03.08.2018 — Lars Kaupisch. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Zwar verstößt die Rechtschreibreform nicht gegen die Menschenwürde, auch nicht gegen Prinzipien der Demokratie oder diskriminiert einzelne gesellschaftliche Gruppen, was alles ein Einreichen als "Unwort des Jahres" rechtfertigen würde. Doch könnten Kritiker einwenden, dass es euphemistisch bzw. irreführend sei, von einer Rechtschreibreform zu sprechen – da diese eigentlich nur zum Schlechteren reformiert habe.
Ziel war es selbstverständlich, die deutsche Schriftsprache zu vereinheitlichen, leichter und logischer zu machen. Leichter bedeutete beispielsweise, dass die Zahl der Rechtschreibregeln 1998 von 212 auf 112 reduziert wurden – heute sind es nach weiteren Reformen 113. Auch die Zeichensetzungsregeln wurden deutlich reduziert, von 52 auf 9. Besonders prominente Änderungen betrafen das Eszett und die Kommasetzung bei Infinitivgruppen.
Ob die Reform ein Erfolg war oder nicht, daran scheiden sich nach wie vor die Geister. Sprachwissenschaftler kommen salomonisch zu dem Schluss, dass sie zwar nicht viel bewirkt, aber auch keinen großen Schaden angerichtet habe. Faszinierenderweise wird die "neue deutsche Rechtschreibung", die ja nun gar nicht mehr so neu ist, auch 20 Jahre später zum Teil noch von jenen boykottiert, die noch eine die alte Rechtschreibung kannten, die nicht mit der neuen aufgewachsen sind. Dabei konnten wir uns an sie länger gewöhnen als an den Euro.
Unstrittig sinnvoll ist es, eine einheitliche Rechtschreibung zu verfolgen. Je einheitlicher, desto leichter fällt die Verständigung – eine übrigens nicht neue Erkenntnis, schon im 8. Jahrhundert verfolgte Karl der Große eine Vereinheitlichung des Schriftbildes, indem er für die Verbreitung der karolingischen Minuskel sorgte. Ebenso unstrittig ist allerdings, dass niemals alle Nutzer der deutschen Schriftsprache die Rechtschreibung perfekt beherrschen werden, egal nach welcher Rechtschreibreform. Es wird weiterhin zu Fragen kommen – und wir werden weiterhin Rechtschreibtipps für Sie verfassen.
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