11.08.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie.
"Die Unternehmen des deutschen Bauhauptgewerbes haben im zweiten Quartal bundesweit 11.300 neue Lehrverträge abgeschlossen, davon 10.100 im gewerblichen Bereich. Damit konnte sich die Zahl der neuen Ausbildungsverträge zwar stabilisieren, die Hoffnungen auf eine Wende am Ausbildungsmarkt haben sich aber trotz prosperierender Baukonjunktur, guter Arbeitsbedingungen und hoher Einstiegsgehälter noch nicht erfüllt."
Mit diesen Worten kommentierte heute in Berlin Dipl.-oec. Andreas Schmieg, Vizepräsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, die jüngsten Ausbildungszahlen der Sozialkassen der Bauwirtschaft SOKA-BAU (Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft und Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes). Weitere Verträge kämen zwar erfahrungsgemäß bis Ende des Jahres hinzu, dies reiche aber bei Weitem nicht aus, um den steigenden Bedarf zu decken. Schmieg appelliert deshalb an alle Schulabgänger: "An alle, die Spaß daran haben, mit ihren eigenen Händen Werte zu schaffen: Nutzen Sie die Chance, die die deutsche Bauwirtschaft Ihnen bieten kann."
"Immer mehr Unternehmen sehen im Fachkräftemangel inzwischen ein großes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Unternehmen", erläuterte Schmieg. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hätten sich im Frühsommer über 60 % der befragten Bauunternehmen besorgt gezeigt (Anfang 2010: 20 %). Insbesondere Tiefbauunternehmen scheine es zunehmend schwerer zu fallen, ausreichend Nachwuchs zu gewinnen: Die Zahl der neuen Lehrverträge für die Berufsgruppe Tiefbau - etwa 20 % der Neuzugänge - sei um 1,6 % gesunken.
Gleichzeitig sei - paradoxerweise - die Zahl der Ausbildungsbetriebe Ende Juni auf ein Bestandstief von 14.400 Betriebe zurückgegangen, ergänzte Schmieg. Schmieg führt dies nicht auf ein gesunkenes Interesse der Unternehmen an der Ausbildung zurück, sondern auf zunehmende Schwierigkeiten, Lehrstellen überhaupt besetzen zu können. Schon im vergangenen Jahr habe nach einer Umfrage des DIHK zur Ausbildungssituation jedes dritte befragte Bauunternehmen nicht alle Ausbildungsplätze vergeben können. Schmieg appelliert dennoch an die Unternehmen: "Lassen Sie trotzdem in Ihren Ausbildungsanstrengungen nicht nach. Die fehlenden Azubis von heute sind die fehlenden Fachkräfte von morgen."
"Allein den Personalbestand zu halten, stellt die Branche vor eine große Herausforderung", erklärte Schmieg weiter. "Seit Jahren übersteigen die altersbedingten Abgänge die Zugänge an Nachwuchskräften deutlich. Zum Jahresende 2015 standen 16.000 Abgänge von gewerblichen Arbeitskräften in die Rente nur 10.600 gewerbliche Nachwuchskräfte im ersten Lehrjahr gegenüber. Erste Auswirkungen des demographischen Wandels zeigen sich schon jetzt in der Personalstruktur der Unternehmen: Mehr als ein Drittel der gewerblichen Arbeitnehmer ist bereits älter als 50 Jahre." Schmieg warnte: "Mit zunehmendem Durchschnittsalter der Belegschaften wächst die Gefahr, dass das langfristig aufgebaute Wissen der Mitarbeiter quasi auf einen Schlag verlorengeht."
"Um im Wettbewerb der Branchen um den Nachwuchs in Deutschland zu bestehen, müssen Unternehmen und Verbände auch unkonventionelle Wege gehen", glaubt Schmieg. In Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg führen inzwischen multimedial ausgebaute Linienbusse von Schule zu Schule und präsentierten interessierten Klassen auf anschauliche Weise die zahlreichen Berufe am Bau. Die Schüler könnten eine virtuelle und zugleich "bewegende" Fahrt über eine Baustelle erleben oder einen fiktiven Bungee-Sprung von einem 70 Meter hohen Baukran in der BauBox wagen.
In Bayern hätten Gymnasiasten und Schüler die Möglichkeit, in einer Campwoche herauszufinden, welches Aufgabenprofil hinter dem Berufsbild des Bauingenieurs steckt. Die Teilnehmer könnten die vielfältigen Aufgaben von der Planung bis zur Durchführung eines Objekts simulieren und hautnah erproben. Schmieg fordert die Branche im Wettbewerb um Nachwuchskräfte zu mehr Selbstbewusstsein auf: "Wir müssen uns als Branche nicht verstecken. Wir bieten engagierten jungen Menschen eine attraktive Ausbildung. Die monatliche Ausbildungsvergütung im 1. Lehrjahr für Gewerbliche ist mit 755 Euro im Westen und 675 Euro im Osten über¬durchschnittlich. Mehr noch: Wir bieten den jungen Leuten die Möglichkeit, mit den eigenen Händen sichtbare Werte zu schaffen. Diese Befriedigung hat man nur in wenigen Berufen."
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