese zu prüfen und die Ergebnisse der Prüfung der betroffenen Person mitzuteilen.
Laut §84 BetrVG können Betroffene ihre Beschwerde auch an den Betriebsrat richten. Arbeitgeber*innen müssen in beiden Fällen dafür sorgen, dass die sexuelle Belästigung in Zukunft unterbleibt. Können sie dies nicht, können sich die Betroffenen auf das Leistungsverweigerungsrecht beziehen.
Leistungsverweigerungsrecht §14 AGG
Wenn Arbeitgeber*innen keine oder ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung von Belästigung ergreifen, können betroffene Beschäftigte ihre Arbeitsleistung verweigern. Dies setzt voraus, dass die Arbeitgeber*innen über die Belästigung informiert wurden und tatsächlich eine sexuelle Belästigung vorliegt. Die Leistungsverweigerung wird schriftlich mit Angaben der Gründe an den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin gegeben. Während der Leistungsverweigerung erhalten Betroffene weiterhin das volle Gehalt.
Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung nach §15 AGG
Betroffene haben in einigen Fällen gegenüber ihrem Arbeitgeber bzw. ihrer Arbeitgeberin einen Anspruch auf Schadensersatz. Fallen Arzt- oder Therapiekosten an, die durch die sexuelle Belästigung entstanden sind, müssen Arbeitgeber*innen diese übernehmen.
Ein Schmerzensgeld als Entschädigung ist nur möglich, wenn die Frist von zwei Monaten* berücksichtig wurden.
Hilfe- und Beratungstelefon der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Mo. 13-15 Uhr, Mi. und Fr. 9-12 Uhr
Tel.: 030/185551855
Gegen sexuelle Belästigung vorzugehen, ist ein Kampf. Umso wichtiger ist es, sich Unterstützung zu holen. Dies kann innerhalb des Betriebes durch den Betriebsrat, Gleichstellungsbeauftragte, Vorgesetzte oder der Personalabteilung geschehen oder außerhalb des Betriebes durch Gewerkschaften, Juristen, Frauenberatungsstellen oder die Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes empfiehlt, sich bereits vor der Beschwerde beim Arbeitgeber juristisch beraten zu lassen, um mögliche Fallstricke auszuschließen. Eine kostenlose Erstberatung gibt es zum Beispiel direkt bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
*Ab dem Zeitpunkt des Vorfalls muss der Anspruch auf Schadensersatz innerhalb von zwei Monaten beim Arbeitgeber geltend gemacht werden.
Quellen und Hintergründe:
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