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Stellenwert des erholsamen Schlafes wird gesellschaftlich nicht hinreichend erkannt

27.01.2016  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften.

Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) will schlafmedizinische Versorgungsstrukturen in unserem Gesundheitssystem optimieren.

Ein breites Medienecho und ein gut besuchtes Patientenforum stehen dafür, dass auch die Öffentlichkeit sich von diesem Thema stark angesprochen fühlte. Der thematische Schwerpunkt des Kongresses beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit die 24-Stunden-Non-Stop-Gesellschaft negative Auswirkungen auf Schlaf und Gesundheit ausübt und andererseits Schlaf und Schlafstörungen die Gesellschaft beeinflussen. Gesunder und ausreichender Schlaf fördert hingegen das Leistungsvermögen, die Aufmerksamkeit sowie Lern- und Gedächtnisprozesse. Weiterhin wird unser emotionales Befinden gefördert und über positive Auswirkungen auf die Gesundheit die Lebenserwartung erhöht.

„Lange hat die Gesellschaft das Thema Schlaf verschlafen“, betonte der diesjährige Tagungspräsident Dr. Hans-Günter Weeß. Sechs Prozent der Deutschen weisen behandlungsbedürftige Ein- und Durchschlafstörungen auf. Diese haben eine hohe Chronifizierungsneigung und können Herz-Kreislauf Erkrankungen, Diabetes und vor allem psychische Störungen, wie Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen begünstigen.

Ungefähr 1 Mio. Bundesbürger nehmen aus diesem Grunde regelhaft Schlafmittel ein. „Deutschland benötigt eine neue Schlafkultur“ so der Kongresspräsident Dr. Hans-Günter Weeß. „Die Deutschen stehen zu früh auf und schlafen häufig zu wenig“. Über 80 Prozent der Bundesbürger würden gern später aufstehen.

Die gesellschaftlich festgelegten Zeiten für den frühen Arbeits- und Schulbeginn sind nicht in Übereinstimmung mit der inneren Uhr der meisten Menschen. Jugendliche kommen durch den auch im europäischen Vergleich sehr frühen Schulbeginn in Deutschland in ein chronisches Schlafdefizit. Die Folge sind Übermüdung und Lernschwierigkeiten. Aktuelle Forderungen nach einem späteren Schulbeginn sind die logische Konsequenz dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse. „Wenn die Schule nur eine Stunde später beginnen würde“, so Weeß, „dann würden die Schüler bessere Leistungen erbringen. Im Speziellen, sollte man in den höheren Klassen Klausuren erst ab 11 Uhr schreiben, da dann das Gehirn am leistungsfähigsten ist“.

Ungefähr 20 Prozent der Manager, Führungskräfte und Politiker schlafen weniger als 5 Stunden, mehr als die Hälfte der Spitzenkräfte in unserem Land fühle sich laut einer aktuellen Studie chronisch übermüdet und trifft doch in diesem kritischen Zustand wichtige Entscheidungen für Unternehmen und Gesellschaft. Internet, Smartphones und PCs rauben insbesondere den Jugendlichen den Schlaf und führen zu weiterer Übermüdung in Schule und Unterricht. Dieses Thema traf den Nerv der Zeit und rief ein breites mediales Interesse hervor. Die Schlafexperten wiesen u.a. auf das blaue Licht der Displays hin, welches Melatonin-unterdrückende Wirkung hat, d.h. im Klartext wach hält.

Dr. Alfred Wiater, der Vorsitzende der DGSM, brachte noch weitere wichtige Punkte zur Sprache: „Schlafmangel führt zu einer Störung des Sättigungsgefühls und erhöht somit das Adipositasrisiko. Bei zu wenig Schlaf entstehen hormonelle Imbalancen, die das Essverhalten beeinflussen.“ Schlafmangel und Adipositas sind oft vergesellschaftet mit übermäßigem und nicht altersgemäßem Medienkonsum im Kindes- und Jugendalter. Nach neuesten Erkenntnissen seien fast fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren durch inadäquate Internetnutzung gesundheitlich beeinträchtigt. Beispielhaft nannte er die sehr bedenkliche Entwicklung beim Umgang mit Videospielen. Oft fordern diese zu aggressiven Handlungen auf, welche im Anschluss, etwa durch das Erreichen des nächsthöheren Levels, belohnt werden. Im Unterbewusstsein kann dadurch eine falsche Prägung entstehen, durch die aggressive Verhaltensweisen als positiv empfunden werden. Besonders problematisch ist die Entwicklung, wenn die Grenze zwischen der virtuellen Welt und der Realität nicht mehr wahrgenommen wird.

Aktuell sind Schlafstörungen neben der Inkontinenz der Hauptgrund dafür, dass die familiäre Pflege von Patienten mit Demenz aufgegeben wird, weil sich die Angehörigen stark damit überfordert fühlen. Technische Innovationen könnten diesen Negativtrend möglicherweise stoppen. Überdies könnten auch im Bereich der schlafbezogenen Atmungsstörungen bei Frauen, wo sich bei betroffenen Patientinnen innerhalb von 3 bis 4 Jahren die Gefahr eine Hirnleistungsstörung zu entwickeln verdoppelt, medizintechnische Neuerungen eine Entlastung bringen. Jüngere schlafmedizinische Studien würden darauf hindeuten, dass Schlafstörungen neurodegenerative Erkrankungen im Alter, wie z.B. die Alzheimer Demenz fördern könnten. Aus diesem Grunde komme der rechtzeitigen Erkennung und erfolgreichen Behandlung von Schlafstörungen eine weitere wichtige Bedeutung zu.

Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin hat es sich zum Ziel gesetzt, die schlafmedizinischen Versorgungsstrukturen in unserem Gesundheitssystem zu optimieren. „Die schlafmedizinische Versorgung in Deutschland wird dem breiten Spektrum schlafmedizinischer Erkrankungen derzeit bei weitem nicht gerecht“, stellt Dr. Alfred Wiater klar.

Dr. Wiater: „Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der Stellenwert des erholsamen Schlafes in unserer Gesellschaft nach wie vor nicht hinreichend erkannt wird.“ Um die Patientenversorgung zu verbessern und auch die Folgen von Schlafstörungen für unsere Gesellschaft zu reduzieren, beabsichtigt die DGSM die hausärztlich tätigen Kolleginnen und Kollegen intensiver als bisher in die schlafmedizinische Thematik einzubeziehen. So kann gleich beim ersten Arzt-Patient-Kontakt auf Schlafstörungen adäquat reagiert werden. Darüber hinaus sollen in unterschiedlichen Versorgungsebenen Patientinnen und Patienten mit schlafmedizinischen Erkrankungen, im Bedarfsfall auch interdisziplinär, behandelt werden können.



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