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Cave Canem – Vorsicht vor dem Hunde!

18.08.2014  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V..

Darf der Arbeitgeber einer Mitarbeiterin das Mitbringen eines aggressiven und (im wahrsten Sinne) angsteinflößenden Hundes an den Arbeitsplatz (wieder) verbieten?

I. Einleitung

„Der eigene Hund macht keinen Lärm, er bellt nur.“ Einer derart einseitigen Wahrnehmung, wie sie in diesem Bonmot von Kurt Tucholsky mitschwingt, ist offenbar die Klägerin im hier besprochenen Fall erlegen. Denn mit dem Verbot ihres Arbeitgeber, ihren aggressiven und unverträglichen Hund weiter mit zur Arbeit zu bringen, wollte sie sich partout nicht abfinden und klagte über zwei Instanzen.

Das LAG Düsseldorf hat sich in seiner Entscheidung ausführlich mit möglichen Anspruchsgrundlagen für einen Anspruch auf das Mitbringen des „Bürohundes“ auseinandergesetzt, einen solchen Anspruch dagegen wegen der fehlerfreien Ausübung des insoweit einschlägigen Direktionsrechts des Arbeitgebers abgelehnt.

II. Sachverhalt

Die Klägerin war als Assistentin der Geschäftsführung einer Werbeagentur beschäftigt. Wie einigen anderen Mitarbeitern hatte die Arbeitgeberin auch der Klägerin seit ca. drei Jahren gestattet, ihren Hund namens Kaya während der Arbeitszeit mit ins Büro zu bringen. Im Gegensatz zu den übrigen Bürohunden zeigte sich „Kaya“, der Hund der Klägerin, außerordentlich feindselig gegenüber anderen Mitarbeitern. Sie legte ein sehr territorial-aggressives Verhalten an den Tag und „verteidigte“ das Büro der Klägerin so vehement durch lautes Knurren und Bellen, dass sich einige Mitarbeiter nicht mehr trauten, das Büro der Klägerin zu betreten. Da es sich hierbei immerhin um das Vorzimmer der Geschäftsleitung handelte, kam es zu spürbaren Beeinträchtigungen der Arbeitsabläufe. So zogen es manche Kollegen der Klägerin vor, Unterlagen dieser nicht persönlich zu überreichen, sondern diese unter der Tür durchzuschieben. Nach einem vermeintlichen Angriff durch „Kaya“ sahen sich zwei Mitarbeiterinnen sogar genötigt, sich in den Fahrstuhl zu flüchten.

Die Klägerin zeigte sowohl für die Reaktion ihrer Kollegen wie ihres Arbeitgebers wenig Verständnis und warf den übrigen Mitarbeitern vor, ihren Hund etwa durch lautes Schuhwerk oder durch bewusstes Rascheln mit Papier zu provozieren.

Das Verhalten des Hundes und Möglichkeiten einer Besserung wurden in einer Vielzahl von Gesprächen mit der Klägerin thematisiert. Nachdem auch die Einschaltung eines Hundetrainers nicht dazu geführt hatte, dass Kaya sich gegenüber den übrigen Mitarbeitern friedlich verhielt, untersagte der Arbeitgeber der Klägerin schriftlich, Kaya künftig mit ins Büro zu bringen. Die Klägerin versuchte nun – in zwei Instanzen vergeblich – ihren vermeintlichen Anspruch auf Mitnahme ihres Hundes gerichtlich durchzusetzen.

III. Entscheidung

Wie zuvor das Arbeitsgericht Düsseldorf hat auch das LAG Düsseldorf die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Das LAG hat dabei Umfang und Grenzen des Direktionsrechts gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) aufgezeichnet und klargestellt, dass dessen Gegenstand im Wesentlichen in der inhaltlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Arbeit ist. Daneben könne sich das Direktionsrecht aber auch auf die Ordnung und das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb erstrecken. Vom Direktionsrecht und der Organisationsbefugnis des Arbeitgebers sei damit auch die Entscheidung umfasst, ob Mitarbeiter ihre Hunde mit an den Arbeitsplatz bringen dürfen. Das Direktionsrecht war nach Auffassung des LAG Düsseldorf im vorliegenden Fall auch nicht durch arbeitsvertragliche Regelungen eingeschränkt:

Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber generell das Mitbringen von Hunden gestattet, stelle weder eine individuelle Zusage noch eine Gesamtzusage dar und schaffe damit keinen vertraglichen Anspruch. Auch eine betriebliche Übung scheide aus. Es habe bei der Erlaubnis, Hunde mitzubringen, ersichtlich an dem rechtlichen Bindungswillen des Arbeitgebers gefehlt, so dass vielmehr eine bloße Weisung (zugunsten der Mitarbeiter) vorgelegen habe. Jedenfalls hätte eine verbindliche Erlaubnis erkennbar unter dem Vorbehalt gestanden, dass der Hund die Arbeitsabläufe nicht stören und nicht als Bedrohung empfunden werden würde. Da diese Voraussetzung nicht erfüllt war, war auch der Widerruf der Erlaubnis berechtigt.

Beim Ausspruch des „Hausverbots“ für Kaya verstieß der Arbeitgeber nach Auffassung des LAG auch nicht gegen das Gebot billigen Ermessens. Denn bei der Ausübung billigen Ermessens durch den Arbeitgeber komme es nicht auf die objektive Gefährlichkeit des Hundes, sondern darauf an, ob sich Mitarbeiter subjektiv von dem Hund bedroht gefühlt hätten. Das unverträgliche Verhalten des Hundes stelle einen berechtigten Anlass dar, die erteilte Genehmigung zu widerrufen. Zugleich sei auch ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit anderen Mitarbeitern, die ihre (friedlichen) Hunde weiterhin ins Büro bringen dürften, ausgeschlossen, da das Verhalten von „Kaya“ ein ausreichender Sachgrund für eine abweichende Behandlung darstelle.

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers sei ferner in erster Linie so auszuüben, dass die Erbringung der Arbeitsleistung gewährleistet ist. Führe nun das Verhalten eines Hundes am Arbeitsplatz dazu, dass andere Mitarbeiter ihre Aufgaben teilweise nur noch unter Angst oder unter sonstigen Beeinträchtigungen (z.B. Vermeidung bestimmter Büroräume) erbringen (können), stelle das „Hausverbot“ für den fraglichen Hund eine fehlerfreie Ermessensentscheidung – insbesondere unter Berücksichtigung der schützenswerten Interessen der übrigen Mitarbeiter – des Arbeitgebers dar. Der Arbeitgeber müsse sich auch nicht darauf verweisen lassen, als milderes Mittel die Aufstellung eines Zwingers zu ermöglichen. Denn als Inhaber des Hausrechts sei er in der Entscheidung über die Ausgestaltung der Räumlichkeiten frei.

IV. Praxiskommentar

Im Sprichwort heißt es zwar „Ein kluger Hund bellt nie ohne Grund.“ Gleichwohl ist es im Fall eines bellenden und aggressiven Bürohundes nicht Aufgabe des Arbeitgebers, einem solchen Grund – unter spürbarer Einschränkung der Betriebsabläufe – durch einen „leidensgerechten“ Platz in den Büroräumen zu begegnen. Sehr wohl fällt es dagegen in die Verantwortung des Arbeitgebers, seinen Mitarbeitern einen sicheren und angstfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und alle Umstände, die einem reibungslosen Arbeitsablauf entgegenstehen, nach Möglichkeit zu beseitigen.

Im vorliegenden Fall geschah dies dadurch, dass der Arbeitgeber in Ausübung seines Direktionsrechts ein „Hausverbots“ für „Kaya“ aussprach. Ein Anspruch des Mitarbeiters, den eigenen Hund mit an den Arbeitsplatz bringen zu dürfen, besteht nämlich in aller Regel nicht. Das Direktionsrecht rechtfertigt dann die Untersagung. Soweit ein solcher Anspruch allerdings doch einmal in Betracht kommen sollte, steht die Teilnahme des Hundes am Büroleben sachlogisch unter dem Vorbehalt eines ruhigen und nicht aggressiven Verhaltens des Hundes. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, besteht zugleich ein hinreichender Sachgrund für eine abweichende Behandlung im Vergleich zu den anderen Hunden (bzw. ihren Haltern), so dass auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht „greift“.

Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2014 (Az. 9 Sa 1207/13).


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