25.02.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Stiftung Warentest.
Neu: Wegen des Streits um Neukundenboni können Betroffene ihre Rechte jetzt kostenlos anmelden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat Musterfeststellungsklage erhoben.
Zahlreiche Kunden hatten ihren Vertrag bei der BEV innerhalb des letzten Jahres vor der Insolvenz abgeschlossen. Laut AGB der BEV ist der Neukundenbonus aber erst nach einem Jahr fällig. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) meint: Die Regelung gilt aber für Kunden, die die BEV von sich aus innerhalb des ersten Jahres verlassen haben. Alle anderen Kunden müssten den Neukundenbonus trotz der Insolvenz erhalten. Sie können ja nichts für die Pleite. Die Verbraucherschützer haben deshalb eine Musterfeststellungsklage gestartet. Betroffene können sich anmelden. Das ist schnell, einfach und kostenlos. Wenn die Klage Erfolg hat, muss der BEV-Insolvenzverwalter den Neukundenbonus zugunsten aller Klage-Teilnehmer berücksichtigen.
Ergibt sich aus der Schlussrechnung eine Nachforderung der BEV, müssen Kunden sie bezahlen, wenn sie es noch nicht getan haben. Guthaben zahlt die BEV nicht mehr aus. Sie gehören zur Insolvenzmasse. Die Frist für die Anmeldung von Forderungen ist im Januar abgelaufen. Es ist möglich, nachträglich Forderungen gelten zu machen. Dann wird allerdings eine Gerichtsgebühr in Höhe von 20 Euro fällig.
Der Insolvenzverwalter hat angekündigt, dass das Geld zwar reicht, um die Kosten des Verfahrens zu bezahlen, nicht aber alle Schulden („Masseunzulänglichkeit“). Kunden müssen daher damit rechnen, nur einen Teil ihres Geldes zurückzubekommen und das auch erst nach Ende des Insolvenzverfahrens. Und das kann noch Jahre dauern.
Schon lange vor der Insolvenz verhielt sich die BEV nicht wie eine gesundes Unternehmen: Leser berichteten uns von Neukundenboni, die nur auf Nachfrage ausgezahlt wurden, von verspäteten Abrechnungen und drastischen Preiserhöhungen. Zum Schluss versuchte BEV sogar, die Preise innerhalb einer vereinbarten Preisgarantiezeit zu erhöhen.
Ein Blick in die letzte veröffentlichte Bilanz der BEV für das Geschäftsjahr 2016 zeigt, warum das Unternehmen in Schieflage geriet. Die BEV hat mehr als 10 Millionen Euro für Verkaufsprovisionen ausgegeben. Viel davon dürfte an Vergleichsportale geflossen sein. Interessant ist auch, dass die BEV offensichtlich nicht einkalkuliert hat, dass jedem Kunden, dem sie einen Bonus versprochen hat, dieser auch automatisch zusteht. Stattdessen spricht das Unternehmen in der Bilanz nur von einer „prognostizierten Einlösequote“, die es einkalkuliert hat. Hinzu kommt: BEV hat seine Energie ausschließlich am „Spotmarkt“ eingekauft. Das ist hochriskant. Hier werden Stromkontingente nicht für Monate oder Jahre zu festgelegten Preisen im Voraus gekauft, sondern nur für den gleichen oder den nächsten Tag. Die BEV hat aber Tarife mit einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten und mit einer Preisgarantie für diese Zeit angeboten, ohne selbst die Einkaufspreise zu kennen.
Bisher sind nur private Versorger pleitegegangen: Teldafax, Flexstrom, Care Energy, jetzt BEV. Stadtwerke und andere kommunale Unternehmen haben ein geringes Insolvenzrisiko. Sie kalkulieren ihre Preise meist auch nicht so knapp wie Stromdiscounter. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, wählt einen kommunalen Anbieter.
Entweder man sucht sich einen günstigen Tarif bei seinem Stadtwerk vor Ort – die meisten Stadtwerke bieten inzwischen günstige Onlinetarife an – oder man schließt einen Vertrag bei einem anderen kommunalen Unternehmen ab. Viele haben eigene Marken gegründet, unter denen sie überregional zu marktfähigen Preisen Energie verkaufen. Hierzu gehört zum Beispiel die Marke Emma Energie der Technischen Werke Ludwigshafen (TWL).
Einige kommunale Betriebe verkaufen ihre Tarife nicht über Vergleichsportale, zum Beispiel die Berliner Stadtwerke und die Stadtwerke Güstrow. Die Portale zeigen deren Tarife und Preise zwar an, wenn man die Voreinstellungen ändert, um abzuschließen, müssen Interessenten aber selbst auf die Webseite des Anbieters gehen.
Sicher und oft auch günstig sind die Angebote dieser Stadtwerke, die überregional Energie verkaufen:
Diese Angebote haben wir durch zwei Abfragen bei Vergleichsportalen für die Postleitzahlen 10435, 50939 und 80807 ermittelt. Wir haben die Voreinstellungen teilweise verändert. Gelistet sind kommunale Anbieter der ersten fünf Plätze, die mindestens zweimal vorkamen. Alle Firmen sind mindestens zu 90 Prozent in kommunaler Hand.