Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Wie divers sind Aufsichtsräte?

16.01.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Fachhochschule Frankfurt am Main.

Eine Studie der FH Frankfurt a.M. untersucht die Zusammensetzung in DAX30-Unternehmen.

Die Untersuchung „Diversität im Aufsichtsrat. Studie über die Zusammensetzung deutscher Aufsichtsräte“ ist am Fachbereich 3: Wirtschaft und Recht der Fachhochschule Frankfurt am Main (FH FFM) erschienen. Sie analysiert die Zusammensetzung der Aufsichtsräte der DAX30-Unternehmen im Jahr 2011, sowohl der Arbeitgebervertreter(innen) als auch der Arbeitnehmervertreter(innen), und gibt Aufschluss über deren Diversität. Zudem untersucht sie die Veränderung der Zusammensetzung der Arbeitgebervertreter(innen) im Zeitraum von 2001 bis 2011. Deren Diversität wird in Größen wie Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss, Herkunft und berufliche Vergangenheit gegliedert.

„Anlass zur Untersuchung lieferte die in der Öffentlichkeit häufig geäußerte Kritik, deutsche Aufsichtsräte seien durch das sogenannte ‚Old Boys Network‘ geprägt und daher nicht ausreichend divers; zudem ginge die Entwicklung zu mehr Diversität in der Zusammensetzung zu langsam voran“, erläutert Prof. Dr. Christian Rieck vom Fachbereich 3: Wirtschaft und Recht der FH Frankfurt seine Motivation. Für die Studie legte er mit seinen Mitarbeiter(innen) eine Datenbank über alle Mitglieder und Mandate deutscher DAX-Aufsichtsräte an.

Der Wirtschaftswissenschaftler wertete für das Jahr 2011 Lebensläufe von insgesamt 441 Personen und 494 Mandaten aus und erfasste dabei sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmervertreter(innen). Es zeigte sich unter anderem, dass die Arbeitgebervertreter(innen) im Durchschnitt besser qualifiziert sind als die Arbeitnehmervertreter(innen). Letztere besitzen fast nie einen Doktortitel, haben wesentlich seltener studiert und geben weniger häufig eine absolvierte Berufsausbildung an. Unter den Arbeitgebervertreter(inne)n sind die häufigsten Studienfächer Wirtschafts-, Rechts-, Ingenieur- und Naturwissenschaften. „Bezieht man den Begriff Diversität auf die Erfahrungen, die ein Aufsichtsratsmitglied vorweisen kann, so verfügen die Arbeitgebervertreter breiter gestreute Berufserfahrungen in unterschiedlichen Branchen und Positionen als die Arbeitnehmervertreter“, ergänzt Rieck. Eine Diversität bezüglich der Herkunft ist für die Arbeitgebervertreter(innen) sehr ausgeprägt: Der Ausländeranteil ist hier etwa doppelt so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt. Demgegenüber liegt der Ausländeranteil auf Seite der Arbeitnehmer(innen) weit unter dem Bevölkerungsdurchschnitt.

Im Herbst 2012 stimmten sowohl der Bundesrat als auch die Europäische Kommission der Forderung nach einer gesetzlichen Frauenquote in Aufsichtsräten zu. Riecks Studie legt dar, dass unter den Arbeitnehmervertretern der Frauenanteil etwa doppelt so hoch ist wie bei den Arbeitgebervertretern (21 Prozent gegenüber 10 Prozent). Die in der Untersuchung erfassten Frauen haben im Durchschnitt weniger lange eine Aufsichtsratstätigkeit inne als die Männer, was darauf hindeutet, dass in den letzten vier Jahren verstärkt Frauen berufen wurden. Der Anteil der Vorstandserfahrung ist bei den Frauen mit rund 17 Prozent deutlich geringer als bei den Männern, bei denen fast zwei Drittel Vorstandserfahrung aufweisen. In der Gruppe der Arbeitnehmervertreter wurde von Frauen zu einem geringeren Anteil eine Berufsausbildung als positive Qualifikation genannt als von Männern. „Eine Deutung könnte sein, dass Frauen im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen auch seltener diese Qualifikation besitzen und trotzdem in den Aufsichtsrat berufen werden“, erläutert Rieck.

Die Auswertung von 541 Lebensläufen über den Zeitraum von 2001 bis 2011 zeigt, dass sich die Struktur der Arbeitgeber in den Aufsichtsräten signifikant verändert hat. Der Frauenanteil hat sich im Untersuchungszeitraum verachtfacht. Allerdings lag der Ausgangswert im Jahr 2001 bei nur etwa 1,4 Prozent, sodass auch der heutige Frauenanteil lediglich 11,3 Prozent beträgt. „Abschätzungen legen nahe, dass der Frauenanteil in Aufsichtsräten nur in begrenzter Geschwindigkeit erhöht werden kann. Man muss sich den Prozess wie eine Art Pipeline vorstellen: Der Aufsichtsrat steht am Ende des Berufslebens, erst nach dem Durchlaufen mehrerer Positionen kann man dorthin berufen werden. Wenn aber die Positionen, die zu einer Aufsichtsratstätigkeit führen, zu einem Großteil von Männern besetzt sind, zieht dies einen Engpass in der Bewerberinnenlage nach sich, da sich weniger Frauen mit den erwarteten Qualifikationen finden lassen“, erläutert Rieck.

Der insgesamt hohe Ausländeranteil unter den Aufsichtsratsmitgliedern ist im letzten Jahrzehnt ebenfalls von 17 auf 25 Prozent angestiegen. Allerdings bezieht sich die Steigerung zu einem großen Teil auf Ausländer(innen) aus dem deutschsprachigen Raum. „Die Veränderungen in der Berufserfahrung deuten darauf hin, dass es einen Trend zu mehr Expertinnen und Experten bei den Arbeitgebervertretern gibt, um der steigenden Komplexität der Aufgaben gerecht zu werden. Dieses Ergebnis bedarf allerdings weiterer Untersuchungen“, fügt Rieck hinzu. „Es gibt insbesondere eine Tendenz zu mehr Mitgliedern mit Berufserfahrung in den Bereichen Jura und Beratung.“

nach oben