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Vollkorn oder voll Korn?

08.03.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Dr. Martina Morf-Koller.

Dass zwei dasselbe sagen und doch etwas anderes meinen können, erfährt unsere Expertin Dr. Martina Morf-Koller beim Frühstück mit einer Freundin.

Liebe Leserin, lieber Leser,

neulich war ich bei meiner Freundin Susanne zuhause zum Frühstück verabredet. Ich war für die Brötchen zuständig. „Und schlepp‘ ja nicht wieder diese zähen Körnerbrötchen an.“ Susanne bevorzugt Brötchen mit wohlklingenden Namen, aber eigentlich alle irgendwie wie Schrippe und Rundstück, also Weizen ohne alles. Die stören den Belag nicht durch Eigengeschmack und behindern nicht beim Kauen. Und am folgenden Tag kann man sie zur Abwehr von Einbrechern verwenden, weil sie steinhart geworden sind.

Ich steh da mehr auf Vollkorn und das besorge ich auch lieber selbst, denn Susannes Definition von Vollkornbrötchen weicht von meiner ziemlich ab. Für sie ist ein dunkles Mehrkornbrötchen eindeutig Vollkorn. Manch eine Brötchenkreation signalisiert im Namen Lebensfreude, Vitalität und Gesundheit. Sieht lecker aus, aber ich denke, der Name kommt davon, dass der Mitarbeiter, der den Teig in Körnern gewälzt hat, fit und ausgeschlafen war. Die „Körner“ heißen auf Bäckerfachdeutsch Ölsaaten (man macht aus Sesam, Sonnenblumen-, Kürbiskernen und Ähnlichem Öl). Dumm nur, dass auch hier unter der optischen Augenweide einfach nur Weißmehl zu finden ist. „Beim Namen Vollkorn geht es um das Mehl, aus welchem die Brötchen gemacht sind“, versuche ich Susanne zu erklären. „Mehl aus ganzem Korn, mit allen Schichten eben, 100% des Korns. Das hat mehr Ballaststoffe und mehr Vitamine und Spurenelemente.“

„Aber ja nur die, die dunkel sind“, entgegnet Susanne, „so wie beim Schwarzbrot. Die wären nichts für mich. Schon gar nicht zum Frühstück.“ Es dauert eine halbe Stunde und zwei Tassen Kaffee, bis Susanne endlich glaubt, dass die Getreidesorte unerheblich für die Definition Vollkorn ist, es also auch helle Vollkornbrötchen aus Weizenmehl gibt, die nicht „öko“ aussehen und sich schon nach 10x Kauen fehlerfrei herunterschlucken lassen. Andererseits gibt es auch Schwarzbrot aus Weizenmehl, das dann mit Malz oder Rübensirup einfach mal schöngefärbt wird. Immer schön auf der Packung nachlesen, da muss es draufstehen. Beim Bäcker muss man sich bei irreführenden Namen dann auf die freundliche Fachverkäuferin verlassen können, die selbst oft nicht immer weiß, was sie da verkauft. Ich finde, es ist Verbraucherverdummung, wenn Brötchen schon als Vollkornbrötchen verkauft werden dürfen, obwohl nur 30% Vollkornmehl enthalten ist. Susanne findet, ich sei kleinlich. Haferflocken sind übrigens die bekannteste Form von Vollkorn.

Nach einer weiteren Tasse Kaffee, Rühreiern, Klatsch über Nachbarn und ein paar Problemen mit ihrem Eheleben gesteht Susanne mir zu, meine Brötchen in der Vollkornbäckerei oder im Reformhaus zu kaufen. Und vielleicht würde sie das „helle“ Vollkornbrötchen auch mal essen. Ich hab ihr nämlich erzählt, dass dieses, im Vergleich zu ihrem Rundstück, bei gleichem Gewicht weniger Kalorien hat. Und sowas zieht immer. Aber auf keinen Fall darf es außen „voll Korn“ sein. Das nervt in den Zahnlücken.

Quelle: Dr. Martina Morf-Koller

Die Autorin:

Dr. Martina Morf-Koller
lebt mit Mann und Kind in Hamburg-Bergedorf und arbeitet dort als Heilpraktikerin in eigener Praxis. Sie hat sich auf Beschwerden und Schmerzen des Bewegungssystems spezialisiert. Dabei behandelt sie Muskeln, Gelenke, Wirbelsäule und fasziale Netzwerke manuell und vermittelt alltagsbezogene ökonomische Bewegungsformen um die Körperstruktur nachhaltig zu verbessern. In klientenzentrierter Gesprächstherapie entwickelt sie mit Patienten individuelle Strategien zur Stressbewältigung. Als Ernährungsberaterin liebt sie es außerdem Wissenswertes zum Thema „gesunde Ernährung“ humorvoll aufzubereiten und praxistauglich ihren Patienten näherzubringen. Ernährungsberatung soll auf jeden Fall Genuss, Lebensfreude und auch Spaß vermitteln, denn sonst kommt das Wissen nicht an.
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