27.01.2025 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: IBR Immobilien & Baurecht.
WEG § 20
In dem Rechtsstreit (...) erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg - Abteilung 980b - durch den Richter am Amtsgericht ### auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2024
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Parteien streiten über die Gültigkeit eines Beschlusses einer Eigentümerversammlung.
Die Kläger sind Mitglied der Beklagten und Eigentümer einer Einheit. Auf der Eigentümerversammlung vom 08.05.2024 wurde zu TOP 6 mehrheitlich beschlossen, "(...) dass in Hinblick auf das Glasfasernetz bauliche Veränderungen gemäß § 20 WEG am und im Haus vorgenommen werden können, um eine Zuleitung, insbesondere auch in die einzelnen Wohnungen, zu ermöglichen." Im Protokoll (vgl. Anlage K1) heißt es dazu: "Damit ist der Antrag (Grundlagenbeschluss) mehrheitlich angenommen." und "Anmerkung: Ein Ausführungsbeschluss ist damit nicht gefasst."
Mit ihrer am 31.05.2024 bei Gericht eingegangenen, der Beklagten am 18.07.2024 zugestellten und mit weiterem Schriftsatz vom 08.07.2024 - Eingang bei Gericht am selben Tag - begründeten Anfechtungsklage machen die Kläger geltend, dass der Beschluss vom 08.05.2024 den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche. Der Beschluss sei zu unbestimmt und nicht transparent. Es ergebe sich aus dem Wortlaut des Beschlusses bereits nicht, um welche baulichen Veränderungen es genau gehe, wer diese baulichen Veränderungen durchführen dürfe (die Gemeinschaft oder einzelne Eigentümer), welche Kosten dafür anfallen und wer die Kosten zu tragen habe. Die Gemeinschaft habe auch nicht über die Kosten für einen Kabelanschluss informiert; es entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, einen Beschluss dahingehend zu fassen, ohne die vorherigen Kosten zu kennen. Und die baulichen Veränderungen, die vorgenommen werden sollen, hätten näher spezifiziert werden müssen. Sie, die Kläger, seien insbesondere mit Aufputzleitungen im Treppenhaus nicht einverstanden; Kabelschächte seien vorhanden.
Die Kläger beantragen, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 08.05.2024 zu TOP 6 für ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht geltend, dass lediglich ein Grundlagenbeschluss gefasst worden sei, also das "Ob" einer Maßnahme. Dieses "Ob" sei durch die ausführende Firma nicht mit Kosten zu Lasten der Gemeinschaft verbunden, anderenfalls hätte der Beschluss auch die Kostentragungs-/Kostenfolge zum Inhalt gehabt. Die Tatsache der Unentgeltlichkeit sei in der Versammlung dargelegt worden. Das Glasfaserkabel werde lediglich bis zum schon vorhandenen Hausanschlusspunkt im Keller geführt. Weitere Schritte - das "Wie" der Maßnahme - seien in diesem ersten Schritt durch die Gemeinschaft nicht beschlossen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Beschluss der Eigentümerversammlung vom 08.05.2024 ist nicht für ungültig zu erklären.
Entgegen der Meinung der Kläger widerspricht dieser nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Einwand, der Beschluss sei unbestimmt und "intransparent", greift nicht durch. Jeder Beschluss muss zwar inhaltlich bestimmt und klar sein und durchführungsfähigen Inhalt haben, damit er nach - positiver - Abstimmung auch in die Praxis umgesetzt werden kann; es dürfen keine Zweifelsfragen offen bleiben (BGH, NZM 2016, 553, 554, Rn. 9; Bartholome, in: BeckOK-WEG, 58. Ed. 18.10.2024, § 23, Rn. 74). Diese Grundsätze gelten auch für einen sog. Grundbeschluss (LG München I, ZWE 2020, 96, 97, Rn. 11), bei dem die Wohnungseigentümer zunächst über das "Ob" einer Maßnahme - hier die Vornahme einer baulichen Veränderung i.S.v. § 20 Abs. 1 WEG - entscheiden, um dann mit einem weiteren (Ausführungs-)Beschluss die Einzelheiten der Durchführung ("Wie") festzulegen (vgl. Bartels, in: Elzer, StichwortKommentar WEG-Recht, 2024, "Grundbeschluss", Rn. 2). Diesen rechtlichen Anforderungen wird der streitbehaftete Beschluss zu TOP 6 aber gerecht.
Die objektiv-normative, am Wortlaut und dem nächstliegenden Sinn seiner Bedeutung Auslegung des in Rede stehenden Beschlusses ergibt, dass die Wohnungseigentümer damit (lediglich) einen Grundbeschluss im vorgenannten Sinne gefasst haben. Das folgt nicht nur aus den Zusätzen im Protokoll "Damit ist der Antrag (Grundlagenbeschluss) mehrheitlich angenommen." und "Ein Ausführungsbeschluss ist damit nicht gefasst.", sondern bei einer Gesamtbetrachtung auch aus dem Beschlusstext selbst. Damit haben die Eigentümer die grundlegende, aber für sich genommen noch nicht abschließende Entscheidung getroffen, dass betreffend das Glasfasernetz bauliche Veränderungen (§ 20 WEG) am und im Haus vorgenommen werden dürfen, insbesondere um Herstellung der Zuleitungen zu den Wohnungen zu ermöglichen. Dieser Beschluss ist "durchführbar", kann also im Kontext eines Grundbeschlusses als Grundlage für die im Übrigen noch notwendige Entscheidung über die Ausführung der baulichen Veränderungen herhalten. Es versteht sich von selbst, dass ein solcher (Grund-)Beschluss noch keinerlei Einzelheiten über Kosten(-verteilung), Leitungsführung etc. enthält, weil darüber erst später zu entscheiden ist ("Wie"). Das gilt naturgemäß auch für die Frage, ob die baulichen Veränderungen von der Gemeinschaft vorgenommen werden (Vornahme) oder von einzelnen Eigentümern vorgenommen werden dürfen (Gestattung) und welche Maßnahmen im Einzelnen in Betracht kommen. Diese Fragen können zwar schon in dem Grundbeschluss geregelt werden; ihr Fehlen führt aber nicht zur Unbestimmtheit, sondern diese können im Rahmen des Ausführungsbeschlusses nachgeholt werden.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
(...)
Bild: Compare Fibre (Unsplash, Unsplash Lizenz)
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