15.05.2019 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Arbeitsgericht München.
Nach § 106 Gewerbeordnung kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
Im entschiedenen Rechtsstreit wollte die Grundstücksgesellschaft der Unternehmensgruppe eines bundesweit auftretenden Lebensmitteldiscounters einen bei ihr angestellten Manager an einen anderen Arbeitsort versetzen. Der Arbeitsvertrag regelte, dass der Arbeitnehmer Immobiliendienstleistungen bei einer bestimmten Regionalgesellschaft in K. – einer weiteren Tochter aus der Unternehmensgruppe – zu erbringen hat und er dem dortigen Geschäftsführer unterstellt ist. Eine ausdrückliche Regelung über den Arbeitsort oder eine Versetzungsklausel enthielt der Arbeitsvertrag nicht. Da sich nach einiger Zeit Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit ergaben, signalisierte der Geschäftsführer der Regionalgesellschaft K. der entsendenden Grundstücksgesellschaft, dass er jede weitere Kooperation mit dem Manager ablehne. Nach dem Scheitern von Gesprächen über eine einvernehmliche Vertragsbeendigung und der Weigerung anderer Regionalgesellschaften, den Kläger aufzunehmen, sprach die Grundstücksgesellschaft eine Versetzung des Klägers zu einer Regionalgesellschaft in W. aus, deren Sitz und Filialen sich ca. 500 Kilometer vom bisherigen Arbeitsort entfernt befinden. Diese Regionalgesellschaft war nach Behauptung der Arbeitgeber-Grundstücksgesellschaft noch die einzige verbliebene von insgesamt 30 Regionalgesellschaften, die eine zumindest probeweise Zusammenarbeit mit dem Manager nicht ablehnten. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht München wehrte sich der Kläger gegen die Versetzung.
Das Arbeitsgericht München ist der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt, dass eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort dann unwirksam ist, wenn sie gegen die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag verstößt. Dies ist dann der Fall, wenn dem Arbeitsvertrag einerseits eine Regelung über einen bestimmten Arbeitsort entnommen werden kann, ohne dass der Vertrag andererseits eine Versetzungsklausel enthält. (Eine Vertragsklausel, die dem Arbeitgeber erlaubt, den Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen dennoch zu versetzen.) Auf die Frage, ob die Versetzung betrieblich notwendig war und daher ggf. auch unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers billigem Ermessen entspricht, kommt es dann gar nicht mehr an.
Im entschiedenen Fall befand das Arbeitsgericht, dass auch ohne ausdrückliche Regelung die Auslegung des Arbeitsvertrags eine Vereinbarung über den Arbeitsort – nämlich den örtlichen Geschäftsbereich der Regionalgesellschaft in K. – ergab. Dies sei die zwangsläufige Folge aus der im Vertrag vorgesehenen Unterstellung und Berichtspflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem dortigen Geschäftsführer. Zumindest sei dieses Auslegungsergebnis nicht weniger vertretbar als eine Auslegung, die den arbeitsvertraglichen Bestimmungen keine Regelung des Arbeitsorts entnehmen kann. Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) gingen nach der gesetzlichen Regelung in § 305 c Abs.2 BGB zu Lasten des Verwenders der AGB, hier also des Arbeitgebers.
Urteil des Arbeitsgerichtes München vom 19.2.19 (AZ 17 Ca 8088/18). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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