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AGB in Sprachfassung?

06.06.2016  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Das Kammergericht Berlin verurteilte den Messenger-Dienst WhatsApp, u. a. weil dieser auf seiner deutschen Internetseite nur Allgemeine Geschäftsbedingungen in Englisch vorhielt. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER, erläutert, ob sich daraus auch die Konsequenz ergibt, dass Händler ab sofort bestimmte Sprachfassungen ihrer AGB vorhalten müssen.

US-amerikanische Unternehmen scheren sich häufig kaum um lokale rechtliche Vorgaben. Die WhatsApp Inc. bekam es jetzt deshalb mit deutschen Verbraucherschützern zu tun, die vor dem LG Berlin zunächst teilweise Recht bekamen und jetzt in II. Instanz vor dem Kammergericht (KG) Berlin einen nahezu kompletten Erfolg verzeichnen konnten. Dem in Kalifornien ansässigen Unternehmen, das seit 2014 zu Facebook gehört, wurde auf Betreiben des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) u. a. untersagt, in Deutschland Produkte und Dienstleistungen unter http://www.whatsapp.com anzubieten und hierbei AGB zu verwenden, die nicht in deutscher Sprache verfügbar sind (KG Berlin, Urt. vom 08.04.2016, Az. 5 U 156/14 – nicht rechtskräftig).

Die Klage konnte der vzbv in Deutschland erheben, da der „Tatort“ der verletzenden Handlung auch im Inland belegen war. Denn die Werbung richtete sich an inländische Verkehrskreise.

Keine AGB in Englisch

Die Webseite von Whatsapp zeigte sich einem Besucher nahezu komplett auf Deutsch. Anhand deutscher Telefonnummernbeispiele wurden die Seitenbesucher darüber instruiert, wie sie die App nutzen konnten. Ausgerechnet dann, wenn man sich über den in deutscher Sprache ausgewiesenen Link „Datenschutz und AGB“ näher über die Rahmenbedingungen des Services informieren wollte, fanden sich die umfangreichen Regelungen nur in englischer Sprache.

In diesem Umstand sah nach der zunächst ablehnenden Entscheidung des Landgerichts jetzt der 5. Zivilsenat des Kammergerichts eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher wider Treu und Glauben. Dieser Auffangtatbestand findet sich in § 307 Abs. 1 BGB. Nach der Rechtsprechung kann sich eine Benachteiligung schon aus dem Umstand ergeben, dass AGB Klauseln nicht klar und verständlich sind. Die Richter des KG Berlin attestierten deutschen Verbrauchern zwar verbreitete Kenntnisse im Alltagsenglisch. Für „juristisches, vertragssprachliches und überhaupt kommerzielles Englisch“ gelte dies aber nicht. Daher waren in den Augen der Richter die WhatsApp-AGB von vornherein intransparent und damit benachteiligend.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Auch wenn die Revision nicht zugelassen wurde, hat das Unternehmen noch eine Chance, den Bundesgerichtshof im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde mit dem Fall zu beschäftigen.

Müssen jetzt AGB immer übersetzt werden?

Die Bedeutung der Entscheidung für die Händler-Praxis im B2C ist interessant. Wer heute eine international ausgerichtete Seite betreibt, der wählt oft Englisch als Sprache. Bietet er den Versand oder die Leistungen auch nach Deutschland an, so könnte man meinen, dass dann die AGB übersetzt werden müssen. Ich meine allerdings, dass eine solche Pflicht dem Urteil nicht entnommen werden kann. Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass das Unternehmen sich mit seinem ansonsten deutschsprachigen Angebot gezielt auch an deutsche Verbraucher wendet und ausgerechnet die AGB nur englisch präsentiert. Dagegen wendet sich eine Webseite, die insgesamt in englischer Sprache gehalten ist vornehmlich an englischsprachige Kunden. Art. 246c EGBGB stellt zudem Informationspflichten auf, die bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr zu beachten sind. Dazu gehört nach Nr. 4 die Information „über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen“. Das Gesetz setzt also voraus, dass nicht alle Sprachen für den Vertragsschluss und damit auch für in AGB enthaltene Vertragsbestimmungen zur Verfügung stehen müssen. Möglicherweise ist das auch ein Einfallstor für eine Aufnahme des Verfahrens durch den BGH, denn WhatsApp ermöglicht, auf der Seite zunächst nur den Download der Apps für die Mobilfunkgeräte. Das passiert nur in Englisch. Zwar gibt es auch Möglichkeiten, über den Desktop den Service zu nutzen, aber erst wenn man die Mobilfunk-App in Betrieb hat.

Fazit

Die Frage nach der Sprachfassung der AGB kann noch nicht als umfänglich zu Lasten von WhatsApp als gelöst angesehen werden. Webseitenbetreiber müssen umgekehrt eher nicht fürchten, AGB in alle EU-Landesfassungen vorhalten zu müssen.


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