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bAV in Gefahr – Mythos oder Realität?

10.10.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Towers Watson GmbH.

Umfrage unter HR-Verantwortlichen ++ Altersversorgungsangebote bei Mitarbeitern gefragt ++ Kalkulierbarkeit und gutes Risikomanagement im Fokus

Das aktuelle Niedrigzinsumfeld sowie neue regulatorische Vorgaben stellen die betriebliche Altersversorgung (bAV) in Deutschland vor ernst zu nehmende Herausforderungen, bringen sie jedoch nicht in Gefahr. Gleichzeitig steigt die Nachfrage von Mitarbeitern nach betrieblichen Versorgungsplänen – ein Faktor, den Unternehmen im Wettbewerb um Talente nutzen können. So lautet das Fazit der bAV-Konferenz, die Towers Watson am 27. September für rund 200 Teilnehmer in Frankfurt ausgerichtet hatte. Referenten namhafter Unternehmen wie Continental, Daimler, Siemens, Deutsche Bank, Allianz, Deutsche Post, Bayer oder Novartis erläuterten anhand ihrer Unternehmenspraxis Herausforderungen und Gestaltungsoptionen für die bAV.

Sowohl in Referaten als auch in Pausengesprächen wurde das Thema "bAV in Gefahr?" mit Blick auf das aktuelle wirtschaftliche Umfeld sowie die Schlagzeilen der letzten Monate umfassend diskutiert. So halten rund die Hälfte der in einer Umfrage befragten Konferenzteilnehmer das aktuelle Niedrigzinsumfeld für ein reales Problem, während 36 Prozent die Aussage "Pensionslasten erdrücken Konzerne" als "Mythos" einstuften.

"Das Niedrigzinsumfeld sorgt dafür, dass Pensionsverpflichtungen mit einem derzeit schnell steigenden Wert in den Bilanzen zu erfassen sind, während die Pensionsvermögen nur langsam wachsen", erläutert Dr. Thomas Jasper, Leiter der bAV-Beratung von Towers Watson Deutschland die Sachlage. Jasper betont jedoch, dass gerade bei so langfristig laufenden Verpflichtungen wie Betriebsrenten den Unternehmen ein sehr langfristiger Anlagehorizont zur Verfügung steht, um die gewünschte Zielrendite auf die Pensionsvermögen zu erwirtschaften: "Viele Betriebsrenten sind erst in Jahren oder Jahrzehnten auszuzahlen, so dass das momentane Zinsniveau allein kein Grund zur Sorge ist. Zudem stellen gerade neuere Pensionszusagen eher auf eine kapitalmarktnahe Verzinsung als auf Festzinsmodelle ab. Sie sind damit gegen Niedrigzinsphasen von vornherein 'immunisiert'."

Regulierungsbestrebungen sorgsam beobachten

Sehr aufmerksam verfolgen bAV-Verantwortliche auch die bAV-Regulierungsbestrebungen der Europäischen Union. "In den Geltungsbereich der EU-Richtlinie (IORP-Richtlinie) zu Einrichtungen der bAV fallen nicht alle im Betriebsrentengesetz definierten Durchführungswege, sondern nur Pensionskassen und Pensionsfonds, wo rund 30 Prozent der Deckungsmittel der bAV angelegt sind. Der weitaus größere Teil der Altersversorgungszusagen in Deutschland wird davon also gar nicht erfasst", so Jasper.

Dementsprechend halten auch nur 31 Prozent der während der Konferenz Befragten die mögliche Verschärfung dieser Richtlinie für eine Gefahr für die bAV. bAV-Experte Jasper warnt jedoch davor, das Thema zu unterschätzen "Es gilt gleichwohl, die Weiterentwicklung der Regulierung genau zu beobachten, um unerwünschte Folgen frühzeitig abzuwenden. So könnten etwa höhere Eigenmittelanforderungen und höhere Kosten durch zusätzlichen Verwaltungsaufwand die Weiterführung von Pensionszusagen über Pensionsfonds und Pensionskassen in Frage stellen."

Grafik: Betriebliche Altersversorgung in Gefahr Quelle: Befragung von 150 bAV-Verantwortlichen im Rahmen der bAV-Konferenz von Towers Watson am 27.9.2012; Angaben in Prozent.

Ohne bAV keine Talente

Dass Mitarbeiter heute von ihrem Arbeitgeber eine gute Altersversorgung erwarten, darin waren sich die Teilnehmer – vor allem Personalmanager aus internationalen Konzernen und großen mittelständischen Unternehmen – einig: 67 Prozent stimmten der Aussage zu, dass sich talentierte Mitarbeiter nur gewinnen lassen, wenn nicht zuletzt das bAV-Angebot stimmt. Bestätigt wird dies von den Arbeitnehmern selbst: Drei Viertel der Angestellten wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber sich aktiv für ihre bAV engagiert und ihnen zumindest einen effizienten Rahmen für eine gute Eigenvorsorge bietet, wie die Towers-Watson-Studie "Altersversorgung und bAV aus der Arbeitnehmerperspektive" belegt. "Unternehmen, welche diesem Wunsch entgegenkommen, haben damit die Chance, sich im Wettbewerb um talentierte Mitarbeiter als Arbeitgeber hervorzuheben", betont Jasper.

