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Wie alt werden Unternehmen in Deutschland?

04.10.2016  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Universität Rostock.

Rostocker Forscher geben nach umfangreicher Datenauswertung Antwort: Deutsche Unternehmen werden bis zu ihrer Insolvenz durchschnittlich acht bis zehn Jahre alt.

Das hat der Lehrstuhl für Statistik und Ökonometrie der Universität Rostock unter Leitung von Prof. Rafael Weißbach herausgefunden. Dabei haben die Forscher auf umfangreiche Daten zu Firmeninsolvenzen des Bundesfinanzministeriums aus Deutschland zurückgegriffen. Egal, ob die Konjunktur brummt oder eine Flaute die Firmen erfasst: Immer wieder treiben Missmanagement oder eine schlechte Wirtschaftslage Unternehmen in den Ruin.

Die Methodik zur Datenauswertung sei kompliziert, sagt Prof. Weißbach, der von Hause aus Mathematiker ist. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen lässt sich einfacher berechnen. „Die Geburt wird in einem Register klar erfasst und auch der Tod wird dokumentiert“, sagt Weißbach. Bei Unternehmen ist das anders. Die Insolvenz sei immer ein besonderer, manchmal unerwarteter Einschnitt. Deshalb haben die Rostocker Wissenschaftler rückwärts gerechnet und das Alter der betroffenen Pleite-Firma zur Grundlage genommen.

Dennoch ist die statistische Analyse nicht einfach für die Berechnung der nationalen Insolvenzrate. Gedanklich legten die Forscher die Anzahl der Unternehmen des Landes zugrunde, die binnen eines Jahres insolvent werden. Dann setzten sie diese Zahl ins Verhältnis zu allen Unternehmen, die insolvent werden könnten. „Diese Insolvenzrate steht in engem Verhältnis zur Erwartung des Unternehmensalters“, verdeutlicht Prof. Weißbach. Unternehmensinsolvenzen - also der Zähler - seien sehr gut zu erheben, weil Insolvenzen bei Gericht angemeldet und - zum Gläubigerschutz - veröffentlicht werden. Problem sei jedoch der „Nenner". Denn: Die Anzahl von Unternehmen in Deutschland ist nicht leicht zu ermitteln, auch nicht aus dem Handels­register. Es ist statistisch aber möglich, das Fehlen des Nenners dadurch zu ersetzen, dass Insolvenz­anmeldungen über einen gewissen Zeitraum studiert werden.

Die Erkenntnisse der Rostocker Forscher, sind nicht nur für die Wirtschaft selbst interessant. „Auch Anleger müssen sich über das Risiko einer Insolvenz von Unternehmen, denen sie implizit über Banken oder explizit über den Kauf von Unternehmensanleihen Geld leihen, im Klaren sein“, verdeutlicht Rafael Weißbach. Seiner Meinung nach muss nicht zuletzt auch die Geschäftsführung jedes Unternehmens dieses Risiko im Blick haben, selbst in Verhandlungen mit Banken über Kredite.

Weißbach sieht aber noch einen weiteren Aspekt. „Jeder Hochschulabsolvent, der nicht im öffentlichen Dienst landet, muss sich Gedanken machen, in welchem Unternehmen er seine Karriere startet“. Es gelte für jeden Arbeitnehmer, sich immer wieder mit der Frage auseinanderzusetzen: Wird mein erster Arbeitgeber auch mein letzter sein? Deshalb sei die Studie auch ein Fingerzeig, sich ständig zu qualifizieren, um für den Arbeitsmarkt attraktiv zu bleiben, rät er. Seine Arbeitsgruppe hat ihre Ergebnisse bereits in einem südafrikanischen Journal veröffentlicht und beabsichtigt, auch in einer skandinavischen Zeitschrift zu publizieren.


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