Transparenz und Kalkulierbarkeit der bAV

Auf der Konferenz erläuterten Referenten aus namhaften Unternehmen und Institutionen sowie Experten von Towers Watson aktuelle Herausforderungen und Gestaltungsoptionen für die betriebliche Altersversorgung. So bestätigt auch Burkhard Klare, Leiter Compensation & Benefits von der Continental AG, Hannover, dass auch bei dem Automobilzulieferer die bAV einen wichtigen Baustein zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern bildet. Dementsprechend hatte das Unternehmen bereits vor der Jahrtausendwende eine Vielzahl unterschiedlicher Pensionszusagen aus verschiedenen Unternehmenseinheiten in einen einheitlichen, gut verständlichen und werthaltigen Pensionsplan überführt. Dieser hat seitdem zahlreiche weitere Mitarbeiter aus neu zugekauften Unternehmen aufgenommen, zuletzt 2011 die Mitarbeiter aus den VDO-Gesellschaften.

"Für Continental ist es wichtig, dass die bAV sowohl für die Mitarbeiter als auch für das Unternehmen jederzeit transparent und kalkulierbar ist", betont Klare. Daher setzt das seit kurzem wieder im DAX gelistete Unternehmen in der bAV auf Komplexitätsreduktion durch eine klare Plangestaltung. Der einheitliche Pensionsplan für den gesamten Konzern sorgt nicht nur für ein konzernweit einheitliches Altersversorgungsniveau, er hilft auch, den Administrationsaufwand und damit die Kosten für die bAV zu reduzieren. Zugleich fördert Continental die Eigenvorsorge seiner Mitarbeiter im Rahmen der bAV durch Unternehmenszuschüsse.

Neue Rahmenbedingungen erfordern weitere Professionalisierung

Ein Praxisbeispiel zur effizienten Strukturierung von bAV-Prozessen stellte Dr. Matthias Schmidt, Leiter Finanz- und Rechnungswesen von Novartis Pharma, Nürnberg, vor. "Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen, insbesondere zum Risikomanagement, sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Für Novartis Pharma war klar: Die veränderten Rahmenbedingen machen eine Professionalisierung und Auslagerung der bAV-Verwaltung erforderlich", so Schmidt. Daher wurde ein neues, innovatives Verwaltungsmodell entwickelt und zahlreiche weitere Verwaltungstätigkeiten an einen externen Dienstleister, Towers Watson, ausgelagert.

"Diese Lösung ist ein ‚Quantensprung‘; sie entlastet Novartis Pharma weitgehend von der Administrationstätigkeit", erklärt der Finanzexperte. Sein Resümee: "Auslagerung funktioniert!" Unternehmen, die ähnliche Projekte angehen wollen, empfiehlt Schmidt, früh mit dem Projekt zu beginnen, ausreichend Zeit für die Analyse der aktuellen Situation, der auszulagernden Prozesse und der anstehenden Veränderungsmöglichkeiten vorzusehen und in die Planung auch mögliche Ressourcenengpässe, etwa durch Ausscheiden von Wissensträgern oder Jahresabschlussarbeiten, einzubeziehen. "Die sorgsame Vorbereitung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Auslagerung", betont Schmidt.

Arbeit der Zukunft

Zum Abschluss der Konferenz erläuterte Jeanette Huber, Mitglied der Geschäftsleitung des Zukunftsinstituts, Kelkheim, welche Trends die Arbeitswelt in Zukunft prägen werden. "Aufgrund des demografischen Wandels werden die künftigen Belegschaften älter, weiblicher und vielfältiger mit Blick auf Herkunft, Familiensituation und kulturelle Werte. Diese Vielfalt ist nicht nur unausweichlich, sondern ein Wettbewerbsvorteil. Denn eine bunte Belegschaft kann eine Fülle unterschiedlicher Denkansätze hervorbringen, es entsteht ein evolutionärer Wettbewerb innovativer Ideen, von denen die besten überleben werden. Und dies ist für Unternehmen heute überlebensnotwendig. Denn im Zeitalter gesättigter Märkte ist Arbeit Erzeugung des Unterschieds, Unternehmen sind heute stärker denn je zuvor gezwungen, sich von ihren Wettbewerbern abzuheben."

Wesentlich werde das künftige Arbeitsleben auch von einer stärkeren Wertschätzung der Work-Life-Balance und einer größeren Familienorientierung geprägt: "Während bislang das Leben häufig um die Arbeit herum organisiert wurde, wird sich Arbeit künftig stärker an die Lebensumstände der Menschen anpassen müssen", so die Zukunftsforscherin.

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